Essen. Zur Zukunft des Willy-Brandt-Platzes gaben die Königshof-Eigentümer jetzt Details bekannt. Besonders der Biergarten des Brauhauses wird riesig.

Ob sie bei der Essen Marketing Gesellschaft (EMG) schon Plakate drucken? Denn „365 Tage Oktoberfest“ im Jahr, das hätte nicht einmal München zu bieten. Eine Werbekampagne in der bayerischen Landeshauptstadt wäre es also vielleicht wert. Denn Weißbier, Blasmusik und Gemütlichkeit bietet ab dem kommenden Jahr der neue Königshof am Willy-Brandt-Platz, wo im Frühjahr ein großes Brauhaus eröffnen soll: 500 Plätze auf 1200 Quadratmeter, Bierausschank bis nach Mitternacht. Und das soll längst nicht alles sein.

Nicht nur die Koerfer-Gruppe setzt darauf große Hoffnungen, wie Michael Gluth, Mitglied der Geschäftsführung, am Dienstagabend (26.11.) beim „Arbeitskreis Essen 2030“ ausführte, wo es diesmal um die Entwicklung der Essener Innenstadt ging. „Wir brauchen mehr Transformation für die Innenstadt“, formulierte EMG-Geschäftsführer Richard Röhrhoff. Mehr Wandel also in Zeiten, wo der klassische Einzelhandel auf dem Rückzug ist, und der Betreiber des Einkaufszentrums am Limbecker Platz, „alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist, abwirbt“, siehe P&C. Das Modehaus gibt den alteingesessenen Standort an der Kettwiger Straße auf und zieht ins Shopping-Center.

„Größter Biergarten der Niederlande“: Utrecht als Vorbild für Essen

Die Fassade des Königshof Ende September, kurz nach Ende der Bauarbeiten.
Die Fassade des Königshof Ende September, kurz nach Ende der Bauarbeiten. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Was bedeutet diese Entwicklung für die übrige Innenstadt? Richard Röhrhoff nennt Utrecht als beispielhaft. Die niederländische Stadt mit ihren kilometerlangen Grachten und der im historischen Kern fast lückenlosen Altbausubstanz erinnert zwar städtebaulich in keiner Weise an Essen, hat aber laut Röhrhoff einen vergleichbaren Wandel erfolgreich bewältigt und könne durchaus als Vorbild dienen. Heute sei Utrecht „der größte Biergarten der Niederlande“.

Apropos Biergarten: Mittlerweile ist klar, dass die maximal mehrere hundert Plätze umfassende Außengastronomie vor dem Königshof weite Teile des Willy-Brandt-Platzes einnehmen wird. „Ich gebe den Platz dafür gerne her“, sagt Röhrhoff und deutet an, dass es zur Menge an Tischen und Stühlen in der Stadtverwaltung kontroverse Diskussionen gab. Auch die Koerfer-Gruppe ist zufrieden mit dem Entgegenkommen der Stadt und hat hohe Erwartungen an das Brauhaus.

Qualität soll sich nicht auf die Fassade des Essener Könighofs beschränken

Innen soll es zünftig und mit mehr oder weniger originalen brauhaus-typischen Interieurs ausgestattet sein und außen den Willy-Brandt-Platz zumindest im Sommerhalbjahr vollkommen verändern. Trinken wir uns die Essener Innenstadt also schön? Wichtig sei, dass Qualität in die Innenstadt einzieht, betont Essens Marketing-Chef und meint damit nicht nur die ansehnliche Fassade, welche die Koerfer-Gruppe dem ehemaligen Kaufhof verpasst hat.

Neben dem Brauhaus setzten die Eigentümer als neue Attraktion auf eine Markthalle, wie man sie vor allem aus südeuropäischen Städten, zunehmend aber auch in Deutschland kennt. In Essen soll sie ins Erdgeschoss einziehen: 37 Stände, an denen es nicht nur Speisen aus aller Welt geben soll, sondern Frisches vom Metzger, Modeschmuck und mehr. Bei den Ess-Ständen gebe es keinerlei Nachfrageprobleme, im Gegenteil. „Die Interessenten rennen uns die Bude ein“, berichtete Michael Gluth. Aber das Ziel sei eine Mischung.

