Essen-Frohnhausen. Alt und schön, aber krank: Fünf Kastanien im Essener Gervinuspark geht es schlecht. Warum die Fällung eines der Riesen die einzige Option ist.

Sie sind stolze 90 bis 100 Jahre alt – und vermutlich nicht mehr zu retten. Fünf große Rosskastanien im Gervinuspark in Essen-Frohnhausen leiden bereits seit einigen Jahren unter dem sogenannten „Kastanienbluten“, einer bakteriellen Erkrankung, die zwangsläufig zum Absterben der Bäume führt. Für eine der Kastanien, unmittelbar an den historischen Grabmalen der Familie Kerckhoff, ist es bereits zu spät. Der etwa 20 Meter hohe Baum wird in den kommenden 14 Tagen gefällt.

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Dass Grün und Gruga im Vorfeld von Baumfällungen ausführlich über die Maßnahme informiert, ist nicht unbedingt die Regel, hat im Falle des Gervinusparks jedoch einen gewichtigen Grund. Christian Cichos von der Abteilung Waldungen und Baumpflege: „Diese Baumgruppe hat für den Park eine prägende Funktion. Deshalb liegt es uns am Herzen, darüber zu informieren, warum wir hier etwas machen müssen. Wir möchten deutlich zeigen, wie schlecht es den Bäumen geht, und erklären, dass wir ihnen nicht helfen können. Wir können nur Sicherungsmaßnahmen ergreifen.“

Pseudomonasbefall schwächt Bäume in Essen-Frohnhausen

Alle Bäume, so Cichos, sind mit dem ursprünglich aus Indien stammenden Bakterium Pseudomonas syringae pv. Aesculi befallen. Die Erkrankung wird von Grün und Gruga seit 2016 umfassend dokumentiert. Die Kastanien selbst werden seitdem in „engen Kontrollintervallen“ alle vier Monate überprüft.

Christian Cichos zeigt auf die schwarze Stelle an der Rinde, die von einem Bakterium befallen ist. Alle Bäume dieser Gruppe weisen bereits seit mehreren Jahren einen Pseudomonasbefall auf.
Christian Cichos zeigt auf die schwarze Stelle an der Rinde, die von einem Bakterium befallen ist. Alle Bäume dieser Gruppe weisen bereits seit mehreren Jahren einen Pseudomonasbefall auf. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Das Problem: Die Bakteriengifte töten das Kambium, die dünne Schicht zwischen Rinde und Holz, ab. Die Rinde zeigt nässende Stellen, sie „blutet“, platzt auf, und öffnet zersetzenden Pilzen damit regelrecht Tür und Tor. Cichos: „Und das führt rapide dazu, dass die befallenen Bereiche nicht mehr bruchsicher sind und Kronenteile, starke Äste, ganze Baumpartien kurzfristig herunterfallen können.“

Kastanie im Essener Gervinuspark ist nicht mehr zu retten

Letztmalig habe man die Baumgruppe „vor wenigen Wochen“ kontrolliert und dabei an einem der Bäume eine so starke Schädigung festgestellt, „dass wir jetzt damit rechnen, dass Teile aus dem Baum kurzfristig herausbrechen werden“. Anders als bei der größten Kastanie der Gruppe, in der zahlreiche Spanngurte die Krone noch sichern, lägen die Schäden bei dem von der Fällung betroffenen unmittelbar am Hauptstamm, „der deshalb nicht mehr als sicher beurteilt werden kann“. Ein Heilmittel, versichert der Experte, gebe es nicht – weder gegen das Bakterium noch gegen die Pilze.

Schwerwiegende Krankheitssymptome

Eine Infektion mit dem Bakterium Pseudomonas syringae lässt sich anhand verschiedener Symptome feststellen.

Am Hauptstamm finden sich in der Regel einzelne, „blutende“ Stellen – dunkle Flecken und nässende Ausflüsse, teils sogar Bakterienschleim. Die Erkrankung wird deshalb auch als „Kastanienbluten“ bezeichnet. In der Krone des Baumes kommt es häufig zu Stamm- und Astrissen, einzelne Äste können welken, letztlich stirbt die gesamte Krone ab.

Besonders betroffen sind die Gewöhnliche Rosskastanie aus der Gattung der Seifenbaumgewächse. Die Edelkastanie (Esskastanie) wird nicht von dem Bakterium befallen; sie gehört zur Familie der Buchengewächse.

Die Krankheit tritt in ganz Deutschland und Europa seit 2006 verstärkt auf. Experten der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gehen davon aus, dass in Deutschland jede zweite Rosskastanie befallen ist.

In den nächsten 14 Tagen ist die Fällung angesetzt. Vom Gehweg aus wird die Krone dann mit einem Fäll-Kran Stück für Stück abgetragen. Cichos geht davon aus, dass es Ersatzpflanzungen geben wird. „Aber wann und was genau, das kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.“ Norbert Bösken, operativer Leiter der Abteilung Waldungen und Baumpflege bei Grün und Gruga, aber versichert: „Eine hohe Verschattung wird im Gervinuspark auch weiterhin das Ziel sein.“

Bezirksbürgermeister Klaus Persch (li.) informierte sich am Donnerstag (28.11.) über die geplanten Maßnahmen. Christian Cichos von Grün und Gruga erklärte, warum ein ortsprägender Baum aus dieser Gruppe gefällt werden muss.
Bezirksbürgermeister Klaus Persch (li.) informierte sich am Donnerstag (28.11.) über die geplanten Maßnahmen. Christian Cichos von Grün und Gruga erklärte, warum ein ortsprägender Baum aus dieser Gruppe gefällt werden muss. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Das Schicksal der übrigen Bäume hängt von der weiteren Entwicklung der Krankheit ab. „Letztlich werden alle Bäume absterben, der Negativtrend ist leider nicht aufzuhalten“, resümiert Cichos. Bereits jetzt sei klar, dass in naher Zukunft vermutlich ein zweiter Baum im hinteren Bereich der Gruppe gefällt werden müsse. „Bei allen anderen versuchen wir unser Möglichstes, um die Entscheidung so lange wie möglich durch enge Kontrollen und Sicherungsmaßnahmen aufzuschieben.“

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