Essen-Altenessen. Die Praxis wurde so gestaltet, dass sie nach und nach erweitert werden kann. Der große Bedarf soll gedeckt werden, möglichst ohne Wartezeiten.
Im Gesundheitspark Altenessen hat eine neue Praxis für Physiotherapie eröffnet. Es handelt sich dabei um den ersten Standort, den Betreiber Contilia, genauer gesagt dessen Tochtergesellschaft „Contilia Therapie und Reha“, mit einem neuen Konzept an den Start bringt. Bisher habe man es bei den Physiotherapie-Praxen überwiegend mit gewachsenen Strukturen zu tun, erklärt Geschäftsführer Michael Lehmann. Hier sei erstmals eine „Blaupause“ umgesetzt worden, die man eigens für neue Praxen entwickelt habe.
Die etwa 270 Quadratmeter große Fläche direkt neben dem Haupteingang zum ehemaligen Marienhospital und neuen Gesundheitspark ist deshalb in den vergangenen Monaten umgebaut und eingerichtet worden: Aktuell gibt es drei Behandlungsräume, je nach Bedarf sind zwei weitere Ausbaustufen geplant. So könnte die Praxis schließlich über neun Behandlungsräume und einen Geräteraum verfügen. „Wir starten mit einem kleinen Modell, das wir ergänzen, sobald es voll wird“, sagt Michael Lehmann.
Die neu gestalteten Räume tragen Namen wie „Hüttenwerk“, wo die Wärmetherapie mit Infrarot stattfindet, „Kohlenkammer“ oder „Stahlwerk“, die Mitarbeiter-Küche heißt „Kumpelraum“. An den Wänden hängen Bilder mit Bergbaumotiven. Der Bezug zur Bergbauvergangenheit sei ihnen wichtig gewesen, sagt Projektleiter Tobias Brünig. Einige der älteren Patienten hätten selbst unter Tage gearbeitet und im Stadtteil habe es schließlich auch mal eine Zeche gegeben.
Contilia erhält viele Bewerbungen von Fachkräften aus dem Ausland
Die Räumlichkeiten sind erweiterbar, die modulare Einrichtung kann den Anforderungen entsprechend nachgerüstet werden. Doch Contilia muss auch sicherstellen, dass die Ausbau- und Vergrößerungspläne nicht am fehlenden Personal scheitern. Dafür setzt der Konzern seit einigen Jahren zunehmend auf Physiotherapeuten und -therapeutinnen aus dem Ausland: „Vor drei Jahren waren wir in einer recht prekären Situation. Der Fachkräftemangel war und ist dramatisch“, so Lehmann. Bewerbungen aus dem Ausland habe man immer wieder mal erhalten, aber den bürokratischen Aufwand gescheut. „Irgendwann aber sagten wir uns: ‚Wir versuchen es‘“.
Das Prozedere sei kompliziert und zäh: Anders als in Deutschland ist Physiotherapie in vielen Ländern ein Studium. Die Befähigung der ausländischen Bewerber wird daher zunächst von der Bezirksregierung geprüft und eingestuft. „Die Therapeuten müssen dann Anpassungsmaßnahmen machen“, erklärt Lehmann. Deren Umfang werde von Fall zu Fall unterschiedlich festgelegt. Visa müssen beantragt, Sprachkurse organisiert und Wohnungen gefunden werden. Mittlerweile habe man eine Routine entwickelt – und nicht einen Cent für Vermittlungsagenturen ausgegeben. Mund-zu-Mund-Propaganda sorge dafür, dass kontinuierlich Bewerbungen eingehen würden. Heute würden bei Contilia Menschen aus 16 unterschiedlichen Ländern arbeiten.
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„Ich bin der festen Überzeugung: Es wird künftig nur noch mit Unterstützung ausländischer Fachkräfte funktionieren“, sagt der Geschäftsführer. Die neuen Therapeuten kommen derzeit überwiegend aus Ägypten, Tunesien, der Türkei, Bosnien und dem Iran. Ihre Mehrsprachigkeit sei im Umgang mit türkisch- oder arabischsprachigen Patienten von Vorteil, so Lehmann. „Ich gehe davon aus, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen dadurch Zugang zu Physiotherapie bekommen, die das vorher noch nie in Anspruch genommen haben.“
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Etwaige Sprachschwierigkeiten sollen durch die technische Ausstattung aufgefangen werden: So gibt es im Behandlungsraum einen Monitor, an dem sich Muskeln, Knochen, Sehnen im 3D-Modell anschauen lassen. „Therapeuten können den Patienten die einzelnen Strukturen und deren Funktionsweise so viel besser erklären“, sagt Tobias Brünig. Selbst, wenn das richtige deutsche Wort einmal fehlen sollte. „Wir sehen die digitale Therapie als Zukunftsfeld, das wir hier verstärkt nutzen“, so Geschäftsführer Lehmann.
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Ein weiteres Beispiel ist eine App, in der Übungen mit Erklärvideos hinterlegt sind, und die sowohl in der Praxis als auch von den Patienten am Handy genutzt werden kann. Therapeuten stellen die Übungen für ihre Patienten zusammen und passen sie im Laufe der Therapie an. Die Erfahrung zeige, sagt Lehmann, dass Patienten dank dieser digitalen Unterstützung bei der Nachsorge viel länger am Ball blieben als ohne.
Physiotherapeut aus Ägypten hatte in der Heimat eine eigene Praxis
Einer der neuen Therapeuten ist Assem Elmashtoly. Der 31-Jährige stammt aus Ägypten und ist seit vier Monaten in Deutschland – nach 18-monatigem Vorlauf. Eigentlich habe er zu Hause alles gehabt, sagt er: Eine eigene Praxis, eine gute Wohnung, ein Auto, seine Familie. Doch durch die politische Situation habe seine Familie in ständiger Unsicherheit gelebt. Als ihm ein Freund, bereits bei Contilia in Deutschland angestellt, von den Möglichkeiten berichtete, habe er es auch versuchen wollen. Seine Frau, die ebenfalls Physiotherapeutin ist, und die gemeinsame Tochter ließ er vorerst zurück. „Ich hoffe aber, dass sie dieses Jahr nachkommen können. Vielleicht kann meine Frau dann sogar auch für Contilia arbeiten.“
Aktuell besteht das Praxis-Team noch aus vier Mitarbeitenden, doch bald schon soll aufgestockt werden. Auch die Öffnungszeiten wolle man dem Bedarf entsprechend ausweiten. Am Empfang sitzt Michelin Lange, vorher nach eigener Aussage „Mädchen für alles“, jetzt Herrin über die Praxisorganisation und die Termine. Apropos Termine: Normalerweise könne es vier bis sechs Wochen dauern, bis man zum Beispiel mit dem Rezept vom Orthopäden einen Termin für Physiotherapie in der Nähe des Wohnortes bekomme, sagt Michael Lehmann. Das soll in Altenessen künftig anders sein und zumindest jetzt zum Start verspricht der Geschäftsführer: „Hier gibt es aktuell keine Wartezeiten.“
Die Physiotherapiepraxis im Gesundheitspark Altenessen, Hospitalstraße 24, hat derzeit montags bis donnerstags von 8 bis 16.30 Uhr geöffnet, freitags nach Vereinbarung. Die Zeiten sollen dem Bedarf entsprechend erweitert werden.
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