Essen. Schüler der Klassen eins bis sieben können noch zur Schule, Schüler ab Klasse acht sollen nicht mehr. Die Verwirrung ist groß. Stress am Morgen.
Kinder und Jugendliche von Jahrgang eins bis sieben haben ab sofort die Möglichkeit, sich von ihren Eltern vom Unterricht befreien zu lassen. Das hatte am Freitagmittag überraschend das NRW-Schulministerium angekündigt und die Schulen damit in massive Organisationsnöte gebracht. Folge: Viele Essener Schüler bleiben seit Montag zu Hause. Dennoch ist die Verunsicherung bei Eltern ist groß: Welche Regeln gelten seit dem Wochenende überhaupt? Die Telefone in den Schulsekretariaten stehen nicht mehr still.
„Etwa die Hälfte der Kinder ist heute zu Hause geblieben“, schätzt Winfried Bega, Leiter der Grundschule am Wasserturm (Südostviertel) und Sprecher aller Grundschul-Leiter in Essen. „Das gestaltet sich in den Klassen aber sehr unterschiedlich – je nach Mundpropaganda durch die Eltern.“ Anke Seifert, Leiterin der Ardey-Grundschule in Rellinghausen, berichtet: „Bei uns sind heute fast alle da.“ Sie gehe aber davon aus, „dass es jetzt jeden Tag weniger Kinder werden.“ Dahinter steckt die Vermutung: Das Risiko, Weihnachten in Quarantäne zu verbringen und Oma und Opa nicht treffen zu können, wollen immer weniger Eltern eingehen.
Fassungslosigkeit in den Lehrerzimmern
Am Freitagmittag - also zu einem sehr späten Zeitpunkt - war vom Schulministerium bekanntgegeben worden, dass die sogenannte Präsenzpflicht aufgehoben wird und Eltern von Kindern der Jahrgänge eins bis sieben deshalb entscheiden können, ob sie ihr Kind in den Unterricht schicken oder nicht. „Viele fragen, ob die Schulen jetzt endgültig schließen“, berichtet Olaf Kehlert, Leiter der Realschule am Schloss Borbeck am Montag. „Die Mails, die wir am Wochenende an die Eltern verschickt haben, sind nicht von jedem gelesen worden.“
Für die Schüler ab Stufe acht wurde am Freitag außerdem Distanzunterricht angeordnet. Das Problem: Viele Schulen haben noch nicht die Tablet-Rechner an bedürftige Schüler verteilt, die die Stadt extra beschafft hatte. Damit sollte der Distanzunterricht per E-Mail und Internet künftig erleichtert werden. Die 17.000 iPads kamen Ende November an. Die Auslieferung und Verteilung läuft derzeit. „Wir wollten genau am Montag damit anfangen“, stöhnt der Leiter einer großen, weiterführenden Schule. Die sehr späte Entscheidung des Ministeriums, die Präsenzpflicht auszusetzen, habe ihn und seine Kollegen durchweg „fassungslos“ gemacht.
„Die Geräte zu verteilen, ist aufwändig“, erklärt auch Berthold Urch, Sprecher der Essener Gymnasien. „Es müssen Verträge und Nutzungsbedingungen unterschrieben werden, oft in verschiedenen Sprachen.“ Die Geräte sollen den Schülern helfen, Aufgaben digital zu erledigen und entsprechend mit der Schule zu kommunizieren. Auch an alle Lehrer waren iPads verteilt worden, denn bislang bewerkstelligen Pädagogen den Distanzunterricht mit ihren Privatgeräten.
Ab Mittwoch sollen alle Schüler zu Hause bleiben
Um die Verwirrung unter Eltern und Lehrern komplett zu machen, hatte es am Sonntagmittag außerdem geheißen : Ab Mittwoch sollen möglichst alle Schüler zu Hause bleiben. Darum hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet gebeten. „Deshalb glauben viele Eltern, ab Mittwoch läuft gar nichts mehr“, sagt Olaf Kehlert. „Das stimmt aber nicht, wir haben bis Freitag geöffnet.“