Essen. Viele Essener Gastronomen wickeln die meisten Bestellungen über Lieferando ab. Warum einer trotzdem versucht, den Lieferservice „zu knacken“.
Aufgegeben hat Ashish Gurung noch nicht, auch wenn sein „Kampf“ gegen den großen Lieferservice aussichtslos erscheint. „Lieferando hat ein Monopol“, sagt der Inhaber von Dui Sushi auf der Grenze von Essen-Rüttenscheid und -Südviertel. „Ich versuche aber, Lieferando zu knacken.“
Aktuell sieht sich der 51-Jährige noch gezwungen, über den omnipräsenten Anbieter seine japanischen Spezialitäten wie Sushi anzubieten. „Ich muss da mitmachen“, sagt Gurung, der parallel einen eigenen Bestellshop betreibt – in den er weiter investieren will, um wieder unabhängig zu werden. Derzeit kommen über seinen Shop aber längst nicht so viele Bestellungen rein wie über den Anbieter, dessen orange ausgestatteten Fahrer auch in Essen längst zum Stadtbild gehören. Vor allem nachdem andere Services wie Foodora, Deliveroo, Lieferheld und pizza.de vom Markt verschwunden sind.
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Lieferservice: Früher wurde viel telefonisch abgewickelt, nun online
Von diesen Fahrern kommt bei Dui Sushi an der Rellinghauser Straße aber niemand zum Einsatz. Ashish Gurung hat seinen eigenen Lieferservice, Lieferando dient ihm als Plattform. 13 Prozent Provision streiche das Unternehmen für die Vermittlung von Bestellungen ein, die ausgeliefert werden. „Wenn man das zusammenrechnet mit Mehrwertsteuer und meinem eigenen Lieferdienst, landet man bei ungefähr 30 Prozent“, so der Gastronom. In dieser Kalkulation ist der Einkauf der Zutaten für die Essenszubereitung noch nicht eingerechnet.
Seit 20 Jahren hat der 51-Jährige Erfahrungen im Bereich Lieferservice. „Früher lief vieles telefonisch, heute sind die Kunden online.“ Ashish Gurung strebt an, dass seine Kunden im Netz nicht mehr über Lieferando, sondern über die eigene Homepage bestellen. „Lieferando ist sehr stark – die gehen mit jedem Klick nach oben.“ Der Dui-Shushi-Inhaber meint damit das Google-Ranking, bei dem seine Homepage mit dem großen Lieferando in Konkurrenz steht.
Essener Gastronom: „Jede Bestellung über Lieferando ist trotzdem ein 100 prozentiger Umsatzgewinn
Es gibt in der Gastronomieaber auch ganz andere Stimmen, beispielsweise die von Lars Becker. Der Inhaber des Brauhauses „Der Löwe“ am Kopstadtplatz in der Essener Innenstadt zahlt im Vergleich zu Ashish Gurung sogar 30 Prozent pro Lieferung an Lieferando und sagt trotzdem: „Die Provisionen sind angemessen.“
Im Unterschied zum Dai Shushi hat der Gastronom keinen eigenen Lieferservice, sondern nutzt den „Service von Lieferando zu 100 Prozent“. Das erklärt die höheren Abgaben. Nach Angaben von Lieferando selbst nutzt deutschlandweit jeder zehnte Partner-Gastronom dieses Rundum-Paket.
Geht im „Löwen“ eine Bestellung über den Anbieter ein, wird das Essen zubereitet und dann von einem Fahrer abgeholt. Becker vergleicht das mit einem Taxi-Service, der in diesem Fall nicht per Auto sondern Rad zur Abholung kommt. Wer gerade der Fahrer ist, weiß Becker im Vorfeld nicht, das wechsele durch.
„Wir selbst können und wollen es uns gar nicht leisten, einen eigenen Fahrer vorzuhalten“, sagt Becker. „Natürlich reduziert das unsere Marge, aber jede Bestellung über Lieferando ist trotzdem ein 100 prozentiger Umsatzgewinn für uns.“ Wie auch Dai Sushi ist „Der Löwe“ schon vor der Pandemie Partner des großen Lieferservice geworden. „Zu Beginn kamen sehr wenig Bestellungen über Lieferando“, sagt Becker. „Mit Corona hat das aber sehr gut angezogen.“
Mit der Corona-Pandemie wuchsen die Online-Bestellungen von Essen
Diese Beobachtung deckt sich mit einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbandes Bitkom. Danach gaben 40 Prozent der Teilnehmer an, bereits vor der Pandemie online Essen bestellt zu haben, 53 Prozent waren es dann im Corona-Juni 2020. Dieser Wert dürfte zwischenzeitlich weiter gestiegen sein.
Die Abhängigkeit im Abhol- und Liefergeschäft sei mit Sicherheit größer geworden, erklärte Thorsten Hellwig, Dehoga-NRW-Sprecher, dieser Zeitung vor einigen Wochen. „Unser Fokus gilt der Höhe der Provisionen, die jetzt schon sehr hoch sind. Manche Gastronomen wünschen sich eine Deckelung, wie es sie teilweise in den USA schon gibt“, so Hellwig, der auf einen „vitaleren Markt mit mehreren unterschiedlichen Anbietern“ hofft.
Ashish Gurung geht da bekanntlich ein Stück weiter und würde sein Liefergeschäft gerne wieder komplett auf eigene Füße stellen: „Ich versuche, zu sagen: Adios Lieferando.“
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