Essen. Das Fernweh ist groß – doch in Essener Reisebüros ist die große Buchungswelle bereits wieder abgeflacht. Diese Faktoren hemmen die Urlaubslust.
Der wolkenverhangene Himmel über Essen dürfte aktuell in vielen Menschen Fernweh auslösen. Doch die Buchungseuphorie in den Reisebüros hat in vergangenen Wochen nachgelassen, so schildern einige Essener Anbieter. Grund dafür sollen auch die steigenden Corona-Inzidenzen in Reisezielen rund ums Mittelmeer sein.
Reisebüro-Leiter aus Essen: Manche Kundschaft „zuckt zurück“
„Die Euphorie war gar nicht so groß, wie es zwischenzeitlich rüberkam,“ sagt Frank van Ampting von „Reisefieber/1a-Seereisen“ in Schonnebeck. In einigen Reise-Destinationen seien nun neue Corona-Auflagen hinzugekommen und führten mancherorts zu stärkeren Einschränkungen, als sie derzeit hierzulande gelten – so bestätigen es auch weitere Reisebüro-Leitungen.
Die Kundinnen und Kunden kämen nun häufig mit einer konkreten „vorgefertigten“ Idee auf ihn zu. „Die Leute wollen weg, aber haben eine ganz bestimmte Vorstellung ihrer Reise,“ sagt der Essener Reisebüro-Leiter. Wenn die Auslandsreise dann zu umständlich erscheint, würden manche Kunden „zurückzucken“. Sie sagen: „Dann kaufe ich mir ein Pool für den Garten und fahre nicht weg,“ berichtet van Ampting.
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„Wir sind spezialisiert auf Kreuzfahrten und buchen immer weiter um, um, um. Mittlerweile sind wir schon mit Umbuchungen in das Jahr 2023 angekommen.“ Selbst neue Angebote von TUI oder AIDA, sogenannte „Blaue Reisen“ – einwöchige Kreuzfahrten ohne Landgang – würden von der Kundschaft noch sehr zögerlich angenommen.
Reisebüro Atlantik: Über 60-Jährige buchen nur zurückhaltend
Zurückhaltend seien aktuell die über 60-Jährigen, berichtet Roland Bonewitz, der das Reisebüro Atlantik in Frohnhausen leitet. „Die Leute sind sehr nervös. Sie fürchten sich vor der Coronavirus-Mutation und prüfen bedacht die Reiseangebote,“ so der Reisebüro-Leiter.
Die aufgrund der steigenden Corona-Inzidenzen verschärften Auflagen in Spanien und und Portugal machten die Urlaubs-Entscheidung für viele Reisedurstige noch schwerer. „Sie müssen aktuell einen ,Preis’ zahlen, wenn sie in den Urlaub wollen,“ so Bonewitz.
Ab in die Sonne: Viele Essener verspürten derzeit „Regenallergie“
Bei Atlantik Reisen lasse man sich perspektivisch „vom Auswärtigen Amt überraschen“. Das regnerische Wetter der vergangenen Tage spiele dem Büro allerdings in die Hände. „Die Leute wollen Wärme und Abstand von allem,“ sagt Bonewitz.
„Regenallergie“ nennt das Karl Luke von „Lucky Luke Tours“ im Essener Nordviertel. In Zeiten hoher Nachfrage nach Mittelmeer-Reisen in den letzten Wochen, sei für ihn doch zu spüren: „Die Fernreisen liegen nach wie vor brach.“
„Zarte Pflanze Tourismus wäre nachhaltig zerstört“
Viele Kundinnen und Kunden steckten zwischen „Rat-suchen und Verzweifeln“ fest. Sie wollten um jeden Preis verhindern, nach der Rückkehr in Quarantäne zu müssen. Zudem würden sich Familien mit ungeimpften Kinder große Sorgen machen.
Luke hegt die große Hoffnung, dass trotz steigender Corona-Zahlen in Ländern wie Spanien, diese nicht zu Hochrisikogebieten erklärt werden. „Dann wäre die zarte Pflanze Tourismus nachhaltig zerstört“.
Keine Pilgerreisen wegen Einreiseverbots
Für Hasan Rami Balcok ist es eine „unberechenbare Situation“. Den Reisebüroleiter hätten viele Anfragen für Türkeireisen erreicht: Von rund 90 Prozent vor den Schul-Sommerferien seien diese Buchungen nun auf 50 Prozent herunter gegangen.
Sein Reisebüro „Balcok Reisen“ in Altenessen ist auf islamische Pilgerfahrten spezialisiert – vor der Pandemie verkaufte er daher insbesondere Fahrten nach Mekka und Medina. „Doch das Problem ist: Saudi-Arabien hat das Einreiseverbot noch nicht aufgehoben,“ sagt Balcok, „Sehr viele rufen an und wollen wissen, wann es wieder losgeht. Ich hoffe auf September.“ Er vermute aber, dass auch in der Zukunft die Pilgerreisen Hadsch und Umra weniger gebucht werden.
In der Pandemie bucht die Essener Kundschaft besonders kurzfristig
Das „TUI Reisebüro“ am Handelshof vor dem Essener Hauptbahnhof erreichen derzeit vor allem kurzfristige Buchungen. „Gerade eben habe ich noch ein Buchung für einen Abflug in zwei Tagen entgegengenommen,“ berichtet Reisebüro-Leiter Sebastian Rautenberg.
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Das Top-1-Reiseziel mit Blick auf die Winterurlaub-Buchungen seien aktuell die Malediven, gefolgt von weiteren Warmwasserzielen, den Kanaren und Ägypten. „Da mittlerweile auch jüngere Kundinnen und Kunden durchgeimpft sind, ist bei dieser Gruppe keine Verunsicherung mehr da.“
In Corona-Zeiten geht laut dem Reisebüro-Leiter der Trend allerdings klar zu durchgeplanten Touren. „Individualreisen und Rundreisen gehen ganz schlecht weg“ – nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlich hohen Inzidenzen an verschiedenen Urlaubsstationen. „Individualreisen haben klar abgenommen, viele flüchten sich in Pauschalreisen,“ so bestätigt auch Karl Luke von „Lucky Luke Tours“.