Über eine Rolltreppe gibt es Anschluss ans Basement, wo Aldi, ein türkischer Supermarkt und ein Fitnesscenter bereits eröffnet haben und demnächst ein koreanischer Supermarkt hinzukommen wird, verriet Gluth. Die Bahnhofsnähe bringe nicht nur Laufkundschaft, sie ermögliche auch sehr viel großzügigere Öffnungszeiten.

Citybahn soll mehr Publikum in die City bringen

Ulrich Kapteina vom „Arbeitskreis Essen 2030“ begrüßt das Publikum in der Sparkassen-Zentrale. Referenten sind (v.l.) Martin Harter (Dezernent für Stadtplanung und Bauen), Simone Raskob (Dezernentin Umwelt und Verkehr), Richard Röhrhoff (EMG) und Michael Gluth (Koerfer-Gruppe).
Ulrich Kapteina vom „Arbeitskreis Essen 2030“ begrüßt das Publikum in der Sparkassen-Zentrale. Referenten sind (v.l.) Martin Harter (Dezernent für Stadtplanung und Bauen), Simone Raskob (Dezernentin Umwelt und Verkehr), Richard Röhrhoff (EMG) und Michael Gluth (Koerfer-Gruppe). © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

All das bringe mehr Frequenz, als es der Kaufhof vermochte, so Röhrhoff. Wenn 2026 die „Citybahn“ unmittelbar vor dem Hauptbahnhof hält, dürfte der Andrang noch größer werden, so das Kalkül der Stadt und der Koerfer-Gruppe. Das erste Teilstück der neuen, oberirdischen Straßenbahntrasse soll dann eröffnen.

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Einen Straßenbahnhaltestelle vor der Tür ist auch für ein Brauhaus ein Standortfaktor, spätestens nach der ersten Maß Bier. Weil es beim Königshof nicht bleiben soll, ändert die Stadt den Bebauungsplan für das alte Hauptpostgebäude, so dass auch dort neue Nutzungen möglich wären, sei es durch Einzelhandel, Gastronomie oder Kultur.

Angesichts der skizierten Zukunftsaussichten waren die geladenen Gäste beim „Arbeitskreis Essen 2030“ nicht gleich besoffen vor Glück, aber doch positiv gestimmt. Kritik gab es aus dem an Stadtentwicklung und Architektur interessierten Kreis nur an der Gestaltung der neuen Straßenbahnhaltestelle vor dem Hauptbahnhof, könnte die doch den Blick auf den Handelshof und auf Haus der Technik verstellen, deren Fassaden unter Denkmalschutz stehen, so die Sorge von Arbeitskreis-Mitgründer Axel Wiesener.

Die Polizei warf ein Schlaglicht auf dunkle Ecken und damit auf Probleme der Innenstadt

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Fast hätte man an diesem Abend vergessen können, dass die Innenstadt nach wie vor ein Image-Problem hat und von vielen Bürgern gemieden wird. Den Wunsch nach mehr Beleuchtung in dunklen Ecken der City, den eine Vertreterin der Essener Polizei zwecks besserer Drogenhandel-Bekämpfung vorbrachte, warf ein kurzes Schlaglicht auf die Probleme. In eine ähnliche Richtung ging ihr Rat an die Geschäftsleute, nach dem Vorbild Kennedyplatz doch zusätzlich eigene Security-Leute zu engagieren.

Sind es vor allem die älteren Essener, die angesichts solcher Themen die City-Lust oftmals vergangen ist? EMG-Chef Richard Röhrhoff erweckte jedenfalls mit einer steilen These diesen Eindruck: „Jeder Euro Innenstadt-Marketing für die über 50-Jährigen ist verlorenes Geld.“ Die Älteren neigten dazu, der alten City hinterher zu trauern und kämen nicht zurück. Alle Anstrengungen müssten deshalb denen um die 30 und jünger gelten. Sie seien nicht nur altersbedingt die Zukunft, sondern gingen auch ohne Nostalgie an das Thema Innenstadt heran.

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