Essen-Margarethenhöhe. Tradition zu Weihnachten: Warum sich Jörg und Beate Dißmann von der Essener Margarethenhöhe nur allzu gern in die Karten schauen lassen.

Schon das Wort allein klingt festlich: Weihnachtskartenmanufaktur. Dass diese Manufaktur dann auch noch unmittelbar am Waldrand in einem geschichtsträchtigen Wohnhaus am Külshammerweg beheimatet ist, lässt gar an Wichtel und den Weihnachtsmann denken. Die fleißigen Hände dort kurz hinter der Gruga allerdings gehören Jörg und Beate Dißmann. Das Ehepaar betreibt auf der Essener Margarethenhöhe das Unternehmen „Kunststück“, Verlag und Manufaktur in einem.

„Wir sind ein typischer Familienbetrieb“, sagt Jörg Dißmann und beschreibt damit zugleich den eigenen Anspruch: keine Massenproduktion, kein Schnickschnack, kein Zellophanpapier. Stattdessen: Bütten, Banderolen aus Naturpapier und einzigartige Bilder. Der 62-Jährige ist der kreative Kopf des Unternehmens. Seine künstlerischen Entwürfe bilden die Grundlage für die Kartengestaltung. Seine Frau Beate (62) kümmert sich um Organisation und Produktion. Und das bedeutet Handarbeit, Karte für Karte, Päckchen für Päckchen. Produziert wird hier nicht am Fließband, nicht in hohen Auflagen, sondern auf Bestellung – mit Liebe und nachhaltigem Anspruch.  

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Jörg Dißmann: „In Zellophan verschweißte Karten machen dann Sinn, wenn man auf Masse und Vorrat produziert. Denn die Karten vergilben sehr schnell, das Material leidet. Wir fertigen ausnahmslos ,on demand‘.“ Zwei bis drei Karten von jedem Motiv finden sich aktuell in den Räumen des Verlages. Alles andere wird frisch auf Bestellung produziert. In wenigen lichtgeschützten Kartons lagern lediglich unterschiedliche Papiersorten, keine fertig gestaltete Karten.

Traditionelle Weihnachtsmotive von der Essener Margarethenhöhe

42 Motive hat die aktuelle Weihnachtsserie, bei der sich Jörg Dißmann vor allem auf traditionelle Motive konzentriert: Kerzen, Eisenbahnen, Sterne, Päckchen, Tannenbäume. Die Karten leben von ihren kräftigen Farben und den kurzen Titeln am unteren Rand. „Endlich“ steht etwa unter einem bunten Schaukelpferd, „Schön warm“ unter einem Haus im Schnee, „Vorfreude“ unter zwei tanzenden abstrakten Figuren.

Jörg und Beate Dißmann betreiben auf der Essener Margarethenhöhe das Unternehmen „Kunststück“, Verlag und Manufaktur in einem. Beate Dißmann fasst jede einzelne Karte an, schneidet jede Banderole von Hand und überprüft ihren Sitz.
Jörg und Beate Dißmann betreiben auf der Essener Margarethenhöhe das Unternehmen „Kunststück“, Verlag und Manufaktur in einem. Beate Dißmann fasst jede einzelne Karte an, schneidet jede Banderole von Hand und überprüft ihren Sitz. © Schacht 11

Von der Stange ist hier nichts. Hier glitzert nichts, hier poppt nichts auf, hier bimmeln keine Weihnachtssongs beim Aufklappen. „Uns geht es um Wertigkeit, schönes Papier, um das gute Gefühl, wenn man die Karten in die Hand nimmt, und einen nachhaltigen Umgang mit dem Material“, erklärt Jörg Dißmann und reibt eine der Karten vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger. Und „in die Hand nehmen“ ist tatsächlich ein gutes Stichwort. „Ich fasse jede einzelne Karte an, schneide jede Banderole von Hand und überprüfe ihren Sitz“, sagt Beate Dißmann und erläutert am Arbeitstisch die Produktionsabläufe. „Ich liebe das, ich mache einfach gerne Dinge schön.“

Essener Manufaktur: Lieber Wertigkeit statt Messenger

Ein Spezialdrucker, der das hochwertige Papier und die kräftigen Farben der Entwürfe zu händeln weiß, macht den Anfang. Danach schneidet Beate Dißmann jede Karte mit einem Cuttermesser aus, faltet sie, bündelt mehrere Exemplare mit einer Banderole und packt dann kleine Pakete für die Kunden. Oft sind das Unternehmen, vielfach aber auch ganz einfach Menschen, denen Wertigkeit zu Weihnachten wichtiger ist als kurze Messenger-Nachrichten.

