Essen. Kunstfreunde stören sich seit Jahren daran, dass der Skulpturenpark am Essener Moltkeplatz auch Hundewiese ist. Nun sollen die Hundefreunde weg.
Der Konflikt am Moltkeplatz im Essener Südviertel zwischen Kunst- und Hundefreunden schwelt schon seit mehr als zehn Jahren. Jetzt droht eine erneute Eskalation: Denn verbitterte Hundefreunde machen mobil gegen den Plan der Bezirksvertretung I, die Hundewiese am Moltkeplatz aufzugeben. Stattdessen soll künftig nur noch die auf der anderen Seite des Bahndammes liegende und demnächst eingezäunte Grünanlage an der Richard-Wagner-Straße als Hundewiese zur Verfügung stehen. So steht es in einem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Grünen und EBB/FDP für die Sitzung am 28. März.
Sonntagfrüh gegen zehn Uhr am Moltkeplatz: Gut ein Dutzend Hundehalter lassen ihre Fellnasen auf der großen Grünfläche zwischen den Skulpturen und Installationen herumtollen. Die meisten kennen sich, reden sich mit Vornamen an. Aber längst nicht alle wissen, dass die Tage der Hundewiese gezählt sind. Deshalb machen empörte Hundefreunde wie Theo Böhm und Robert Rettenbacher mobil. Sie fühlen sich übergangen und als Bürger zweiter Klasse zurückgesetzt. „Wir appellieren an Oberbürgermeister Thomas Kufen, dafür zu sorgen, dieses Vorhaben von der Tagesordnung zu nehmen und erst nach einer Bürgerbeteiligung abstimmen zu lassen.“
Anwohnerin erklärt, warum der Moltkeplatz bei Hundefreunden so beliebt ist
Saskia Dieker aus der Max-Fiedler-Straße kommt täglich ein- bis zweimal mit ihrem Border Collie-Mischling „Buster“ zum Moltkeplatz. „Das hier ist in der Umgebung die einzige Möglichkeit für mich, ihn ohne Leine laufen zu lassen.“ Die ebenfalls als Hundewiese gekennzeichnete Grünfläche an der Richard-Wagner-Straße komme für sie als Alternative nicht in Frage. Die Wiese sei bei Regen regelmäßig überflutet und schlammig, außerdem fehle die Beleuchtung. „Ich gehe da in der Dunkelheit bestimmt nicht alleine hin, auch nicht mit Hund“, fügt die Lehrerin hinzu.
Ein kurzer Rückblick: Nach Darstellung der Hundefreunde ist der Moltkeplatz schon seit 1968 Hundewiese. Erst mehr als zehn Jahre später sei der Skulpturenpark entstanden. Über dessen Initiator, den Galeristen Jochen Krüper, sagen sie: „Er war ein Menschenfreund, der auch die Hunde liebte.“ Hund und Kunst – das habe Jahrzehnte lang prima funktioniert. Doch 2013 war es vorbei mit der friedlichen Koexistenz. Fast alle erinnern sich an die hitzige Bürgerversammlung im Robert-Schmidt-Berufskolleg. Ein Grünen-Antrag auf Abschaffung der Hundewiese führte zu einem „Kleinkrieg“, wie diese Zeitung titelte. Auch damals liefen die Hundefreunde Sturm – und setzten sich schließlich durch. Nur: Das Rumoren im Hintergrund wollte nie so recht verstummen.
Minenfeld Moltkeplatz: Schon 2013 sollte die Hundewiese abgeschafft werden
Aktuell auf die Tagesordnung der Bezirksvertretung gerückt ist der Konflikt durch ein Schreiben des Kunstverein-Vorsitzenden Volker Wagenitz („Kunst am Moltkeplatz“) Anfang dieses Jahres. Zum exakten Inhalt wollte sich Wagenitz auf Anfrage jedoch nicht äußern mit dem Hinweis: „Das ist vertraulich.“
Bezirksbürgermeister Peter Valerius (CDU) verteidigt den Beschlussentwurf. „Wir nehmen niemanden etwas weg.“ Zwar sei die Grünanlage an der vierspurigen Richard-Wagner-Straße kleiner als der Moltkeplatz. Aber indem sie zur Straße hin künftig mit einem Zaun eingefasst werde, verbessere sich die Sicherheit für die Hunde deutlich.
Der Kunstverein am Moltkeplatz empfindet es nach Valerius’ Darstellung als problematisch, dass Hunde an den Skulpturen Löcher buddelten und somit die Standfestigkeit der Kunstwerke gefährdeten. Darauf habe die Stadt bereits reagiert, und Rasengitter rund um die Kunstwerke legen lassen – sozusagen als „Buddel-Bremse“. Für die Hundefreunde hingegen ist das Buddel-Argument völlig an den Haaren herbeigezogen. Einer von ihnen, ein Bauingenieur, verdreht die Augen und sagt: „Das ist totaler Humbug in Tüten.“
Der Moltkeplatz ist ein Minenfeld. Für die einen scheint es nur ein „Entweder oder“ zu geben, während die anderen auf ein „Sowohl als auch“ hoffen. Immer wieder betonen die Hundefreunde, dass sie nichts gegen die Skulpturen hätten.
Kunstfreundin und Hundebesitzerin greift den Kulturverein an
Bei der Abstimmung am 28. März sind Überraschungen ziemlich unwahrscheinlich, denn 16 von 19 Mitgliedern der Bezirksvertretung, gehören den Fraktionen an, die auf die Abschaffung der Hundewiese Moltkeplatz drängen. Die Hundefreunde wollen deshalb Hunderte für den Erhalt ihrer Hundewiese mobilisieren. Auch eine Unterschriftenaktion ist in Arbeit. Zur Erinnerung: Vor 13 Jahren trugen sich rund tausend Essenerinnen und Essener in die Liste ein.
Die Hundefreunde um Theo Böhm und Robert Rettenbacher sind fest entschlossen, den Politikern der Bezirksvertretung am 28. März in großer Besetzung auf die Pelle zu rücken – selbst auf die Gefahr hin, der kleine Saal Sunderland im Rathaus könnte dann aus allen Nähten platzen. Bezirksbürgermeister Peter Valerius erwägt, einem Sprecher der Hundefreunde das Rederecht zu geben.
Kunst oder Hund? Diese Frage stellt sich für Astrid Fiedler vom Moltkeplatz 45 nicht. Sie ist Mitglied des Kunstvereins am Moltkeplatz und als Hundefreundin zugleich Nutzerin der Hundewiese. Seit acht Wochen ist sie stolze Besitzerin der Bretonin Nara. Sie plädiert für die Beibehaltung des Status quo und sagt: „Ich sehe nicht ein, dass der Moltkeplatz, der allen Bürgern zusteht, nun allein vom Kunstverein beansprucht wird.“