Essen. Das PS-Spektakel startet wieder. Laut, grell, bunt soll es zugehen, 200.000 Fans werden erwartet. „Es geht nicht um Protzerei“, sagt ein Experte.

Matthias Scherer (35) aus Würselen hat seinen komplett restaurierten und umgebauten VW Käfer in die Halle 5 der Messe Essen gestellt. Der Wagen ist Baujahr 1970, doch „an dem Auto ist nichts mehr, wie es mal war.“ Dank neuen eines Motors aus einem VW-Transporter („T3“, mit Wasserkühlung) und komplett sanierter Technik hat der Käfer jetzt 160 PS, ein Mehrfaches dessen, was die Autos ab Werk spendiert bekamen. Wie viel Zeit, Herr Scherer, haben Sie in den letzten Jahren mit dem Auto verbracht? „Kann man nicht zählen“, sagt der gelernte Hufschmied und lächelt.

Matthias Scherer mit seinem komplett restaurierten VW Käfer, Baujahr 1970. Der Wagen hat jetzt 160 PS.
Matthias Scherer mit seinem komplett restaurierten VW Käfer, Baujahr 1970. Der Wagen hat jetzt 160 PS. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Hufschmied – blöde Frage vielleicht, aber was haben Pferde und Autos gemeinsam? „Sie nehmen einem Fehler nicht übel, wenn man mit ihnen umgehen kann“, sagt er. Er weiß nicht, sein wievieltes Auto der Käfer ist, der jetzt auf der Motor Show bewundert werden kann, „ich hab‘ allein im Moment sieben Kfz angemeldet.“ Er kaufte den VW vor sechs oder sieben Jahren, schlachtete ihn komplett aus, versah ihn mit alten Original-Teilen, baute neue Technik ein. Allein die Türgriffe sind weg. „Man kann ihn nur noch mit Fernbedienung öffnen, ohne Türgriffe sieht es cleaner aus.“

Halle 5: Private Autos aus aller Welt, liebevoll und kostenintensiv bearbeitet

Auf der Motor Show stellen Tuning- und Zubehörfirmen ihre Produkte aus, es gibt unfassbar viel Metallic- und Chrom-Glitzer und hochgezüchtete Glamour-Karossen, doch in Halle 5 geht‘s unter dem Motto „Tuning Experience“ um private Schätzchen aus der ganzen Welt. 160 Autos, tiefer gelegte 3er-BMWs oder Peugeots 205, alte Renaults und Mercedes, Alltagsautos aus vergangenen Zeiten, die von Tuning-Fans umgestaltet wurden, in jahrelanger, kostspieliger und liebevoller Kleinarbeit. Tatsächlich, Herr Scherer? Ist das Liebe? „Schon, doch, ja“, sagt er und lächelt ein bisschen.

„Tuning-Leute sind wie Künstler“: Experte und Organisator Sven Schulz.
„Tuning-Leute sind wie Künstler“: Experte und Organisator Sven Schulz. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Auf der Motor Show wummert, kracht und röhrt es überall, „aber echten Tuning-Fans geht es nicht um Gepose“, sagt Sven Schulz. Der gelernte Betriebswirt aus dem saarländischen St. Wendeln ist international aktiver Tuning-Fachmann, hat die Ausstellung in Halle 5 für die Messe Essen organisiert, erst neulich war er noch auf einer anderen Tuning-Messe: „In Las Vegas.“

Poser vor der Eisdiele, die gibt es natürlich auch

Echte Tuning-Fans, fährt Schulz fort, „sind im Grunde Künstler. So wie Bildhauer. Die haben eine Vision von ihrem Auto, die sie nach und nach verwirklichen.“ Vor allem geht es um „optimierte Linienführung“, um den Charakter des Autos deutlicher hervorzuheben. Und, um aus Massenproduktion ab Werk ein individuelles Stück Blech zu zaubern.

Natürlich gebe es auch jene Kandidaten, die mit ihren aufgemotzten Karren „vor der Eisdiele posen“, aber „von denen grenzen sich die meisten hier ganz deutlich ab“. Er selbst entdeckte seine Leidenschaft, als er anfing, Teile seines ersten Autos, einem Golf 3, gemeinsam mit Freunden zu vergolden. Schulz: „Das Auto hab‘ ich 15 Jahre nicht gefahren, aber es steht natürlich noch in der Garage, nie würd‘ ich mich von ihm trennen. Damit hat ja alles angefangen.“

Viele Autos, die hier in Halle 5 stehen, kann man nicht mehr auf der Straße fahren, zu tief sind allein die Frontspoiler. Schulz: „Die werden mit Anhängern nur noch von Veranstaltung zu Veranstaltung gefahren, sind also reine Ausstellungs-Stücke.“

Mit seinem restaurierten VW Käfer erntet er sofort Blicke und Aufmerksamkeit

Matthias Scherer, der Mann mit dem cremefarbenen VW Käfer, hat da eine andere Auffassung: „Autos müssen gefahren werden, sonst sind es keine Autos.“ Wenn er seinen Käfer, dessen Wert derzeit offiziell auf 44.000 Euro geschätzt wird, irgendwo in der Fußgängerzone abstellt, „dann kommt niemand und sagt: Sie dürfen hier nicht stehen“, erzählt Scherer. Im Gegenteil. „Alle gucken interessiert und freundlich, und man kommt ins Gespräch.“ Und die Leute stellen Fragen: „Ihr wievieltes Auto ist der Käfer, Herr Scherer?“ Scherer lächelt: „Ich versteh‘ die Frage nicht. Ich weiß es nicht, wirklich nicht.“

Die Essen Motor Show ist geöffnet von Samstag, 30. November, bis Sonntag, 8. Dezember. Täglich 10 bis 18 Uhr, samstags und sonntags ab 9 Uhr. Tagesticket 20 Euro, ermäßigt 16 Euro; Nachmittagsticket (gilt nicht am Wochenende) ab 14 Uhr: 14 Euro.

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