Essen. In Essen soll es vorerst kein Testzentrum geben. Virologe Ulf Dittmer von der Uniklinik erklärt, warum er die Entscheidung begrüßt.
50 Minuten lang hing er in der Warteschleife der zentralen Essener Corona-Bürgerhotline. So schildert es Martin S. in einer E-Mail an die Redaktion. Der Mann klagt über hohes Fieber und trockenen Husten – typische Symptome, die auf die neue Viruserkrankung Covid-19 hinweisen könnten.
Mit einem Abstrich würde er gern abklären lassen, ob er sich infiziert hat. Doch das gestaltet sich schwierig: Er sei zunächst zum Gesundheitsamt verwiesen worden, dann zum Hausarzt, von dort aus wieder zum Gesundheitsamt. „Damit bin ich dann in der Endlosschleife. Zumindest habe ich unbürokratisch eine Krankschreibung erhalten“, schreibt Martin S. weiter. Getestet worden aber ist er nicht. Eine Erfahrung, die in diesen Tagen einige Bürger in Essen machen – und mobile Testzentren fordern, wie sie beispielsweise in Mülheim, Bonn und Oberhausen errichtet wurden.
Virologe lobt „Superarbeit des Essener Gesundheitsamts“
Prof. Ulf Dittmer, Chefarzt der Virologie der Essener Uniklinik, hält die Zentren in der Bekämpfung des Virus’ für wenig wirksam. Vielmehr lobt er den „Essener Weg“, da er deutlich effektiver sei: „Es macht für mich inhaltlich keinen Sinn, wenn wir tausende Tests verschwenden. Unser Gesundheitsamt macht hier eine Super-Arbeit, indem es nur begründete Verdachtsfälle durch die Feuerwehr überprüfen lässt.“
Bei der Eröffnung der Testzentren in den Nachbarstädten hätte sich in den vergangenen Tagen oft das gleiche Bild gezeigt: „Da standen teilweise 200 Menschen in der Schlange und mussten durch die Polizei auf Abstand gebracht werden. Menschen, die dort zunächst negativ getestet wurden, können schon wenige Stunden später einen positiven Befund haben“, erklärt Dittmer. Ganz zu schweigen von dem Risiko, sich vor Ort anzustecken, wenn man nicht die nun üblichen zwei Meter Abstand voneinander hält.
Virus lässt sich zu Beginn der Erkrankung kaum nachweisen
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Bei Menschen, die noch am Beginn der Erkrankung stehen, sei das Virus häufig noch nicht nachweisbar, erklärt Dittmer: „Die Viren-Konzentration ist dann oft noch zu gering.“ Sein Labor wertet aktuell rund 150 Tests am Tag aus, „die meisten davon zum Glück mit negativem Ergebnis“.
Schon jetzt sei es aber schwierig, an das notwendige Material zur Auswertung der Tests heran zu kommen: „Wir arbeiten hier in einer ständigen Mangelwirtschaft. Und da die USA nun auch verstärkt auf den Markt drängen, wird es in absehbarer Zeit kaum besser. Sowohl die eigentlichen Tests als auch die zur Auswertung notwendigen Chemikalien werden knapp“, mahnt Dittmer.
20 Labore werten die Tests in Nordrhein-Westfalen aus
Gleichzeitig beruhigen sowohl die Landesregierung als auch der Hausärzteverband Nordrhein, das es bislang noch ausreichend Testkapazitäten gebe. „Die Proben in Nordrhein-Westfalen werden dezentral von knapp 20 verschiedenen (...) Laboren durchgeführt“, heißt es auf Anfrage beim NRW-Gesundheitsministerium. Zwar lägen „keine Informationen über die Nachschubsituation der einzelnen Labore vor“. Die Industrie sei aber darauf vorbereitet, Produktionskapazitäten hochzufahren, „sollte dies durch einen deutlichen Anstieg der Testungen notwendig werden“.
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Gleichzeitig mahnt auch Monika Baaken, Sprecherin des Hausärzteverbandes, bei ersten Symptomen Ruhe zu bewahren, zu Hause zu bleiben und sich nach Möglichkeit zu isolieren: „Die Menschen sollten sich nicht blindlings testen lassen, sondern zunächst telefonisch mit dem Hausarzt Rücksprache nehmen oder eine der vielerorts eingerichteten Bürgerhotlines anrufen“, empfiehlt sie.
Die meisten Städte folgen bei ihrem Test-Vorgehen den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts: Demnach ist eine Testung bei Menschen mit Symptomen empfohlen, „wenn ein klinischer Verdacht besteht aufgrund von Anamnese, Symptomen oder Befunden, die mit einer Covid-19-Erkrankung vereinbar sind und eine Diagnose für eine andere Erkrankung fehlt“.