Essen. Eine Antikörpertherapie kann Risikopatienten sehr gut bei Corona helfen. Die Uniklinik Essen rät dazu, doch: Man darf noch nicht erkrankt sein.

Das Uniklinikum Essen hat jetzt einen Aufruf gestartet und wirbt für eine Antikörper-Therapie bei einer Corona-Infektion. Denn auch viele niedergelassene Ärzte wüssten nicht, dass Antikörper gerade bei Risikopatienten hervorragend vor schweren Verläufen von Covid-19 schützen, wenn man positiv auf Corona getestet wurde. Doch: Patienten müssen kommen, wenn sie noch nicht krank sind.

„Eine Antikörper-Therapie kann Corona-Viren sehr früh unschädlich machen“, sagt Prof. Ulf Dittmer, Chef-Virologe des Uniklinikums Essen im Gespräch mit dieser Zeitung. Doch die Therapie muss früh beginnen, sagt Dittmer: „Man darf noch keine oder nur sehr milde Krankheitssymptome verspüren“.

„Cocktail“ aus zwei Antikörpern gegen Corona

Bei derartigen Mitteln handelt es sich um sogenannte monoklonale Antikörper, die im Labor hergestellt werden. Sie sollen das Virus nach einer Infektion außer Gefecht setzen. Monoklonal heißt, dass die eingesetzten Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierten Ziel angreifen.

Am Uniklinikum Essen werde das Medikament des US-Herstellers Regeneron verwendet, erklärt Dittmer. In dem Medikament sind im Stile eines „Cocktails“ die zwei monoklonalen Antikörper Casirivimab und Imdevimab gemischt. Das erhöhe die Chancen, dass mindestens eines im Körper wirke. Sie richten sich gegen zwei Regionen des Spike-Proteins auf der Oberfläche des Virus Sars-CoV-2.

Antikörpertherapie muss beginnen, wenn man sich noch nicht krank fühlt

Ausschlaggebend für den Erfolg einer Therapie, die wenige Tage dauert und „sehr wenig Nebenwirkungen“ zeige, ist allerdings, „dass sich Corona-Infizierte so früh wie möglich melden“, sagt Dittmer: Wenn man schon richtig erkrankt sei, „können Antikörper nicht mehr eingesetzt werden.“ Sie können dann sogar eine Infektion verschlimmern, warnt Dittmer.

Bei den „kurzfristigen und seltenen“ Nebenwirkungen handle es sich nach Angaben von Prof. Oliver Witzke, Direktor der Klinik für Infektiologie am Uniklinikum Essen, um allergische Reaktionen, wie zum Beispiel Hautausschlag mit Juckreiz. In schlimmeren Fällen könne es auch zu einem Asthmaanfall kommen.  

Der Bund hat das Antikörper-Medikament des US-Herstellers Regeneron eingekauft und stellt es den Unikliniken zur Verfügung. Formal ist das Medikament in Deutschland nicht zugelassen, sei aber geprüft: ,,Solche Zulassungsprozesse dauern normalerweise mindestens zwei Jahre“ , erklärt Witzke. Das liege auch an bürokratischen Hürden.

Die Patienten sollten aber keine Angst vor dem Produkt haben. Ganz im Gegenteil: Es sei eine positive Nachricht, dass diese Antikörper-Therapie so gut wirke. Nicht jeder Risikopatient, der sich mit SARS-CoV-2 infiziert hat, erkrankt zwar hinterher auch schwer an Covid-19. Dennoch: „Ich denke, wir können mit dieser Antikörper-Therapie vielen Menschen helfen und sie vor der Intensivstation bewahren“, ist Witzke überzeugt.

Der Aufruf des Uniklinikums Essen richtet sich an Menschen aus der Gruppe der Über-60-Jährigen und solche mit Vorerkrankungen, wie etwa Lungenproblemen oder anderen chronischen Erkrankungen. So könnten bei Covid-19 schwere Krankheitssymptome erst mehrere Tage nach einer Infektion auftauchen: Wer aus dieser Patientengruppe also einen positiven Coronatest hat, aber noch keine oder wenig Krankheits-Symptome verspürt, „sollte sich umgehend im Uniklinikum Essen melden“, rät Dittmer. „Dann muss möglichst schnell mit der Antikörper-Therapie begonnen werden“.

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Medikament schützt sehr gut vor schwerem Covid-19-Verlauf

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Die Erfolgsaussichten der Therapie seien extrem gut, meint Dittmer: „Wir hatten bisher keinen einzigen schweren Verlauf nach Therapie einer Infektion.“ Warum das aus Sicht von Dittmer bisher aber nur wenig bekannt sei? Womöglich liege dies an einem Widerspruch, sagt der Virologe: Denn man muss sich ins Krankenhaus begeben, wenn man eigentlich noch gar nicht krank ist.

Wer sich von dem Aufruf angesprochen fühlt, kann sich bei der zentralen Notaufnahme Nord (externer Link) der Uniklinik Essen melden - oder in der Klinik für Infektiologie. (externer Link)

Das komplette Gespräch mit Prof. Ulf Dittmer finden Sie in der aktuellen Podcast-Folge von „Das Corona-Update für NRW.“ Diesmal geht es unter anderem um die Frage, wer über Schulunterricht in der Pandemie entscheiden sollte und warum Virologen diese Entscheidung nicht treffen können. Außerdem: Steigen die Zahlen, weil wir mehr testen? (dae)

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