Essen-Vogelheim. Nicht Minigolf, aber so ähnlich: Essen-Vogelheim steht im Zeichen spezieller Deutscher Meisterschaften. Was ist eigentlich Cobigolf?

Am Mittwoch haben auf der Minigolfsportanlage Lichtenhorst in Essen-Vogelheim die Deutschen Meisterschaften im Cobigolf begonnen – etwa 100 Spieler aus ganz Deutschland kämpfen bis zum Samstag um den Titel. Da ist es an der Zeit, diesem Nischensport mal auf den Grund zu gehen.

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Schon beim ersten Blick auf die 18 Bahnen im Essener Norden wird deutlich: Augenmaß, Geschicklichkeit und ein ganz kleines bisschen Glück – das sind die Dinge, die man braucht, wenn am Ende einer Runde Cobigolf möglichst wenige Punkte auf dem Zettel stehen sollen. Dabei sieht zunächst mal alles so einfach aus. Rein theoretisch. Der Ball muss nur geradeaus laufen. Durch das Tor, durch oder über ein Hindernis, dann ins Loch. Alles eine gerade Linie. Kann ja nicht so schwierig sein. Und doch: Der Ball rollt eben nicht geradeaus. Je nach Bahn und Unebenheit driftet er ein wenig nach links ab – oder nach rechts –, mal muss er auch über Bande gespielt werden, bevor er an sein Ziel gelangt. Und dann stellt sich noch die Frage aller Fragen: Welchen Ball soll man eigentlich verwenden?

Cobigolf: Für jede Bahn den perfekten Ball

Dustin Raffler besitzt 400 Bälle – Pi mal Daumen. Leichte Bälle, schwere Bälle, lackierte und unlackierte, solche, die hoch abspringen und solche, die fast wie ein Stein auf die Bahn plumpsen, wenn man sie aus 1,50 Meter Höhe fallen lässt. Und für jede Bahn gibt es einen perfekten Ball. Und einen perfekten Weg, den Dustin in einem Heft aufzeichnet. Er erklärt seine Notizen: „Für diese Bahn bedeutet es: den Ball eher links auf die Markierung legen und dann in einem großen Bogen durch das Tor.“ Und das am besten mit einem „Bound for Kids Bordeaux“, was der Name des entsprechenden Balles ist.

Letztes Training vor dem Turnier: Der 1. Essener CGC Blau-Gold richtet in Essen-Vogelheim die Deutschen Meisterschaften im Cobigolf aus.
Letztes Training vor dem Turnier: Der 1. Essener CGC Blau-Gold richtet in Essen-Vogelheim die Deutschen Meisterschaften im Cobigolf aus. © Schacht 11

Es ist eine Wissenschaft für sich. Notizen wie diese besitzen die Spielerinnen und Spieler für alle Bahnen, auf denen sie jemals gespielt haben. „So eine Bahn muss man austrainieren“, erklärt Dustin. „Und dann kann ich, wenn ich im nächsten Jahr wieder auf einer Bahn spiele, auf meine alten Notizen zurückgreifen.“ Kurz gesagt: Der 37-Jährige weiß, was er tut. Zum einen liegt ihm Cobigolf im Blut. Sein Vater, Walther Raffler, ist Vorsitzender des CGC Blau-Gold und seit 55 Jahren Vereinsmitglied. Und was viel wichtiger ist: Dustin Raffler war schon einmal Deutscher Meister. Vor genau zehn Jahren hat er den Titel geholt – und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er auch in diesem Jahr vorne mitspielen wird. Schließlich kennt er die Vogelheimer Bahn wie die sprichwörtliche Westentasche.

Essen-Vogelheim: Minigolf mit „Sahnehäubchen“

Genau der richtige Mann also, um die Frage zu klären, was Cobigolf eigentlich ist. Denn auf den ersten Blick unterscheidet sich das Spiel kaum vom Minigolf. Dustin deutet auf das kleine Törchen, das jeweils zwischen dem Startpunkt und dem Hindernis aufgestellt ist und das die Bälle erst einmal passieren müssen, bevor es weiter in Richtung Loch geht. Diese Eigenheit des Cobigolf verleiht dem Ganzen einen Hauch von Krocket. Oder wie Walther Raffler es beschreibt: „Minigolf mit Sahnehäubchen.“

Deutsche Meisterschaften

Cobigolf ist mit 250 Spielenden die kleinste Abteilung im Deutschen Minigolfsport Verband – man kennt sich über Vereins- und Bundeslandgrenzen hinaus.

In Essen existieren zwei Anlagen, am Lichtenhorst sowie am Hallo, auf denen trainiert und auf denen regelmäßig Pokalturniere, Ligaspiele und Meisterschaften ausgerichtet werden. Die Anlage am Lichtenhorst 13 ist öffentlich – montags ist sie geschlossen, da an diesem Tag der 1. Essener CGC Blau-Gold trainiert.

Der Verein aus Vogelheim richtet noch bis 17. August die Deutschen Meisterschaften aus. Knapp 100 Teilnehmende haben sich qualifiziert und treten bis Samstag gegeneinander an.

