Essen. Diabetiker haben ihre Gesundheit stets im Blick, in Pandemiezeiten kommt eine zweite Herausforderung dazu: Das Thema beim Essener Diabetiker-Tag.
Seit mehr als drei Jahrzehnten gibt es den Essener Diabetiker-Tag, stets mit 200 bis 300 Besuchern. Und die möchte das Elisabeth-Krankenhaus in Zeiten der Pandemie nicht im Stich lassen. Im Gegenteil: "Diabetiker müssen jetzt zwei Herausforderungen bewältigen", sagt Dr. Rainer Paust, der zu den Veranstaltern und Vortragenden gehört - diesmal live im Internet. Am Samstag, 9. Januar, von 13 bis 17 Uhr lädt der 34. Diabetiker-Tag zu Vorträgen und einer digitalen Sprechstunde.
Der Tag, der sich an Diabetiker und ihre Angehörigen wende, startet mit dem Thema Ernährung: Andrea Engels, Ökotrophologin und Diabetesassistentin im Diabeteszentrum, liefert Tipps, Tricks und neue Empfehlungen. "Das ist immer sehr vielfältig und bodenständig", sagt Anna Katharina Trocha. Sie ist Chefärztin der Klinik für Diabetologie im Elisabeth-Krankenhaus und wird den Diabetiker-Tag moderieren.
Für Diabetiker bedeutet die Pandemie eine zweite Herausforderung
Auf Engels folgt Rainer Paust, der das Institut für Psychosoziale Medizin leitet und zu „Covid19 – Pandemie und Diabetes“ spricht. Er spüre der Frage nach, welche Besonderheiten diese Zeit für Diabetiker mit sich bringe. Einerseits hätten diese Erfahrungen gemacht, die im Umgang mit der Pandemie helfen könnten: "Sie haben mindestens eine Krise erlebt und müssen Tag für Tag damit umgehen, für sich und ihre Gesundheit sorgen."
Doch nicht jeder Betroffene lebe so gut mit seiner Krankheit, dass er sich für neue Risiken gewappnet fühlen dürfe. "Es gibt auch diejenigen, die nicht so gelungen mit dem Diabetes umgehen." Manche schafften es nicht, ihr Verhalten, ihren Lebensstil dem Therapieziel anzupassen. "Andere erleben die Diabetes-Belastungen so schwer, dass sie sich nicht ausreichend kümmern können." Mitunter führe das zu einem Burn-Out; da sei es schwer, auch noch die Corona-Bedrohung zu bewältigen.
Für eine Diabetikerin kann eine Schwangerschaft ein Vollzeitjob sein
Verschärft werde das, weil Bewältigungsstrategien wie Sport, Kultur, soziale Kontakte oder der Besuch von Selbsthilfegruppen im Lockdown nicht möglich seien. Paust möchte in seinem Vortrag darauf schauen, "wie man gut für sich sorgen kann". Fragen können im Live-Chat gestellt werden.
Das gilt auch beim Thema "Neuigkeiten zu Sensoren, Pumpen und neuen Insulinen", über das Dr. Ralph Achim Bierwirth spricht, der mit seiner Praxis für Diabetologie eng mit dem Elisabeth-Krankenhaus zusammenarbeitet - und zum Beispiel Sandra Greve (31) betreut. Die ist seit langem "insulinpflichtig", selbst Ärztin - und gerade mit dem zweiten Kind schwanger. Keine Kleinigkeit, wie Chefärztin Anna Katharina Trocha betont: "Sich in der Schwangerschaft um einen Typ 1-Diabetes zu kümmern ist ein Vollzeitjob."
Blutzuckerwerte müssen penibel kontrolliert werden
Denn schwangere Diabetikerinnen müssen ihre Blutzuckerwerte noch akkurater kontrollieren: Eine Unterzuckerung bedeutet für sie eine akute Gefahr, geht der Blutzucker zu hoch, droht das Baby zu groß zu werden - was zu Komplikationen während der Schwangerschaft führen kann. "Die Blutzuckerwerte dürfen sich daher nur in einem ganz engen Korridor bewegen", sagt Trocha.
Für die werdenden Mütter bedeute das oft großen Stress, wie Sandra Greve bestätigt: "Natürlich macht man sich Sorgen. Ich wusste, was auf mich zukommt. Ich bin ja selbst Ärztin." Sie sei daher froh, dass sie von ihrem Arzt intensiv und zugewandt betreut werde: "Das hat mir die Ängste genommen." Trotzdem habe sie in der ersten Schwangerschaft extreme Unterzuckerungen erlebt und ihren Vollzeitjob sofort ruhen lassen müssen. Inzwischen ist ihre Tochter zweieinhalb Jahre alt und sie arbeitet acht Wochen vor der Geburt noch - in Teilzeit und aus dem Home-Office.
Diesmal erlebe sie die Schwangerschaft entspannter: Schließlich habe beim ersten Mal alles gut geklappt, und ihre Tochter sei normal groß zur Welt gekommen. Dank "perfekter Werte", auf die Greve auch sonst penibel achtet. Seit neun Jahren helfen ihr dabei Insulinpumpe und Glukosesensor: "Ich wollte die lange Zeit nicht haben, jetzt wäre es ohne Pumpe eine Katastrophe."
Ein Glukosesensor sendet alle fünf Minuten einen neuen Wert an den Patienten: So könne er ablesen, wie sich Bewegung, Essen oder Stress auf den Blutzucker auswirken, sagt Diabetologin Trocha. Sinkt oder steigt der Blutzuckerwert zu stark, bimmelt das Gerät. Manche Menschen macht das nervös; für Sandra Greve, die sich als perfektionistisch beschreibt, ist der Sensor ideal. Beim Diabetiker-Tag wird sie aus Patientensicht über den Sensor sprechen. Und vielleicht auch Frauen Mut machen, die nicht schon lebenslang an Diabetes leiden, sondern von einem Schwangerschaftsdiabetes überrumpelt werden.
Keine Anmeldung zum Diabetiker-Tag erforderlich
Die Teilnahme am Diabetiker-Tag ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich über den Link auf der Homepage von Krankenhausträger Contilia: www.contilia.de
Am Samstagvormittag (9 bis 13 Uhr) tauschen sich beim 17. Diabetes-Forum schon Ärzte, Apotheker, Diabetes-Berater und -assistenten aus. 280 haben sich bereits angemeldet.
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