Essen. Stadt verzichtet auf Verbot kleiner Veranstaltungen, weil das unkontrollierbar wäre - und lässt 16.000 Atemmasken für Pflegekräfte herstellen.
Oberbürgermeister Thomas Kufen hat die Essener Bürger aufgefordert, ihre Sozialkontakte in der Corona-Krise stark zu reduzieren. „Es gilt, auf Veranstaltungen aller Art zu verzichten“, sagte Kufen. Erzwingen will die Stadt eine Abstinenz aber nicht, ein totales Verbot von Veranstaltungen wie etwa in Gelsenkirchen ist in Essen nicht geplant – „vorerst nicht“, wie Kufen einschränkte.
In Essen gilt bei Veranstaltungen ein dreistufiges Verfahren
Bis auf weiteres gilt in Essen eine Dreistufigkeit. Verboten sind alle Veranstaltungen über 1000 Teilnehmer, die Verfügung des Landes NRW lässt hier ohnehin keine Wahl. Veranstaltungen zwischen 500 und 1000 Besuchern können theoretisch stattfinden, aber nur, wenn der Veranstalter der Stadt gegenüber die strengen Hygiene-Richtlinien des Robert-Koch-Instituts nachweist, womit keiner ernsthaft rechnet. https://www.waz.de/staedte/essen/corona-krise-unausweichlich-massnahmen-an-uniklinik-essen-id228691537.html
Genehmigungsfrei sind weiterhin Veranstaltungen zwischen 25 und 499 Teilnehmern. Nach Ansicht von Ordnungsdezernent Christian Kromberg kollidieren hier zwei Grundrechte, nämlich die freie Entfaltung und der Gesundheitsschutz. Aber auch pragmatische Gründe sprächen gegen ein Totalverbot. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen, denn wir haben gar nicht die Möglichkeit zu verhindern, wenn sich irgendwo ein Chor mit 30 Leuten trifft“, so Kromberg.
Ordnungsdezernent Kromberg setzt auf die Vernunft der Bürger
Kromberg setzt auf die Vernunft der Bürger. „Und wenn ich den bisherigen Verlauf dieser Krise sehe, dann ist diese Hoffnung berechtigt.“ Bei den großen Veranstaltungen werde die Stadt aber bei Verstößen gegen das Verbot die Zähne zeigen: „Das werden wir durchsetzen“, verspricht Kromberg.
Konzentrieren will sich die Stadt darauf, diejenigen zu schützen, die am stärksten gefährdet sind: ältere und pflegebedürftige Menschen. Wer in der Pflege tätig ist, sei es stationär, ambulant oder privat im familiären Rahmen, soll grundsätzlich mit Mund- und Nasenschutz arbeiten. Weil es keine Masken gibt, hat die Stadt Essen zur Selbsthilfe gegriffen und will nun bis Ende nächster Woche 16.000 Stück herstellen lassen.
Atemmasken in eigener Herstellung - um pflegebedürftige Menschen zu schützen
„Es ist uns gelungen, eine Firma zu finden, die pro Tag 2000 herstellen kann“, sagt Gesundheitsdezernent Peter Renzel. Die Rohstoffe hat die Stadt selbst gekauft. Unterstützen werden Sozialverbände, die die Atemmasken in Handarbeit herstellen. Die Bedarf ist jedenfalls riesig. „Es gibt in Essen allein 24.000 pflegebedürftige Menschen.“
Nach Ansicht von Prof. Ulf Dittmer, Direktor der Klinik für Virologie im Uniklinikum, ist die Stadt Essen damit genau auf dem richtigen Weg. Auch das pragmatische Handhaben des Veranstaltungsthemas sei richtig. Die Ansteckungsgefahr werde wahrscheinlich noch monatelang bestehen, es sei nicht möglich das städtische Leben über solche Zeiträume komplett auf Null zu setzen.
Gesundheitsdezernent Renzel sieht Schließung von Schulen und Kitas kritisch
Kritisch sehen sowohl Dittmer wie auch Renzel die Maßnahme der Landesregierung, Schulen und Kitas zu schließen. „Wenn wir die Infrastruktur kaputt machen, dann wird das unerwünschte Folgen haben. Mütter und Väter, die im medizinischen Bereich arbeiten, seien dann nicht mehr in der Lage, ihren Aufgaben im vollen Umfang nachzugehen“, so Dittmer. Das sei kontraproduktiv.
Einige wichtige Nachrichten vom heutigen Tag rund um das Coronavirus in Essen:
Die Stadt hat gestern morgen acht neue Ansteckungsfälle gemeldet. Insgesamt sind - Stand gestern abend - nun 19 Essen infiziert
DRK-Senioren- und Pflegezentren in Essen bleiben ab Samstag, 14. März, für Besucher geschlossen. Konkret gilt dies für die Seniorenzentren Freisenbruch und Rüttenscheid und für das Pflegezentrum Solferino in Horst. „Es ist uns ein großes Anliegen, die Bewohnerinnen und Bewohner unserer Einrichtungen zu schützen“, so Frank Dohna, Kreisgeschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Essen.
Die Theater und Philharmonie Essen GmbH sagt alle Eigenveranstaltungen mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres ab. Die Regelung betrifft das Aalto-Theater, die Philharmonie Essen, das Grillo-Theater sowie Casa und Box. Der Ticketverkauf für die noch bis zum Ende dieser Spielzeit geplanten Veranstaltungen wird zunächst ausgesetzt.
Auch das Welterbe Zeche Zollverein macht zur Eindämmung des Coronavirus dicht. Die Stiftung Zollverein und Ruhr Museum schließen ab Montag, 16. März, bis zunächst Sonntag, 19. April, sämtliche Einrichtungen und streichen alle Angebote auf dem Welterbe.
Die Folkwang-Universität der Künste verlängert ihre vorlesungsfreie Zeit bis zum 20. April. Abgesagt sind außerdem alle öffentlichen Veranstaltungen an allen Folkwang Campus in Essen, Duisburg und Bochum. Studierende sollen ab 19. März die Hochschulräumlichkeiten nicht mehr betreten.
Das Bistum Essen schließt die Domschatzkammer vorerst bis zum 3. April. Konzerte, Lesungen und Tagungen im Bistum Essen fallen aus. Die Gottesdienste im Dom und in der Anbetungskirche an Sonn-, Werk- und Feiertagen finden vorerst weiter statt, teilt das Bistum Essen mit, allerdings ohne Begleitung durch die Chormusik. Domsingknaben und der Mädchenchor am Essener Dom setzen ihre Proben vorerst bis nach den Osterferien aus.
Die VHS am Burgplatz hat ihren Betrieb eingestellt: Gestrichen ist auch die Diskussionsveranstaltung Gestrichen ist damit auch die Diskussionsveranstaltung „Essen kontrovers“, die sich am Montag, 16. März mit dem Thema „Partnertausch im Parlament - die vielen Wechsel im Rat der Stadt“ auseinandersetzen wollte
Villa Hügel und Park bleiben für den Besucherverkehr ab sofort geschlossen.
Als Eigentümerin der Villa Hügel habe die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung entschieden, den Hügelpark und die Villa ab dem 14. März bis auf weiteres zu schließen.
Die IHK zu Essen hat vom 16. März bis 24. April alle Prüfungen abgesagt. Die Fachkundeprüfungen für den Taxi- und Mietwagenverkehr am 16. März finden noch statt.
Die Stadtverwaltung bittet, nicht notwendige Behördengänge zu verschieben und stattdessen auf die Online-Services der Stadt Essen zurückzugreifen.