Essen. Keine Königin der Herzen, sondern beinharte Gag-Domina: Wie Kabarettistin Lisa Eckhart in der Essener Grugahalle gegen den Zeitgeist austeilt.
Wo Lisa Eckhart auftritt, geht erst einmal die Sonne auf. „Hier kommt die Sonne“ tönt es aus den Lautsprecherin, wenn eine der derzeit wohl provokantesten Kabarettistinnen des Landes die Bühne betritt. Wobei Leipzig ja nur die Wahlheimat der gebürtigen Österreicherin ist, die viele Gemeinsamkeiten zwischen „Ossis“ und „Ösis“ ausmacht. Beide würden vom Westen bisweilen etwas abfällig betrachtet, sagt die „ossimilierte“ Gesandte aus dem Land von Kaiserschmarrn und Sisi-Kult, dessen künftiger Herrscher wohl Herbert Kickl heißen wird.
Ob‘s mit rechtspopulistischen Kräften wie der FPÖ noch was werden kann mit der „kommunistischen Monarchie“, die dieses Satire-Gesamtkunstwerk namens Eckhart in ihrem aktuellen Programm anstrebt, sei dahingestellt. Unverdrossen aber zieht die 32-Jährige als „Kaiserin Stasi die Erste“ durchs Land und enthüllt dem Volk ihren Entwurf von einem Reich, in dem nicht Political Correctness, sondern Lust und Launen der eigenwilligen Regentin zählen.
Lisa Eckhart: Keine Königin der Herzen, sondern beinharte Gag-Domina
Mehrere tausend Fans sind für ihren ersten „Staatsbesuch in Essen“ am Donnerstagabend (9. Januar) in die gut gefüllte Grugahalle gekommen, um sich diese glamouröse Erscheinung mit dem süffisanten Lächeln anzusehen, die mit Reifrock und Zackenkrone auf die Bühne kommt. Aber Lisa Eckhart ist keine Königin der Herzen, sondern eine beinharte Gag-Domina, die unerbittlich schaut, wo es beim Publikum noch einen Schmerzpunkt zu erwischen gibt.
Migration, Inklusion, Antisemitismus, Feminismus, Katholizismus, Krieg, Tod und immer wieder Sex: Lisa Eckhart, die als Dauergast in Dieter Nuhrs TV-Format „Nuhr im Ersten“ einige Prominenz erlangt hat, kennt keine Scham und keine Berührungsängste. Wobei der Grat zwischen satirischer Demaskierung und purer Provokationslust bisweilen etwas schmal erscheint.
Eckhart wirft sich mit Wucht ins Getümmel gesellschaftspolitischer Diskurse
Der Genderstern hat an diesem Abend jedenfalls keine Chance. Stattdessen zielt der satirische Morgenstern mit Wucht in Richtung Zeitgeist. Da phantasiert Kaiserin Stasi von einem Reich, in dem Kleinwüchsige mit Hut als Ampelmännchen fungieren und Frauen in der Menopause als Heizpilze nützlich sind.
Eckhart will nicht nur anecken, sie wirft sich mit Wucht ins Getümmel gesellschaftspolitischer Diskurse. Und beklagt beispielsweise, dass die Kinder in der Kita ihres Sohnes beim Karneval keine Spielzeugwaffen mehr mitbringen dürfen. Dabei will der Kleine doch als Axtmörder gehen und muss sich nun „als Funktionsjackenträger“ schmähen lassen.
Vom Lastenfahrrad in den Leoparden
Wohin das alles führen kann, hat Frau Eckhart auch schon ausgemacht: totale Kriegsunfähigkeit. Wie könne das auch anders sein, wenn der Weg „vom Lastenfahrrad gleich in den Leoparden“ führe und die Insassen sich vor allem über die neue Beinfreiheit freuen würden. Im Ernstfall, da ist sich die Steirerin sicher, „verteidigt uns die Bürokratie. Soll der Feind doch sehen, wo er eine Kampfgenehmigung herkriegt.“
Überhaupt, „es gibt keinen Wettbewerb mehr“, klagt die selbsternannte Kaiserin, der es selber an Abhärtung offenbar nicht gemangelt hat. „In meiner Schule gab‘s kein Mobbing. Da hieß das bloß Völkerball.“ Und so schleudert sie den dicken Medizinball herum, bis sie am Ende des Abends zwei Kugeln ihres imaginären Generalsekretärs Merkel treffen. Und ihre kurze, aber heftige Regentschaft nach knapp zweieinhalb Stunden im Beifallssturm endet.
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