Essen-Bredeney. Fast 40 Jahre leitete Christiane Zywietz-Godland die Chöre der Goetheschule in Essen. Warum auch Untalentierte zu ihr in den Chor kommen konnten.

  • Die Musiklehrerin Christiane Zywietz-Godland hat die Chöre der Goetheschule in Essen aufgebaut.
  • Im Januar verabschiedet sie sich in den Ruhestand.
  • Konzerte waren zuletzt wegen Corona nicht möglich.

Nach fast 40 Jahren als Musiklehrerin und Chorleiterin an der Goetheschule in Essen-Bredeney geht Christiane Zywietz-Godland zum Ende des Schulhalbjahres im Januar in den Ruhestand. Warum ihr die Chorarbeit so wichtig war.

Eine Liebesheirat war es nicht, als Christiane Zywietz-Godland 1983 ihre Stelle als Musiklehrerin an dem Bredeneyer Gymnasium antrat. „Ich wurde damals zugeteilt, hatte mich nicht beworben. Aber es ist dann Liebe geworden, eine lange, glückliche Zeit“, erinnert sich die heute 66-Jährige. „Als ich hier anfing, gab es ein großes, leistungsstarkes Orchester. Aber man glaubte eher nicht, dass es mit einem Chor hier etwas Vernünftiges wird.“ Dabei sei sie mit großen Plänen und vielen Visionen von der Hochschule gekommen, nachdem sie Schulmusik, Musikwissenschaft, Anglistik, Gesang und Dirigieren an der Folkwang-Universität Essen und der Musikhochschule Köln studiert hatte.

Die Essener Musiklehrerin begeisterte die Schulgemeinschaft für ihre Chorpläne

Der damalige Orchesterleiter Ullrich Haucke habe sie trotzdem sehr darin unterstützt, einen Schulchor auf die Beine zu stellen. „Ich wollte, dass die ganze Schulgemeinschaft für meine Idee brennt“, sagt Christiane Zywietz-Godland, die versuchte, Kollegium, Schülerschaft und Eltern für ihre Sache zu begeistern – ein Vorhaben, das am Ende gelang.

Rund 180 Sängerinnen und Sänger umfasst allein der große Chor, dazu kommen die Nachwuchssänger der Goethespatzen aus den Klassen fünf und sechs. „In den fast vier Jahrzehnten ist die Chorarbeit nie wirklich eingebrochen, selbst jetzt in der Coronazeit geht es irgendwie weiter“, sagt die Chorleiterin, die sich natürlich das traditionelle große Weihnachtskonzert zum Abschluss ihrer Schullaufbahn sehr gewünscht hätte. „Wegen Corona können wir ja seit zwei Jahren keine richtigen Konzerte mehr geben. Ich bin schon ein bisschen traurig, dass ich mich nicht vom Publikum verabschieden kann.“

Die Goetheschule in Essen-Bredeney war fast 40 Jahre lang die Wirkungsstätte von Musiklehrerin Christiane Zywietz-Godland.
Die Goetheschule in Essen-Bredeney war fast 40 Jahre lang die Wirkungsstätte von Musiklehrerin Christiane Zywietz-Godland. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Die Pandemie sei eine harte Zeit für alle Chormitglieder, man probe notgedrungen online und in kleinen Gruppen. „So richtig Spaß macht das nicht, aber man will ja Optimismus verbreiten und die Gemeinschaft zusammenhalten.“ So ein Schulchor sei kein Selbstläufer, man müsse immer daran arbeiten. Die Chorarbeit finde neben dem normalen Unterricht statt, die älteren Schülerinnen und Schüler könnten die musikalische Arbeit in die Abiturnote einfließen lassen, müssten dafür aber einzeln vorsingen.

Chöre und Orchester der Schule ergänzen sich

Neben dem großen Chor und den Goethespatzen gibt es das Vor- und das Hauptorchester an der Goetheschule in Bredeney, Ruschenstraße 1, die einen Schwerpunkt im musikalischen Bereich hat.Einige Schülerinnen und Schüler wirken sowohl im Chor als auch im Orchester mit und studieren anspruchsvolle Werke ein.

Für Christiane Zywietz-Godland war ihre Arbeit sehr erfüllend: „Der Lohn ist das Glück, das man empfindet, wenn man die Tiefe der Gemeinschaft erlebt, die man selbst mit aufgebaut hat.“ Sie sei stolz, dass es ihr gelungen sei, so vielen Schülerinnen und Schülern die Liebe zur Musik „ins Herz zu pflanzen“ – gerade auch solchen, die eigentlich nichts mit Musik zu tun hatten und auch nichts zu tun haben wollten.

Auch nicht so talentierte Schülerinnen und Schüler bekamen eine Chance

1500 bis 2000 Kinder und Jugendliche habe sie im Laufe der Jahrzehnte musikalisch betreut, schätzt die Lehrerin. Natürlich seien ihr dabei auch große Talente begegnet, einige hätten es auf die Opernbühne geschafft. Ihr sei aber die Breitenarbeit immer wichtig gewesen, nicht nur die Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler. Alle hätten zu ihr in den Chor kommen können, auch die „Brummer“. „Man muss das aushalten, dass auch schon mal einer brummt, manchmal wird da noch ein richtig guter Sänger draus.“

Neben dem musikalischen Aspekt war ihr auch der soziale ein Anliegen. „Singen gibt Mut, fördert die soziale Bindung, kann sogar den Herzschlag synchronisieren“, ist sich die 66-Jährige sicher, die immer wieder erlebt hat, wie es auch ängstliche Schüler bis zum Solisten brachten.

Das Singen in fremden Sprachen fördert die Offenheit für andere Kulturen

Auch die Freizeit der Essenerin dreht sich um die Musik. Gemeinsam mit ihrem Mann Hermann Godland, Chor- und Orchesterleiter an der BMV-Schule, leitet sie seit 1989 den Landesjugendchor NRW, der sich seit 2019 Junger Chor NRW nennt. Diese Aufgabe wird Christiane Zywietz-Godland auch nach ihrer Pensionierung beibehalten. Wer ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin an der Goetheschule wird und mit dem aktuellen Orchesterleiter Marcus Schönwitz für die musikalische Arbeit an dem Bredeneyer Gymnasium verantwortlich zeichnet, werde gerade diskutiert. Einen Wunsch hat Christiane Zywietz-Godland: „Es wäre schön, wenn die Größe des Chores erhalten bliebe.“

Ganz bewusst habe sie mit den jungen Sängerinnen und Sängern nicht nur Klassik und Pop, sondern auch internationale Lieder in vielen fremden Sprachen einstudiert. Das fördere die Sprachentwicklung und die Offenheit für andere Kulturen. Ihre Quirligkeit, ihre Energie hat sich Christiane Zywietz-Godland bis zum Ende ihrer Schullaufbahn bewahrt. Jetzt will die Heidhauserin mit ihrem Mann die Natur erkunden, Fahrrad fahren und reisen, wenn es wieder geht.