Essen. . Showbühne und Rockpalast, architektonisches Wahrzeichen und internationales Aushängeschild der Stadt. Die Grugahalle ist ein Ort mit Geschichte.
Für die einen ist die Grugahalle heute ganz einfach die „Mutter aller Mehrzweckhallen“. Andere feiern sie als architektonisches Wahrzeichen der Wirtschaftswunderzeit, ein in Stahl und Beton gefasstes Symbol für eine moderne Gesellschaft. Aber vor allem ist der Schmetterlingsbau an der Norbertstraße ein echtes Hallenwunder mit unzähligen Nutzungsmöglichkeiten: als Showbühne, Konzertsaal, Zirkusmanege, Eispalast und Tagungsstätte. Zum 60. Geburtstag bekam die Grugahalle gestern noch einen weiteren Titel. Als „Big Beautiful Building“ steht das Haus nun mit dem Audimax der Bochumer Ruhr-Uni und dem Duisburger Lehmbruck-Museum in einer Reihe als Beispiel herausragender Nachkriegsarchitektur. Und während sich die Schönheit mancher Gebäude nicht jedem sofort von selber erschließe – „hier erklärt sie sich von selbst“, findet Tim Rieniets von der Landesinitiative StadtBauKultur NRW.
Die in Beton gegossene Leichtigkeit und Eleganz, die Dynamik des sich nach oben verjüngenden „Flügel“-Baus, die großen Glasflächen und filigranen Fensterprofile machen die Grugahalle bis heute zu einer Ausnahmeerscheinung „Die Grugahalle wirkt heute noch moderner als viele andere Hallen“, findet Rieniets, der die Entstehungszeit als besondere Ausnahme empfindet: „So mutig und innovativ ist danach nicht mehr gebaut worden.“
Und obwohl die Grugahalle in Punkto Technik und Größe und mit den riesigen Mehrzweckarenen der Umgebung heute nicht mehr konkurrieren kann, gilt sie in der Branche keinesfalls als altes Eisen. So habe man im vergangenen Jahr bei 60 Veranstaltungen über 200 000 Besucher gezählt, berichtet Messechef Oliver P. Kuhrt „Die Grugahalle hat eben Charme“, sagt Oberbürgermeister Thomas Kufen und spricht damit wohl den meisten Essenern aus dem Herzen, die hier ihr erstes Rockkonzert, die seit über 50 Jahren obligate weihnachtliche Eisrevue „Holiday on Ice“ oder eine der vielen Hauptversammlungen und Polit-Kundgebungen erlebt haben.
Alle Kanzler von Konrad Adenauer bis zu Angela Merkel waren in der Grugahalle einmal zu Gast. Und die Riege der Rock- und Pop-Prominenz reicht von Udo Lindenberg bis zu Alice Cooper, von Meat Loaf bis Tokio Hotel, von Diana Ross bis David Bowie, von Herbert Grönemeyer bis zu Joe Cocker. Jazz-Giganten wie Louis Armstrong, Dave Brubeck und Ella Fitzgerald wurden gefeiert wie die Rolling Stones, die Beach Boys und die Beatles, die auf ihrer einzigen Deutschland-Tournee 1966 in Essen für emotionale Ausnahmezustände sorgten.
Und schon beim ersten Grugahallenkonzert mit „Bill Haley & The Comets“ 1958 mussten Wasserwerfer die erhitzten Gemüter abkühlen. Viele Jahre lang war Essen eine feste Station auf den Welttourneen internationaler Band. „Dschörman Telewischen praudly präsents“ tönte es dann ab Mitte der 1970er bis nach Wladiwostok. Der live übertragene „Rockpalast“ katapultierte Essen ins Scheinwerferlicht der Musikwelt und lockte Zehntausende zu Konzerten von „The Who“ bis zu „The Police“ Da hatten die legendären „Internationalen Essener Songtage“ 1968 längst musikalisch, aber auch politisch Geschichte geschrieben. Das bis dahin größte Protest-Pop-Festival in Europa blieb ein einzigartiges Ereignis
Aber auch im Sport war die Grugahalle lange Jahre erste Liga. Die Europameisterschaften im griechisch-römischen Stil wurden hier im Laufe der Jahrzehnte ebenso ausgetragen wie die Länderspiele der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft. Die beliebten Sechstage-Rennen mit Radsportlegenden wie Rudi Altig füllten in den 1960ern die Ränge, Boxweltmeister Muhammad Ali machte die Grugahalle 1979 zum Schaukampf-Ring, 1997 kämpfte Tennis-Star Boris Becker mit dem Daviscup-Team in Essen gegen den Abstieg. Hallenhandball, Hallenfußball und Formationstanz waren regelmäßige Programmpunkte im Schmetterlingsbau.
Heute punktet die Grugahalle vor allem bei Kabarett- und Comedy-Größen wie Dieter Nuhr, Carolin Kebekus oder Atze Schröder wieder mit dem etwas kleineren Format. Die „Mutter aller Mehrzweckhallen“ hat auch als Großmutter immer noch jede Menge Aufgaben.
Grugahalle steht inzwischen unter Denkmalschutz
Die Grugahalle wurde von den Architekten Ernst Friedrich Brockmann und Gerd Lichtenhahn aus Stahl und Beton in der markanten Schmetterlingsform erbaut. Sie entstand auf dem Fundamt der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Ausstellungshalle.
Seit Oktober 2000 ist der markante Schmetterlingsbau unter Denkmalschutz gestellt, nachdem in den 1990ern bereits über einen möglichen Abriss diskutiert worden war.