Essen-Altenessen. Eine Traditionskneipe in Altenessen wird zu Jahresende schließen – ein Schock für Stammkunden und Betreiberin. Das ist der Grund.

Seit 50 Jahren wird an der Altenessener Straße 418 Stauder gezapft – früher hieß die Kneipe „Schnörkel“, später „Filou“. Ende des Jahres ist es aber vorbei. Der Hausbesitzer habe den Pachtvertrag gekündigt, erklärt Betreiberin Linda Emde (60) im Gespräch mit der Redaktion. Doch die Essenerin hat bereits Pläne, wie es weitergehen könnte.

Zuletzt habe Emde immer wieder Ärger mit dem Hausbesitzer gehabt, der sich wegen des Lärms in der eigenen Immobilie gestört gefühlt habe. Zu unrecht, wie Emde findet. Sie habe eine neue Musikanlage gekauft und alle Wände gedämmt. „Keiner hört uns“, so Emde, die weiß, dass ihre Kneipe mit den schweren Möbeln und ohne Schnickschnack in Altenessen Kult ist.

Hausbesitzer Patrick Hefner (35) sieht das anders: „Am Wochenende wurde die Kneipe öfter zur Disko und das war dann einfach zu viel.“ Er sei jetzt in Gesprächen mit Interessenten, die dort eventuell eine Kindertagespflege errichten wollen.

Filou in Altenessen als Anlaufstelle für RWE-Fans

Das Filou war beim Stadtteilfest in Altenessen immer eine zentrale Anlaufstelle, auch Rot-Weiss-Essen-Fans treffen sich dort zum Fußballgucken, bei großen Turnieren werden die Spiele live übertragen. „Da rappelt die Bühne“, weiß auch Stammgast Rainer Doliv, der schon seit Jahrzehnten dort ein und aus geht. „Von der Einrichtung hat sich nichts verändert.“ Das Filou sei einfach eine schöne, gemütliche Kneipe. Früher sei die Theke um 17 Uhr voll gewesen, „da wurde geknobelt, bis die Becher platzten“. Das sei heute nicht mehr ganz so. Für die Gastwirtin findet der 75-Jährige nur gute Worte: „Die Linda bemüht sich und hat immer ein offenes Ohr für alle.“

RWE-Fans waren regelmäßig zu Gast bei Linda Emde im Essener „Filou“.
RWE-Fans waren regelmäßig zu Gast bei Linda Emde im Essener „Filou“. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Für jene, die schon morgens an der Theke sitzen und ab und zu ein paar Euro in den Spielautomaten werfen, für jene, die ein Stauder für 1,50 Euro bestellen und eine Pause vom Alltag brauchen und für jene, die Geburtstage und Silvester in der rund 70 Quadratmeter großen Traditionsgaststätte feiern. „Zuletzt konnten wir gar keine richtigen Partys mehr machen“, sagt Emde traurig. Sie werde ihre Kneipe vermissen. Die Essenerin arbeitet dort seit 35 Jahren und hat davor schon in der Gaststätte ihrer Eltern am Zapfhahn gestanden.

Neuanfang in der Essener Stauderklause geplant

Die Schließung hat sie auf ihrer Facebook-Seite bekannt gegeben und traurige Reaktionen. Einer schreibt: „Man nimmt mir meine Heimat.“ Eine andere: „All eure Kunden haben euch über Covid die Treue gehalten und sie werden es auch jetzt tun.“ Tatsächlich soll die Schließung nicht das Ende des Filou bedeuten.

„Noch ist es nicht ganz in trockenen Tüchern, aber wahrscheinlich ziehen wir in die Stauderklause um“, verkündet Linda Emde. Die Betreiber dort konnten den Betrieb nach der Coronazeit nicht mehr aufrecht erhalten, die Kneipe an der Johanniskirchstraße steht leer. „Ratzekahl, bis auf die Theke“, weiß Emde, die ihr komplettes Mobiliar mitnehmen will. Lediglich die Unterschrift unter dem neuen Mietvertrag fehle noch.

Die Johanniskirchstraße ist nur ein paar hundert Meter vom jetzigen Filou entfernt. „Ich hoffe, meine Gäste kommen alle mit dahin“, sagt Emde und ist guter Hoffnung, schließlich würden die meisten fußläufig entfernt wohnen. Eine Facebook-Nutzerin schreibt: „Wenn es ein zweites Filou gibt, sind wir dabei, du schaffst es.“

Auf eine Silvesterparty müssen die Filou-Fans in diesem Jahr dann aber wohl verzichten. „Sonst schaffe ich den Umzug nicht“, erklärt Linda Emde. Das sei aber zu verschmerzen, in der Johanniskirchstraße könne dann weiter gefeiert werden – wenn alles so klappt, wie sie sich es wünscht.

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