Bunt und traditionell: Die Dißmanns brechen ganz bewusst mit der „klassischen Weihnachtskartenwelt“.
Bunt und traditionell: Die Dißmanns brechen ganz bewusst mit der „klassischen Weihnachtskartenwelt“. © Schacht 11

Durchschnittlich zwei Stunden pro Tag sitzt die 62-Jährige in der Produktion, fünf Minuten braucht sie etwa pro Karte. Stressig, sagte sie, werde es dann, wenn auf einen Schlag beispielsweise gleich 700 Exemplare für einen Firmenkunden raus müssen. „An irgendeinen Punkt stoßen wir dann natürlich an unsere Grenzen. Aber das Vormaterial, das Papier ist unglaublich teuer. Und wir sind keine Freunde von Ressourcenverschwendung. Wenn ich vorproduzierte Karten entsorgen müsste, weil sie beschädigt sind, vergilbt oder verschossen, dann würde mich das extrem ärgern.“ Und Jörg Dißmann ergänzt: „Für uns zählt das Endprodukt, das muss einfach schön sein. Wenn jemand einen Karton mit Karten öffnet, soll er das Papier mit einer gewissen Ehrfurcht anfassen und sich einfach nur freuen.“

Minimalistische Grafikserie für Manufakt.Ruhr in Essen

Erhältlich sind die Karten online über die Homepage von „Kunststück“. Auch in seinem Atelier an der Veronikastraße in Essen-Rüttenscheid hat Jörg Dißmann einige Exemplare ausgestellt. Beate Dißmann hat für Manufakt.Ruhr an der Rüttenscheider Straße zudem eine eigene Grafikserie angefertigt, minimalistisch, schlicht, ganz ohne bunte Farben, aber ebenfalls auf hochwertigem Papier. Bei etwa drei Euro pro Karte, sagt sie, „stimmt die Kalkulation für unsere Weihnachtskarten zwar nicht wirklich, weil die Handarbeit da gar nicht voll eingerechnet ist. Aber ich glaube, damit können wir uns am Markt schon gut behaupten.“

Jörg und Beate Dißmann betreiben auf der Essener Margarethenhöhe das Unternehmen „Kunststück“. 42 Motive hat die aktuelle Weihnachtsserie, bei der sich Jörg Dißmann vor allem auf traditionelle Motive konzentriert.
Jörg und Beate Dißmann betreiben auf der Essener Margarethenhöhe das Unternehmen „Kunststück“. 42 Motive hat die aktuelle Weihnachtsserie, bei der sich Jörg Dißmann vor allem auf traditionelle Motive konzentriert. © Schacht 11

2019 haben die Dißmanns ihren Verlag gegründet und sich aus der Arbeit in einer eigenen Kommunikationsagentur zurückgezogen; bereits seit Ende der 1990er-Jahre ist Jörg Dißmann als Kunstschaffender aktiv. Die Weihnachtskartenproduktion war da eher ein Zufall. „Ich habe vor vielen Jahren mal Weihnachtsmotive gemalt, und wir haben daraus einen kleinen Kalender gemacht. Und irgendwann ist uns aufgefallen, dass das ja auch schöne Karten sein könnten.“ Karten, mit denen man, wie er sagt, ein bisschen gegen die „klassische Weihnachtskartenwelt“ angehen könne. „Unsere Karten sind halt schon ganz anders. Wenn jemand dieses Plakative, dieses Bunte nicht mag, dann wird er sich sofort wegdrehen. Viele andere aber werden vielleicht gerade durch die einfachen, traditionellen Motive angesprochen und haben dann an den Karten genauso viel Freude wie wir.“

Bestellungen, versichern die Dißmanns, seien „theoretisch“ bis Heiligabend möglich. „Innerhalb von Essen würden wir dann im Notfall auch selbst noch ausliefern, wenn auch nicht für eine einzelne Karte. Aber wenn jemand kurzfristig noch ein Geschenk braucht, dann können wir sicher helfen.“

Verlag und Manufaktur „Kunststück“, Külshammerweg 19, www.kunststueck.shop

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