Essen-Dellwig. Illegale Machenschaften im Gewerbegebiet Ripshorster Straße beschäftigen die Stadt Essen schon lange. Ein Bebauungsplan soll die Probleme lösen.
Wilder Autohandel, illegale Geschäfte mit Elektroschrott, dazu Müll und Dreck: Die Zustände im Gewerbegebiet an der Ripshorster Straße in Dellwig sind der Stadt schon seit vielen Jahren ein Dorn im Auge. Nun soll ein Bebauungsplan (B-Plan) die Basis schaffen, nachhaltig auf dem Gelände aufzuräumen und das Areal neu zu ordnen. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Bauen (ASP) berät den Plan am 17. November.
Der B-Plan böte der Stadt die Möglichkeit, deutlich mehr Einfluss auf die Aktivitäten im Dellwiger Gewerbegebiet zu nehmen. Bislang richtete sich die Beurteilung von Bauvorhaben nach § 34 Baugesetzbuch (Innenbereichsregelung). Der Regionale Flächennutzungsplan stellt für den größten Teil des Geltungsbereichs des Plangebietes „Gewerbliche Bauflächen (ASB)“ und für einen Teil im Norden des Areals „Wohnbauflächen“ dar. Ein deutlich zu grobes Raster, das durch den B-Plan nun engmaschiger gestaltet werden soll.
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Die Stadt plant eine Neuordnung des Gewerbegebietes, wobei sie stark emittierende, erheblich belästigende Betriebe und Anlagen ebenso ausschließt wie zentrenrelevanten Einzelhandel. Auch das Betreiben von Wettbüros, Wettannahmestellen, Sexshops sowie Prostitutionsbetrieben wäre nicht zulässig. „Der Aufstellungsbeschluss ist die Voraussetzung für die Zurückstellung von Bauvoranfragen und Bauanträgen (gemäß § 15 BauGB), die nach dem heutigen Planungsrecht zulässig wären“, heißt es in der Vorlage. Auch der Erlass einer Veränderungssperre zur Sicherung der angestrebten Bauleitplanung wäre so möglich.
Großrazzia mit 26 Festnahmen im Gewerbegebiet Ripshorster Straße
Lange hat die Stadt versucht, Ordnung im Dellwiger Gewerbegebiet zu schaffen. Etliche Überprüfungen der ansässigen Gewerbe durch Polizei und Ordnungsamt und sogar eine Großrazzia, bei der vor fünf Jahren 26 Festnahmen wegen fehlender Arbeitserlaubnis registriert wurden, folgten. In der Vergangenheit kam es in diesem Gebiet immer wieder zu nicht genehmigten Gewerbenutzungen. Ende 2019 ließ die Stadt daher drei Immobilien vor Ort räumen, die sie im Vorfeld an der Ripshorster Straße erworben hatte. Mehr als eine Million Euro ließ sich die Stadt dies in der Summe kosten.
Kontrollen durch die Ordnungskräfte entfalten weniger nachhaltige Wirkung als erhofft
Im Mai 2020 vermeldete Ordnungsdezernent Christian Kromberg erste, sichtbare Erfolge: „Die Ripshorster Straße ist frei von Schrottautos.“ Doch dieser Zustand währte offensichtlich nicht lange. Die zahlreichen Geschäfte, für die vorrangig die vor Ort bekannte „Nigeria-Connection“ verantwortlich sein soll und der Ripshorster Straße den Spitznamen „Afrika-Straße“ einbrachten, setzten sich offenbar fort. Bei der Razzia vor Jahren waren vorrangig Schwarzafrikaner verhaftet worden, die dort illegal arbeiteten.
„Der illegale Autohandel geht weiter“, gab Bezirksvertreter Klaus-Dieter Pfahl unlängst zu Protokoll. „Da die Beteiligten nicht mehr auf das Gelände können, beschränken sich ihre Aktivitäten auf die Ripshorster Straße.“ Zuletzt hatte der Vorsitzende der CDU in Dellwig dort auch wieder ausgeschlachtete Kühlschränke entdeckt, deren Einzelteile unter der Hand verschoben werden.
