Essen. 2G-Bändchen stehen andernorts wieder vor dem Aus. In Essen will man an dem Service festhalten. Trotzdem gibt es einen dicken Kritikpunkt.

Während es in anderen Städten durchaus Überlegungen gibt, 2G-Bändchen wieder abzuschaffen, sieht man in Essen dazu keinen Anlass. In der „Einkaufsstadt“ werden sie seit dem 9. Dezember ausgegeben, seitdem wechseln sie täglich ihre Farbe – mal erlaubt Grün, mal Rot, mal Gelb den Zutritt zu Geschäften beim Einkaufsbummel.

Innenstadtmanagerin Svenja Krämer zieht bisher ein „absolut positives Resümee“. Sie sagt: „Die Aktion läuft sehr gut, Händler sind dankbar und für Kunden bedeuten sie eine Vereinfachung.“ Warum sollte man also nicht mehr auf diesen Service setzen?

2G-Bändchen in Essen: Rund 1,4 Millionen Stück bisher verteilt

Um die 1,4 Millionen Bändchen habe die EMG bisher an Händler die sich an der Aktion beteiligen ausgeteilt. Dazu gehören nicht nur Geschäfte in der Essener Innenstadt. Auch in Steele, Werden, Rüttenscheid und dem Allee-Center in Altenessen können Bürgerinnen und Bürger an Geschäftseingängen ihren 2G-Status nachweisen und dann ein Bändchen um das Handgelenk bekommen, das an diesem Tag dann auch woanders als Geimpft- oder Genesenen-Nachweis gilt.

2G-Kontrollbändchen wechseln täglich die Farbe. Es gibt Befürchtungen, dass der Service ausgenutzt wird.
2G-Kontrollbändchen wechseln täglich die Farbe. Es gibt Befürchtungen, dass der Service ausgenutzt wird. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Viele haben die Sorge, dass Bändchen durchgeschnitten und dann weitergereicht werden“, sagt Svenja Krämer über Befürchtungen, der Service würde ausgenutzt. „Aber wer betrügen will, der betrügt.“ Schließlich seien auch Impfpässe nicht fälschungssicher. „Dem Kunden wird es durch 2G eh schon schwer genug gemacht, die Bändchen sind ein Serviceangebot.“

Essener Händler zahlen maximal 5 Cent pro 2G-Bändchen

Für den Service müssen Händler, die die Bändchen ausgeben, selbst etwas bezahlen. Fünf Cent sind es in der Regel, die sie an die EMG zahlen müssen. Wer aber Mitglied im „Essen Marketing Service e.V.“ (Zusammenschluss von Einzelhändlern, Dienstleistern, Grundeigentümern und Schaustellern) ist, für den sind es mit 2,5 Cent die Hälfte. „Das ist eine Mischkalkulation“, so die Innenstadtmanagerin.

Und an dieser Stelle gibt es dann doch einen satten Kritikpunkt. Allerdings nicht an den Bändchen als solche, sondern an Geschäften, die sich an der Aktion nicht beteiligen – Stichwort Solidarität. „Es gibt Unternehmen die sagen, bei uns gibt es keine Bändchen“, erzählt Krämer, „und die dann den Kunden sagen ‘Gehen Sie zum Nachbarn, dort bekommen sie eins’.“ Diese Unternehmen investieren also selbst nicht in das Serviceangebot, profitieren aber auf der anderen Seite davon, indem sie Kunden mit Bändchen selbstverständlich den Zutritt in ihr Geschäft gewähren.

Dieses Verhalten fand und findet auch der Hauptgeschäftsführer des Essener Einzelhandelsverbandes, Marc Heistermann, unsolidarisch: „Sie profitieren selbst davon, indem sie die Bändchen akzeptieren.“ Dabei würden sie seiner Meinung nach in einem noch viel höheren Maß profitieren, wenn sie auch selbst die bunten Bändchen an den Mann und die Frau bringen würden. „Es geht darum, den Besuchern ein besseres Einkaufserlebnis möglich zu machen, natürlich kostet das Geld“, sagt Heistermann. Schließlich sorgten die Bändchen für einen reibungsloseren Ablauf beim Einkaufen.

Marc Heistermann, Chef des Essener Einzelhandelsverbandes: „Mich würde es freuen, wenn 2G gekippt würde.“
Marc Heistermann, Chef des Essener Einzelhandelsverbandes: „Mich würde es freuen, wenn 2G gekippt würde.“ © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Wer etwa zum Modeshopping in die Innenstadt geht, der gehe in drei oder vier Geschäfte, durch den Service werde es den Kunden einfacher gemacht. „Die Bändchenlösung ist mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen“, stellt der Einzelhandelsverband-Chef fest.

Essens Einzelhandelsverbandschef: „Mich würde es freuen, wenn 2G gekippt würde“

Noch viel besser würde es Heistermann aber gefallen, wenn die Bändchen überhaupt nicht mehr vonnöten wären: „Mich würde es freuen, wenn 2G gekippt würde.“ Mit einem Blick in die Zukunft sagt Heistermann, dass die Politik nun „aufpassen müsse, dass nichts kippt.“ In der jetzigen Phase würden die meisten Einzelhändler Maßnahmen wie 2G mit einem „Schulterzucken“ über sich ergehen lassen. Das sei aber auch schon anders gewesen, berichtet Heistermann über Gespräche mit Händlern aus der Vergangenheit. So hätten beispielsweise in Lockdown-Zeiten viele ihren Unmut darüber geäußert, dass Shops mit Mischwarensortimenten – wie etwa Real („Einmal hin. Alles drin.“) – geöffnet bleiben durften, während sie selbst schließen mussten.

Sollte es zu weiteren Maßnahmen kommen, die den belasteten Handel weiter einschränken würden, wäre das problematisch. „Nicht jede Panikmache machen wir mit“, so Heistermann, der es gerne sähe, wenn Debatten um etwaige Regelverschärfungen „versachlicht“ würden.

Seiner Meinung nach, die er auf Gutachten gestützt sieht, macht 2G im Einzelhandel wenig Sinn, da es kaum nachgewiesene Infektionen in Geschäften geben würde. Und so plädiert er bei Maßnahmen immer für eine Kosten-Nutzen-Kalkulation. Die bestehenden Hygienekonzepte würden jedenfalls gut funktionieren.

>>> INFO: 2G-Bändchen galten auch in der Gastronomie

  • Die 2G-Bändchen werden in Essen seit dem 7. Dezember ausgegeben.
  • Zu diesem Zeitpunkt galt in Bars, Restaurants und Café noch kein 2G-Plus – das hat sich mittlerweile geändert und deswegen berechtigen die Bänchen dort nicht mehr zum Eintritt.