Essen.
Es sprach für die gute Wasserqualität, dass im Mittelalter in der Berne sogar Störe schwammen. Archäologen konnten dies anhand von Knochenfunden nachweisen. Nun, es muss nicht immer Kaviar sein, aber es ist leider schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass sich überhaupt irgendein ein Fischlein in dieses Gewässer verirrt hat.
Doch das könnte sich in naher Zukunft wieder ändern. Mehr als 100 Jahre nachdem die Berne wie so viele Bäche und Flüsschen im Ruhrgebiet aus ihrem natürlichen Bett gerissen wurde, um die Hinterlassenschaften einer rasant wachsenden Bevölkerung gen Emscher zu spülen, ist die Emschergenossenschaft fest entschlossen, auch diese Kloake größtenteils wieder in ein natürliches Gewässer zu verwandeln.
Eine Jahrhundertaufgabe
Noch bedarf es dafür viel Phantasie angesichts dieser stinkenden Brühe, die eingezwängt in einer Betonrinne trübe dahinfließt. Doch wie es entlang der Berne bald aussehen soll, können Spaziergänger bereits am renaturierten Oberlauf des Borbecker Mühlenbachs bestaunen; auch er ist Teil des „Emschersystems“ dessen Umbau sich die Emschergenossenschaft zur Jahrhundertaufgabe gemacht hat. Nicht weniger als 296 Millionen investiert die Genossenschaft bis 2020 in dieses Projekt. 2018, wenn der im Bau befindliche riesige Emscherkanal ans Netz geht, sollen die Emscher-zuflüsse von Abwasser befreit sein.
Davor stehen gewaltige Bauarbeiten, und schon heute wirbt Essens Baudezernentin Simone Raskob bei den Bürgern für Verständnis in Anbetracht von Lärm, Dreck und Einschränkungen, die dieses ehrgeizige Vorhaben zwangsläufig mit sich bringen wird. Der Lohn: „Das Stadtbild wird sich verändern“, verspricht Simone Raskob. Was sich heute im Immobilienteil der Tageszeitung als Standortnachteil darstellt, die unmittelbare Nachbarschaft zu einer Köttelbecke nämlich, könnte schon bald herhalten für die Rubrik „Schöner Wohnen“.
Das unterirdische Kanalsystem kostet 260 Millionen
In Altendorf am Borbecker Mühlenbach wird bereits gegraben, bald auch in Frohnhausen, und 2014 schließlich auch an der Berne. Los geht’s am Sulterkamp in Bergeborbeck. Von dort geht es 2015 flussaufwärts bis zur Grillostraße. Bis zu 3,60 Meter hohe Abwasserrohre wird die Emschergenossenschaft im unterirdischen Vortrieb durchs Erdreich pressen, stellenweise in 40 Metern Tiefe.
Mit 260 Millionen verschlingt das unterirdische Kanalsystem den Löwenanteil der Kosten, 28 Millionen Euro fließen indes in die Umgestaltung der Gewässer, die über ein 25 Kilometer langes Wegenetz für Spaziergänger und Radfahrer erlebbar werden sollen. Schöne Aussichten. Wenn es soweit ist, bliebe nur noch auf die Rückkehr der Fische zu warten. Die kommen ganz bestimmt, verspricht Emanuel Grün, Technischer Direktor der Emschergenossenschaft. Die Erfahrung zeige, dass es zehn Jahre dauert, bis aus einem renaturierten Gewässer wieder ein natürliches wird.