Bezirksvertretung IV spricht sich einstimmig für den Bebauungsplan aus
Für Pfahl ist daher der B-Plan in Verbindung mit den vorangegangenen Kontrollen „der Schritt genau in die richtige Richtung.“ Ulrich Schulte-Wieschen, SPD-Fraktionschef im Bezirk, sieht das ähnlich. „In dem Maße, wie die Kontrollen nachlassen, nehmen die Aktivitäten der Schwarzhändler wieder zu.“ Zwar seien die Zustände auf der Ripshorster Straße derzeit nicht so dramatisch wie noch vor Jahren, doch es bestehe weiterhin dringender Handlungsbedarf. Die BV sprach sich einstimmig für den Plan aus.
EBE plant aktuell keinen Recyclinghof im Gewerbegebiet Ripshorster Straße
Das Plangebiet wird derzeit überwiegend gewerblich genutzt: Reifengeschäfte, Gebrauchtwagenhändler, metallverarbeitendes Gewerbe und ein Sofageschäft finden sich vor Ort. Auch ein Recyclinghof wird in Dellwig betrieben, allerdings nicht von der EBE. Und daran dürfte sich auch so schnell nichts ändern. „Gegenwärtig ist ein Recyclinghof an der Ripshorster Straße nicht in unserer Planung“, teilt ein Sprecher der Essener Entsorgungsbetriebe mit. „Bei der Suche nach einem neuen Standort haben andere Flächen derzeit eine höhere Priorität.“ Man behalte das Gelände in Dellwig allerdings weiterhin im Auge.
Der Grund für die Zurückhaltung der EBE liegt für Klaus-Dieter Pfahl auf der Hand: „Die querende Bahnstrecke mit der Schranke ist ein logistisches Problem. Die ist gefühlt den halben Tag unten.“ Ulrich Schulte-Wieschen bedauert dies, hatte er sich doch dadurch eine gewisse soziale Kontrolle versprochen, zumal das Gewerbegebiet nur zu einem geringen Teil für Wohnvorhaben genutzt wird. „Daran wird sich leider auch nichts ändern. Dafür ist das Umfeld einfach nicht attraktiv genug.“
Satzung soll der Stadt ein Vorkaufsrecht sichern
Der Bebauungsplan „Ripshorster Straße (Gewerbegebiet)“ soll künftig für folgenden Bereich gelten: Das über 17 Hektar große Plangebiet in Dellwig wird im Norden durch die Quellstraße und die Stadtgrenze zu Oberhausen begrenzt. Im Osten durch die Vondernstraße und die S-Bahnlinie Wuppertal-Haltern am See, im Süden durch den Gleispark Frintrop und die Emscher-Niederrhein-Bahnlinie. Im Westen grenzt das Areal an die östliche Grenze der Grundstücke der Ripshorster Straße 479 und der Schienenspur 2.
Begleitend zum neuen Bebauungsplan will sich die Stadt Essen per Satzung ein Vorkaufsrecht sichern, um mehr Einfluss auf die Struktur des Gewerbegebietes nehmen zu können. Für Ulrich Schulte-Wieschen, SPD-Fraktionschef in der Bezirksvertretung IV, ist dies ein ganz wichtiges Instrument: „Immer wieder wurden in Dellwig Altverträge an andere Gewerbetreibende weitergegeben, ohne genau zu wissen, was die dort eigentlich machen. Diese Praktiken kann man durch das Vorkaufsrecht erfolgreich unterbinden.“
Generell sollte die Stadt künftig sehr genau darauf achten, wer sich an der Ripshorster Straße ansiedeln will. „Oft wird ein Gewerbe angemeldet, zum Beispiel ein Reifenhandel, und am Ende schrauben die dann dort auch Schrottautos auseinander.“ Eine Neuplanung und Neuordnung kommt seiner Meinung auch dem Stadtteil zu Gute: „Wenn man an Dellwig dachte, dann fiel den Menschen sofort das schmuddelige Gewerbegebiet ein. Hoffen wir, dass sich dieses schlechte Image nachhaltig wieder ändert.“