Essen. Satiriker Jan Böhmermann feiert sein Tour-Finale in der ausverkauften Grugahalle. Es geht gegen Nazis, fahrradfeindliche Städte und Elon Musk
Vom Studio-Schreibtisch auf die große Bühne: Jan Böhmermann ist mit dem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld auf großer „Eisern Ehrenfeld-Tour“ durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Zum Tour-Finale in der ausverkauften Grugahalle mobilisierte der 43-jährige Podcaster, Sänger und Late-Night-Satiriker des ZDF Magazins Royale nochmals alle Reserven und präsentierte seine Musikrevue, die bewusst unterschiedliche Geschmäcker bedienen sollte.
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Als Gastgeber beim ZDF Magazin Royale liebt er es, den harten Tortenboden aus journalistisch bestens recherchierten Fakten mit satirisch-subversiven Sahnehäubchen zu garnieren. Dazwischen liegt eine appetitliche Füllung, die das Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld aus unterschiedlichen Musikstilen wie Pop, Soul, Folklore und sogar Elektro auf akustischen Instrumenten, stets mit der gleichen spielfreudigen Rezeptur, angerührt hat.
Jan Böhmermann poliert seine Eitelkeit als Enfant terrible
„Böhmi“, wie er gern verniedlichend genannt wird, ist an allem schuld, und das gern, weil es seine Eitelkeit als Enfant terrible poliert. Sichtlich genießt er die Zampano-Rolle, will neben der Anerkennung für seine pointierten Statements auch als Sänger anerkannt werden.
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Das gelingt ihm in der Tat mit seinem aktuellen Hit „Faschismus is back“ vom Start weg. Dabei nimmt Böhmermann die Milliarden schweren Helfershelfer und Strippenzieher hinter dem Trump-Comeback wie Tesla-Chef Elon Musk oder US-Finanzinvestor Peter Thiel ins Visier. Wortspielerisch kommentiert er dessen Wirken in „It`s the Right Time to Thiel“. Die Ballade klingt mit ihrem fast schnulzigen Pathos allerdings so wie für den nächsten James-Bond-Film komponiert.
Ballade klingt wie für den nächsten Bond-Film komponiert
Als Kontrast geht es ins Ghetto. Böhmermann zieht sich die Hoodie-Kapuze tief ins Gesicht und gibt den Rapper. Zugegebenermaßen beherrscht er nicht nur bei „Herz und Faust und Zwinkerzwinker“ den Rap Flow ganz hervorragend. Bei dem Comedy-Intermezzo haben sich zwei Linksextreme und zwei Rechtsradikale, gespielt von den Jade-Buben, so lieb, als hätten sie zu viel Guildo Horn gehört.
Mit „Warum hört der Fahrradweg hier auf“ trifft seine Kritik an der Verkehrsinfrastruktur von Städten, die den umweltbelastenden Autoverkehr noch immer bevorzugen, humorvoll ins Schwarze. Seine Empfehlung, zur Kompensation politischen Frusts mit Eiern zu werfen, im Zweifel auch mal auf Teslas, gehört dann wider eher in die Klamauk-Schublade.
Show vereint Musik und Satire unterschiedlichen Niveaus
Böhmermann hat sich der Herausforderung gestellt, Musik und Satire, letzteres in unterschiedlichen Niveaus, in einem Showprogramm zusammenzufassen. Mitunter darf es etwas platt sein. Aber es wird auch schon mal fundiertes historisches Wissen vorausgesetzt, etwa wenn er an Fritz Bauer, legendärer Staatsanwalt gegen Alt-Nazi-Verbrecher, erinnert.
Irgendwann heißt es dann „Licht an“: Wenn ein Nazi auf eine Party kommt, sei es notwendig, dass dieser dann rausgeschmissen wird, sagt Böhmermann. Und erntet an dieser Stelle mit seiner schillernden Polit-Revue zu recht jubelnde Zustimmung.
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