Essen. Die Unikliniken in NRW und Verdi haben sich auf einen „Tarifvertrag Entlastung“ geeinigt. Was der lange Streik für Essen bedeutet.

Eine lange Zeit und ein zähes Ringen sind beendet: Nach knapp 80 Tagen hat der Streik an der Uniklinik Essen am Mittwoch (20.7.) ein Ende gefunden. Einen Tag zuvor hatten sich die Gewerkschaft Verdi und die sechs NRW-Unikliniken auf zentrale Punkte eines neuen „Tarifvertrags Entlastung“ geeinigt – nach insgesamt 25 Verhandlungstagen. Von einem „Meilenstein“ spricht man beim UK Essen, von einem „großen Etappensieg“ bei Verdi.

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„Jetzt können wir uns wieder zu 100 Prozent der Versorgung unserer kranken Patientinnen und Patienten widmen, die während des elfwöchigen Streiks außergewöhnlich viel Geduld und Verständnis für die angespannte Situation bewiesen haben“, sagt Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor der Uniklinik.

Streik an der Uniklinik Essen: Circa 3000 OPs verschoben

„Jetzt können wir uns wieder zu 100 Prozent der Versorgung unserer kranken Patientinnen und Patienten widmen, die während des elfwöchigen Streiks außergewöhnlich viel Geduld und Verständnis für die angespannte Situation bewiesen haben“, sagt Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor der Essener Uniklinik.
„Jetzt können wir uns wieder zu 100 Prozent der Versorgung unserer kranken Patientinnen und Patienten widmen, die während des elfwöchigen Streiks außergewöhnlich viel Geduld und Verständnis für die angespannte Situation bewiesen haben“, sagt Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor der Essener Uniklinik. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Seit dem Streikbeginn im April hätten in Essen rund 3000 Operationen und Eingriffe verschoben werden müssen, heißt es in einer Mitteilung. Zudem hätten Vor- und Nachsorgetermine aufgrund der „angespannten Situation“ bei teilweise sehr schwer erkrankten Patientinnen und Patienten zum Teil mehrfach verschoben werden müssen – darunter auch krebskranke Menschen.

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Damit ist es nun vorbei, nun können an den Unikliniken in NRW – neben Essen in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln und Münster – schrittweise wieder deutlich mehr Menschen versorgt werden.

Nicht nur medizinisch habe der Streik Auswirkungen, sondern mit Blick auf die Tausenden ausgefallenen Behandlungen auch finanziell. „Wichtig ist, dass das Land NRW für die erheblichen finanziellen Belastungen einsteht, um bei den Uniklinika vor Ort keine finanzielle Schieflage zu forcieren“, sagt Thorsten Kaatze, Kaufmännischer Direktor der UK Essen.

Nicht nur Angestellte in der Pflege profitieren

Was bedeutet der Abschluss der Tarifverhandlungen nun für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Besonders Angestellte in der Pflege sollen profitieren. Dort soll es künftig eine schichtgenaue Belastungsmessung geben, die das Verhältnis von Beschäftigten und Patienten festlegt. „Wird diese Quote unterschritten oder kommt es zu anderweitig belastenden Situationen, erhalten Betroffene Belastungspunkte“, erklärt Verdi. Sieben solcher Punkte bedeuteten demnach einen freien Ausgleichstag. 2023 hätten Betroffene Anspruch auf maximal elf solcher Tage, 2024 dann 14 und danach höchstens 18.

Nicht nur die patientennahen Berufsgruppen sind im „Tarifvertrag Entlastung“ berücksichtigt, sondern auch etwa diejenigen, die in Betriebskitas, der Radiologie oder als Therapeuten arbeiten. Dort würden ab 2023 ebenfalls Mindestvorgaben in Bezug auf den Personalschlüssel gelten.

Intensivfachkraft: „Wir streiken für alle, alle sind gleich“

Gerade dies war in den Tarifverhandlungen zuletzt der große Streitpunkt. Die Uniklinik-Beschäftigten hatten bei Demonstrationen in Essen gefordert, dass alle Angestellten gleichbehandelt werden sollen. Eine Intensivfachkraft hatte das bei einem Demozug am 7. Juli auf der Holsterhauser Straße so zusammengefasst: „Wir streiken für alle, alle sind gleich.“ UK-Essen-Physiotherapeut Sven Jäger ergänzte: „Wenn alle ringsherum fehlen, fehlen die Pfleger auch am Krankenbett. Jedes Zahnrad muss ineinandergreifen.“

Das wird nicht ohne zusätzliches Personal funktionieren. Die Uniklinik Essen kündigt in Person von Pflegedirektorin Andrea Schmidt-Rumposch an: „Wir werden aktiv und auf allen medialen Kanälen um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Universitätsklinikum werben.“ Sie ist sich sicher: „Durch die Vereinbarung werden wir als Arbeitgeber noch attraktiver.“

>>> INFO: Auszubildende sind berücksichtigt

  • Auch Auszubildende sind in dem „Tarifvertrag Entlastung“ berücksichtigt. Verdi betont, dass für diese künftig „bundesweit einmalig“ konkrete Entlastungsregeln gelten. Es wird mehr persönliche Anleitung in der Praxis geben, laut Uniklinik gebe es zusätzliche Tage für Selbstlernzeit.
  • In Essen waren Mitte Mai rund 300 Auszubildende aller NRW-Unikliniken auf die Straße gegangen.