Essen. Bayerns Ministerpräsident fordert: Schulen sollen geschlossen bleiben. Essens Gesundheitsdezernent entgegnet: Schulen sind keine Pandemietreiber.

  • Am 5. Januar entscheiden Bund und Länder, ob der Corona-Lockdown verlängert wird - und damit auch, ob Schulen und Kitas nach dem 10. Januar wieder öffnen sollen.
  • Essens Sozialdezernent Peter Renzel meldete sich zu dieser Debatte nun bei Facebook zu Wort: "Wir in Essen sehen unsere Schulen nicht als Pandemietreiber", schrieb er.
  • Eine abschließende Empfehlung wollte Renzel jedoch nicht abgeben: Er bleibe zu diesem Thema zwiegespalten.

Essens Gesundheitsdezernent Peter Renzel hat sich in der Debatte um eine Verlängerung der Schulschließungen zu Wort gemeldet. An diesem Dienstag (5. Januar 2021) will eine Bund-Länder-Runde darüber entscheiden, ob der aktuelle Lockdown über den 10. Januar hinaus verlängert wird. Lebhaft diskutiert wird dabei im Vorfeld, ob Kitas und Schulen wieder öffnen sollen.

So warnt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in der "Bild am Sonntag" vor einer überstürzten Öffnung. Kitas und Schulen sollten weitere drei Wochen lang geschlossen bleiben, fordert Söder. "Angesichts der hohen Infektionszahlen wäre es verantwortungslos, Lehrer und Schüler einfach wieder komplett in die Schulen zu schicken." Dagegen erklärte Peter Renzel, der die Schulschließungen schon beim ersten Lockdown im Frühjahr skeptisch beurteilt hatte, am Wochenende auf Facebook: "Ich bleibe zu diesem Thema weiter zwiegespalten."

"Auch wir in Essen sehen unsere Schulen nicht als Pandemietreiber"

Renzel zitiert einen WDR-Beitrag, in dem daran erinnert wird, dass Schulen lange nicht als besondere Corona-Infektionsherde galten. Dagegen habe der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, Christian Drosten, im Dezember gewarnt: "Man sieht durchaus, dass es ein erhebliches Infektionsgeschehen in Schulen gibt. Das muss man einfach langsam mal anerkennen." Renzel mag dem nicht ungefragt folgen, sondern kommentiert: "Im Frühjahr sind die Schulen allein wegen der medial immer wieder vorgetragenen Forderungen von Prof. Drosten dicht gemacht worden. Vielleicht hat er aktuell auch eher Sorge, dass da irgendwann nachgekartet wird. Könnte auch eine Erklärung sein, warum Prof. Drosten so vehement weiter für Schulschließungen ist."

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Peter Renzel, Sozialdezernent der Stadt Essen, hat sich in der Debatte um eine mögliche Verlängerung der coronabedingten Schulschließungen zu Wort gemeldet.
Peter Renzel, Sozialdezernent der Stadt Essen, hat sich in der Debatte um eine mögliche Verlängerung der coronabedingten Schulschließungen zu Wort gemeldet. © Socrates Tassos / FUNKE Foto Services | Unbekannt

Renzel hütet sich vor einer abschließenden Empfehlung zum Thema Schulschließung, betont aber, dass er hier weiter zwiespältig sei. Das Gesundheitsamt Essen habe ähnliche Erkenntnisse wie die Kollegen in Frankfurt a.M., die dazu eine Studie im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht hätten. Darin heißt es unter anderem, dass Kinder eher im familiären Umfeld als in der Schule infiziert würden; wohl auch weil "die Hygieneregeln innerhalb der Schulen wesentlich disziplinierter einhalten werden als außerhalb". Essens Gesundheitsdezernent betont: "Auch wir in Essen sehen unsere Schulen nicht als Pandemietreiber."

"Jeder zitiert, wie es ihm gerade in den Kram passt"

In der "schier endlosen Diskussion" habe er sich am Samstag (2.1.) mit dem Virologen Prof. Ulf Dittmer von der Essener Uniklinik ausgetauscht. Dieser habe erklärt, dass kleine Kinder in Kitas und Grundschulen allen bekannten Studien zufolge kein Problem darstellten. Bei den älteren Kindern und Jugendlichen sei die Datenlage dagegen uneinheitlich. "Darum zitiert wohl jeder so, wie es ihm oder ihr gerade in den Kram passt", folgert Renzel.

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Auch er selbst zitiert in seinem Facebook-Post weitere Experten, nämlich aus der gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene und der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin: „Die Orientierung am besten Interesse der Kinder (siehe Kinderrechtskonvention) ist hierbei oberstes Gebot. Mit angemessenen Maßnahmen des Schutzes und der Hygiene können von außen in die Einrichtung hinein getragene Infektionen nicht gänzlich verhindert, aber eng begrenzt werden und stören dann nicht die Funktion der gesamten Institution."

Eine klare Empfehlung gibt Renzel nicht ab

 Für diese Haltung hatte Renzel im Verlauf der Pandemie immer wieder Sympathie bekundet, so erklärte er etwa im Juli 2020: "Wir müssen den Kindern und Jugendlichen in unserer Stadt die besten Bildungschancen durch einen normalen Schulbetrieb geben."

Eine ähnlich klare Empfehlung gibt er aktuell nicht ab, sondern sagt vor dem Bund-Länder-Treffen am Dienstag lediglich: "Ich bin sehr gespannt, wie die Kultusminister und unsere Landesregierung sich letztlich entscheiden."