Byfang. Im ländlich geprägten Essen-Byfang wird viel gebaut. Die Politik ist alarmiert. So will sie den dörflichen Charakter des Stadtteils erhalten.

Leben wie auf dem Lande und doch in der Stadt wohnen – viele Byfänger wissen das zu schätzen. Der Ortsteil hat sich seinen dörflichen Charakter bewahrt. Baugrundstücke sind knapp und begehrt. Und doch drehen sich in jüngster Zeit immer wieder Kräne und Betonmischer. Die CDU will dem nicht länger tatenlos zusehen, sondern die Bebauung in geordnete Bahnen lenken. Andernfalls, warnt CDU-Ratsherr Dirk Kalweit, drohe Byfang seinen ländlichen Charakter zu verlieren.

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Wohnen im Schatten von St. Barbara: Byfang ist durch Ein- und Zweifamilienhäuser geprägt.
Wohnen im Schatten von St. Barbara: Byfang ist durch Ein- und Zweifamilienhäuser geprägt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Es ist nicht der erste Anlauf in diese Richtung. Bereits um die Jahrtausendwende hatte die Stadt Essen ein Siedlungsstrukturkonzept für Byfang auf den Weg gebracht. Dieses sollte Grundlage sein für einen später aufzustellenden Bebauungsplan. Maximal 100 neue Wohnungen sollten entstehen. Diese Zahl galt noch als verträglich, erinnert sich Kalweit. Im Blick hatten die Planer dabei insbesondere die Straßen Nöckersberg, Nöckersleithe und Fahrenberg.

Der Gebietsentwicklungsplan sieht für Byfang eine ländlich geprägte Entwicklung vor

Seinerzeit wurde die Stadt jedoch von der Bezirksregierung Düsseldorf ausgebremst. Denn das Vorhaben widersprach dem übergeordneten Gebietsentwicklungsplan, der für Byfang eine ländliche geprägte Entwicklung vorsieht. Byfang sei kein geschlossener Siedlungsbereich, erläutert der Leiter des städtischen Planungsamtes, Ronald Graf.

Auf dem Grundstück des ehemaligen Landhauses Schnitzlers am Nöckersberg sind Mietwohnungen entstanden.
Auf dem Grundstück des ehemaligen Landhauses Schnitzlers am Nöckersberg sind Mietwohnungen entstanden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Gebaut wurde in den folgenden Jahren trotzdem – meist nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches, welcher den sogenannten Lückenschluss regelt. Das heißt: Ein Neubau ist dann zulässig, wenn er sich in die vorhandene Bebauung einfügt. Maßgeblich sind unter anderem die Größe des zu bebauenden Grundstücks und die Höhe des geplanten Gebäudes.

Wo früher ein Einfamilienhaus stand, wächst ein Mehrfamilienhaus in die Höhe

Mit den Jahren seien so mehr als 40 neue Wohneinheiten entstanden, schätzt Kalweit. Das ist weit entfernt von den einst avisierten 100. Doch wo früher ein Ein- oder Zweifamilienhaus stand, wächst nun ein Mehrfamilienhaus in die Höhe. „Man wundert sich, was möglich ist“, sagt Kalweit in Anspielung auf besagten Gesetzesparagrafen.

Am Nöckersberg, wo lange Jahre das Landhaus Schnitzlers warme und kalte Küche servierte, hat ein Wohnungsbauunternehmen 14 Mietwohnungen errichtet. Auf dem Grundstück der ehemaligen Gaststätte „Kuhlhoff“ an der Kreuzung Düschenhofer Wald, Fahrenberg und Kleinheide ist eine kleine Siedlung entstanden. Auch gegenüber wird gebaut. An den Rohbau schließen sich schneeweiße Reihenhäuser und Garagen an. Die Kreuzung selbst ist schwer einsehbar, ja gefährlich. Auch für Fußgänger, denn es fehlt an Bürgersteigen.

Die Nachfrage nach Wohnraum im Essener Süden ist groß

CDU-Ratsherr Dirk Kalweit plädiert für eine geordnete Bebauung auf Grundlage eines aufzustellenden  Bebauungsplanes.
CDU-Ratsherr Dirk Kalweit plädiert für eine geordnete Bebauung auf Grundlage eines aufzustellenden Bebauungsplanes. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Überall, wo neu gebaut wird, kommt eine ganz andere Bebauung dazu, die für den Ortsteil nicht typisch ist“, beklagt CDU-Ratsherr Kalweit, der fürchtet, dass sich diese Entwicklung fortsetzt, ohne dass die Politik darauf Einfluss nehmen kann. Wohl wissend, dass es auch in diesem Fall zwei Seiten einer Medaille gibt.

Als die CDU das Thema noch vor Corona auf einer Bürgerversammlung zur Sprache brachte, meldeten sich auch Neubürger zu Wort: Sie seien froh, dass sie in Byfang bauen konnten und wohnten gerne dort.

Die Politik sei in einem Zwiespalt, wie Kalweit einräumt. Die Nachfrage nach Wohnraum im Essener Süden ist groß, dies gelte es sehr wohl zu berücksichtigen, ohne aber dabei den historisch gewachsenen Charakter Byfangs zu gefährden.

Ackerland und Bauernschaften

Der Ortsname Byfang leitet sich laut Wikipedia von der altdeutschen Bezeichnung Bifang ab und steht für ein eingefriedetes Feld bzw. für die Feldflur eines bestehenden Ortes, in diesem Falle des Stiftes Rellinghausen, zu dem Byfang gehörte. Urkundlich taucht der Name erstmals 1124 in einer Schenkungsurkunde auf. Bis heute weist Byfang einen ländlichen Charakter auf. Mit 2071 Einwohnern zählt Byfang zu den dünn besiedelten Stadtteilen Essens. Mittelpunkt des Ortes ist die katholische Kirche St. Barbara.

Möglich, so Kalweit, wäre dies durch die Aufstellung eines Bebauungsplanes, der festlegt, wie und wo in Byfang gebaut werden kann und dabei die notwendige Infrastruktur nicht außer acht lässt.

Aber spielt die Bezirksregierung diesmal mit? Der Kommunalaufsicht in Düsseldorf, betont Kalweit, müsse man klar machen, dass sie andernfalls gefährdet, was sie mit Hilfe des Gebietsentwicklungsplans bewahren will: ein ländlich geprägtes Byfang.