Gespielt werden müssen mindestens neun Runden auf der 18-Loch-Anlage. Die besten drei Spieler einer jeden Kategorie ziehen ins Finale ein, in dem noch einmal 18 Bahnen gespielt werden müssen.

Abgesehen davon wird Cobigolf, anders als Minigolf, auf kürzeren, 6,25 Meter langen und etwa einen Meter breiten Bahnen gespielt. Überhaupt muss man schon sehr auf den Sprachgebrauch achten. Für den unbedarften Laien mag das ja alles Minigolf sein. Doch neben Minigolf, das auf einer Betonbahn gespielt wird, gibt es auch noch Miniaturgolf (auf kürzeren Eternit-Bahnen), Sterngolf, bei dem der Endkreis in Form eines fünfzackigen Sterns angelegt und das Zielloch auf einem kleinen Hügel angebracht ist, sowie Filzgolf, bei dem auf einem teppichartigen Untergrund gespielt wird.

CGC Balu-Gold spielt in der Landesliga

Kurz gesagt: Es handelt sich da scheinbar um ein sprachliches Minenfeld, auf dem man unterwegs ist, wenn man sich in das Thema einarbeitet. „Ganz so schlimm ist es nicht“, beruhigt Walther Raffler. Irgendwie ist dann doch alles Minigolf, und hier in Vogelheim befindet sich nun mal eine Bahn für das „System Cobigolf“. „Da es in Deutschland nicht so viele Cobigolfer gibt, spielen wir auch schon mal auf anderen Bahnen nach dem Motto: Alles, was uns vor den Schläger kommt.“ Die Gegner sitzen unter anderem in Gronau und Bad Salzuflen: Der 1. Essener CGC Blau-Gold spielt regelmäßig in der Landesliga und hat in dieser Saison den Aufstieg in die Verbandsliga nur knapp verpasst.

In den vergangenen Tagen gab es für sie viel zu organisieren, jetzt treten sie bei den Deutschen Meisterschaften im Cobigolf in Essen-Vogelheim an: Walther und Dustin Raffler (v.l.).
In den vergangenen Tagen gab es für sie viel zu organisieren, jetzt treten sie bei den Deutschen Meisterschaften im Cobigolf in Essen-Vogelheim an: Walther und Dustin Raffler (v.l.). © Schacht 11

Den Verein gibt es schon lange. 1963 im Schatten des Georg-Melches-Stadions gegründet und seit 42 Jahren in Vogelheim angesiedelt, hat er heute 32 Mitglieder. Für sie sei die Minigolfanlage Lichtenhorst ein Ort, an dem man professionell trainieren, aber auch eine angenehme Auszeit verbringen könne, erzählt Walther Raffler. Über viele Jahre engagierte er sich bundesweit im Minigolf-Verband, hat sich dort jetzt aber zurückgezogen und kümmert sich nur noch um den Heimatverein.

Auf diesen Platz, der wirklich hübsch ist mit all den Bäumen und Sträuchern und den gepflegten Bahnen, kann man tatsächlich stolz sein: ein Kleinod im Essener Norden. „Hier in Vogelheim ist so gut wie gar nichts mehr“, gibt Raffler zu. „Wir haben keinen Discounter, keine Sparkasse, keinen Bäcker. Aber auf unsere Anlage kommen die Leute, spielen eine Runde, trinken eine Cola, ein Wasser oder auch mal ein Bier und fühlen sich wohl.“ Dieses Fazit ist Raffler wichtig. In Vogelheim, sagt er, gebe es eben nicht nur Probleme. Der Stadtteil habe tolle und außergewöhnliche Seiten, die einen genaueren Blick wert seien. Wie eben einen Cobigolf-Verein, der die Deutschen Meisterschaften in die Stadt hole und der in den vergangenen Wochen kräftig angepackt und organisiert hat, um die Veranstaltung auf die Beine zu stellen.

Auf der Minigolfanlage am Lichtenhorst in Essen-Vogelheim finden in diesen Tagen die Deutschen Meisterschaften im Cobigolf statt.
Auf der Minigolfanlage am Lichtenhorst in Essen-Vogelheim finden in diesen Tagen die Deutschen Meisterschaften im Cobigolf statt. © Schacht 11

Für die Besucher des sportlichen Ereignisses und für die Feier danach ist gleich neben dem Gelände ein kleines Festzelt aufgebaut. Abschließend findet übrigens am Samstag, 17. August, noch ein Bankett im Kolpinghaus statt. Es ist halt auch ein geselliger Sport, bei dem man zwar sehr konzentriert zur Sache geht, aber zwischen den Runden immer ein bisschen Zeit für ein Schwätzchen mit den Kollegen aus anderen Vereinen hat.

Und für ein Bierchen. Das aber erst am Abend. Vorher wäre es Doping. Eine ruhige Hand zu haben, den Puls nach unten zu bringen und konzentriert den Schläger zu schwingen – darauf kommt es eben an. Also nochmal: den „BFK Bordeaux“ nach links auf die Markierung, im weiten Bogen durch das Tor, rauf auf den „Germanen-Pott“ und rein ins Loch. Mit einem einzigen Schlag. Ist doch gar nicht so schwierig. Wenn Dustin Raffler spielt. Aber der will ja auch Deutscher Meister werden.

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