Essen. Knapp drei Wochen nach dem ersten Gewaltausbruch zwischen verfeindeten Familien bringt ein Bericht des Innenministeriums etwas Licht ins Dunkel.

Knapp drei Wochen nach dem ersten von zwei Gewaltausbrüchen auf offener Straße in Essen-Horst kommt allmählich etwas Licht ins Dunkel: Ein schwelender Beziehungsstreit könnte der Auslöser für die teils blutigen Straßenschlachten zwischen zwei verfeindeten Familien am 27. April und 1. Mai in der Hochhaussiedlung Hörsterfeld gewesen sein.

Dies geht aus einem Bericht des Innenministeriums für die Sitzung des Innenausschusses am Donnerstag hervor: "Die Hintergründe der Auseinandersetzungen sind bislang nicht geklärt", heißt es zwar in dem Reul-Bericht: "Es deutet sich jedoch an, dass diese einen Bezug zu einer früheren Beziehung zwischen dem älteren syrischen Beschuldigten und der weiblichen palästinensischen Beschuldigten haben."

Keine Hinweise auf Ursache der Konflikte im Clan-Milieu

Bei dem vermeintlichen Ex-Paar handelt es sich nach Darstellung der ermittelnden Staatsanwaltschaft um einen 32 Jahre alten nicht vorbestraften Mann, der inzwischen zusammen mit seinem Bruder (27) wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung in Untersuchungshaft sitzt, und eine 27 Jahre alte vorbestrafte Frau libanesisch-palästinensischer Herkunft. Die syrischen Brüder leben bereits seit einigen Jahren in Deutschland. 

Die beiden Familien sind nach inzwischen bestätigten Erkenntnissen der Ermittler seit längerem verfeindet. Verteilungskämpfe als Auslöser für die Gewaltausbrüche am Von-Ossietzky-Ring werden nach wie vor ausgeschlossen. "Neben Bezügen eines Tatverdächtigen zur Clankriminalität bestehen aktuell keine Hinweise darauf, dass diese Konflikte ihre Ursache im Milieu der Clan- oder Organisierten Kriminalität haben", berichtet das Innenministerium. Was allerdings kein Grund für eine grundsätzliche Entwarnung ist.

Ermittlungen richten sich bislang gegen sieben mutmaßliche Randalierer

Denn eine erste Einschätzung des Landeskriminalamtes, "wonach es perspektivisch zu Konflikten zwischen Angehörigen türkisch-arabischstämmiger Familienverbände und neu eingereisten Personen mit Herkunft aus Syrien kommen könnte", hat sich zumindest nach einer vorläufigen Einschätzung der Behörde für das Jahr 2019 bestätigt. Dies, so heißt es, "basiert auf Berichten einzelner Polizeibehörden, wonach Konflikte im kriminellen Milieu zwischen etablierten und neuen Strukturen aus dem arabischen Raum erkannt wurden".

Nach den Vorfällen in Horst ermittelt die Polizei nach Darstellung der Staatsanwaltschaft Essen nun gegen sieben mutmaßliche Randalierer im Alter von 23 bis 40 Jahren unter anderem wegen des Verdachtes des besonders schweren Falles des Landfriedensbruchs. Einige von ihnen hatten bis zum 27. April eine weiße Weste. Die Mehrzahl aber ist polizeibekannt, in einer der Akten, so die Strafverfolger, finden sich aber auch sechs Vorstrafen, zu deren Qualität die Behörden allerdings keine Angaben machen. Drei der Beschuldigten aus der libanesisch-palästinensischen Familie sind in Essen geboren und aufgewachsen.

An dem Gewaltausbruch waren bis zu 40 teils vermummte Personen beteiligt

Aus Sicht des Leitenden Oberstaatsanwaltes in Essen waren an dem ersten Gewaltausbruch am 27. April bis zu 40 teils vermummte Personen beteiligt, von denen einige nach einem Wortgefecht vor allem mit Holzlatten aufeinander losgingen. "Aufgrund der örtlichen Nähe zu den


Wohnorten der beteiligten Personen erschienen in kürzester Zeit weitere,
derzeit noch zu ermittelnde Personen, die ebenfalls bewaffnet ihre Familie/Bekannten unterstützten", führt der Behördenchef aus. Passanten und Anwohner filmten die
Situation aus verschiedenen Blickwinkeln heraus. Die herbeigerufenen Polizisten mussten ihre Schusswaffen ziehen, um eine weitere Eskalation zu verhindern.

Wenige Tage später kam es zu dem zweiten Gewaltausbruch zwischen Angehörigen der beiden Familien. Alle bei diesem Einsatz vorläufig Festgenommenen wurden allerdings wieder entlassen, da ihnen keine konkreten Straftaten zur Last gelegt werden konnten. Doch einen Tag später lief eine Spezialeinheit in Horst auf, um die Wohnungen dreier Beschuldigter zu filzen. Der Verdacht, dort womöglich auf scharfe Waffen zu stoßen, bestätigte sich nicht. Was auch für die Durchsuchung der Wohnungen der beiden Brüder gilt, die seit dem 9. Mai hinter Gittern sitzen.

Immer noch werden Zeugen vernommen und die zahlreichen Videos von den Straßenkämpfen ausgewertet, um weitere Straftaten ahnden zu können, heißt es in dem Bericht.