Essen. Maria-Kunigunda-Schule: 156 Kinder in Quarantäne, vier an Corona erkrankte Lehrer, ein öffentlicher Streit – der Fall zieht weite Kreise.

Nachdem an einer Karnaper Grundschule vier Lehrer an Corona erkrankt und daraufhin 156 Kinder freiwillig für zwei Wochen in Quarantäne gegangen sind, ist eine öffentlich geführte Debatte zwischen dem Schulleiter und dem Essener Gesundheitsdezernenten Peter Renzel entbrannt. Der Schulleiter fühlt sich vom Gesundheitsamt allein gelassen, der Dezernent wirft ihm eigenmächtiges Handeln vor.

Udo Moter, Rektor der Maria-Kunigunda-Grundschule, hatte Familien angeboten, deren Kind von einem der erkrankten Lehrer unterrichtet wird, zwei Wochen vom Unterricht fernzuhalten. Seitdem geht etwas mehr als die Hälfte der gesamten Schülerschaft nicht mehr in die Klassen. Die Schule läuft im Notbetrieb. Zwischenzeitlich fehlten neun der insgesamt 24 Lehrer und pädagogischen Mitarbeiter; fünf von ihnen standen zwischenzeitlich auch unter Corona-Verdacht. Ihre Tests sind mittlerweile aber negativ ausgefallen.

Völlig aufgebrachte Eltern, Kollegen krank

Der Vorgang nahm mit dem ersten positiven Testergebnis am Mittwoch letzter Woche seinen Lauf. Am Donnerstag kamen drei weitere Corona-Bestätigungen hinzu. Am Freitag sah sich Udo Moter veranlasst, den Eltern per Brief mitzuteilen, dass die Möglichkeit bestehe, die Kinder in freiwillige Quarantäne zu schicken, wenn sie Unterricht bei einem der erkrankten Pädagogen haben. Die Diskussion, die Moter und Renzel seit Montagabend dieser Woche im Netzwerk Facebook führen, dreht sich um die Frage: Hat der Schulleiter eigenmächtig gehandelt oder nicht? Und war es richtig, den Familien eine freiwillige Quarantäne zu ermöglichen?

„Was sollen Sie machen, wenn das Telefon im Sekundentakt klingelt und völlig aufgebrachte Eltern anrufen, die in Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder sind?“, fragt Udo Moter erneut. „Und währenddessen bekommen Sie eine Krankmeldung von Kollegen nach der anderen auf den Tisch. Es war eine absolute Ausnahmesituation.“

Moter hatte am Dienstag nach Bekanntwerden des Vorgangs öffentlich kritisiert, dass weder Schulverwaltung noch Gesundheitsamt ihm beratend zur Seite gestanden hätten, wie er mit der Situation umgehen soll. Mehrfach habe er versucht, beide Dienststellen um fachlichen Rat zu bitten. Schließlich habe er mit der Schulaufsicht abgesprochen, einen Notbetrieb einzuführen und die Familien auf die Möglichkeit der freiwilligen Quarantäne hinzuweisen.

Kritik des Schulleiters „irritiert“, schreibt der Gesundheitsdezernent

Gesundheitsdezernent Peter Renzel stellte am Montagabend die Situation in einem privaten Eintrag im Netzwerk Facebook anders dar: Die Kritik Moters habe ihn „irritiert“, schrieb Renzel; Moter habe „ohne die Beratung unseres Gesundheitsamtes abzuwarten, Fakten geschaffen und sich dann noch über die fehlende Beratung beklagt. Das verstehe wer will.“ Die Stadt hätte ganz sicher nicht so entschieden wie Moter, der halben Schülerschaft eine freiwillige Quarantäne anzubieten. Die Lehrer hätten stets Abstand zu den Schülern gehalten. Stadtsprecherin Silke Lenz: „Es gab keine engen schulischen Kontakte.“ Renzel hält den Vorgang abschließend insgesamt für „äußerst unglücklich“.

Die Maria-Kunigunda-Grundschule in Karnap.
Die Maria-Kunigunda-Grundschule in Karnap. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Es steht quasi Aussage gegen Aussage – das Gesundheitsamt habe mit ihm nur über seine Kontakte zu den Erkrankten gefragt und nicht mit ihm über die Schulsituation sprechen wollen, beteuert Moter. Die Schulverwaltung habe ans Gesundheitsamt verwiesen, das Gesundheitsamt sei nicht erreichbar gewesen – erst nach den ersten Medienberichten. „Ich musste so handeln“, verteidigt Moter sich erneut. Im Netzwerk Facebook unterbreitete er dem Gesundheitsdezernenten ein persönliches Gesprächsangebot. „Das steht natürlich nach wie vor“, sagte Moter am Dienstagmorgen - und ist von Peter Renzel im Laufe des Tages auch angenommen worden.

Namen der erkrankten Lehrer standen auf der Schul-Homepage

Gestoppt hat Moter unterdessen eine bemerkenswerte Maßnahme, die in ganz NRW vermutlich ihresgleichen sucht, weil sie wohl gegen alle erdenklichen Datenschutzbestimmungen verstößt: Um Transparenz zu schaffen und Eltern zu beruhigen, sagt Moter, habe er auf dem Höhepunkt der Krise die Namen der erkrankten Pädagogen auf der Internet-Seite der Schule veröffentlicht. „Das ist im Einvernehmen aller so entschieden worden, auch der Betroffenen“, betont Moter. Nur dadurch sei es möglich gewesen, wieder einigermaßen Ruhe und Klarheit in die Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft zu bekommen.

Mittlerweile sind die Namen von der Internet-Seite entfernt worden: „Nachdem die Geschichte weite Kreise gezogen hat, wollte ich nicht, dass Auswärtige und andere, die nichts mit unserer Schule zu tun haben, die Namen erfahren“, sagte Moter.

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