Duisburg. Die Staatsanwaltschaft Duisburg schiebt weiter zigtausend offene Fälle vor sich her. Wo es schon besser geworden ist und wo Entlastung nötig wäre.

  • Wegen zigtausender offener Fälle führte die Staatsanwaltschaft Duisburg 2023 ein Ranking zusammen mit Köln an.
  • Inzwischen wurde Personal aufgestockt und eine Nebenstelle eingeweiht.
  • Warum es immer noch viele offene Fälle gibt, die Behördenleiterin aber dennoch zufrieden ist.

Mord und Totschlag, Wirtschaftskriminalität und Betrug, Geldwäsche und Drogendelikte: Alles, was Thema von Krimiserien ist, landet auch ganz echt auf den Schreibtischen der Staatsanwaltschaft Duisburg. Und wenn die Polizei eine Razzia durchführt, wird es gleich ein ganzer Schwung zusätzlicher Verfahren.

Die Zuständigkeit der Behörde erstreckt sich neben Duisburg auch über den Kreis Wesel mit den Städten Dinslaken und Moers, außerdem über Mülheim und Oberhausen. Da kommt also ganz schön was zusammen. 2023 hatte der Richterbund allerdings eine aufschreckende Zahl veröffentlicht: Duisburg stand auf der Liste jener NRW-Behörden mit den meisten unerledigten Fällen auf Platz zwei gleich hinter Köln. 23.500 Fälle warteten da auf ihre Bearbeitung, kurz nach der Veröffentlichung waren es sogar über 26.000. Hat sich die Situation inzwischen entspannt?

Staatsanwaltschaft Duisburg: 19.500 Verfahren sind aktuell offen

Nils Wille, Oberstaatsanwalt und Leiter der Pressestelle, kann leichte Entwarnung geben: Der Bestand an noch nicht erledigten Ermittlungsverfahren habe durch „überobligatorischen Einsatz“ aller Dienstzweige bis Ende des Jahres 2024 auf rund 19.500 Verfahren reduziert werden können. Unvorhergesehene zusätzliche Belastungen wie die Überprüfung einer Vielzahl erledigter Verfahren aufgrund der Cannabis-Legalisierung im April 2024 seien hinzugekommen.

„Mit diesem Ergebnis bin ich in Ansehung der hohen Belastung aller Bediensteten an meiner Behörde sehr zufrieden“, sagt die Leitende Oberstaatsanwältin Dr. Karin Schwarz.

Neue Chefin der Staatsanwaltschaft Duisburg
Die leitende Oberstaatsanwältin Dr. Karin Schwarz, hier bei ihrer Amtseinführung im März 2024, betont die hohe Belastung in der Staatsanwaltschaft. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Geholfen habe, dass alle offenen Stellen besetzt werden konnten. Nils Wille betont allerdings: Die Belastung der Staatsanwaltschaft Duisburg ist weiterhin in allen Dienstzweigen hoch. Denn faktisch seien Arbeitsplätze in der Behörde auch längerfristig nicht besetzt, etwa wegen Erkrankungen, schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverboten, Mutterschutz und Elternzeiten sowie vorübergehenden Abordnungen an andere Behörden. Außerdem sei der grundsätzliche Stellenbedarf in allen Dienstzweigen vom Wachtmeister bis zum Leitenden Oberstaatsanwalt höher als aktuell genehmigt.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg wird größer: Einladung zur Einweihung der neuen Nebenstelle
Im Dezember 2023 wurden die Räume der neuen Nebenstelle der Staatsanwaltschaft in Hamborn vorgestellt. Die Staatsanwältinnen Katharina Schmidt (li.) und Marieluise Hepe sowie Oberstaatsanwalt Nils Wille sind froh über mehr Platz für das Team. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Staatsanwaltschaft reagiert auf Fokus der polizeilichen Ermittlungen mit eigenem Personal

Die Staatsanwaltschaft reagiert bei der Personalplanung auch auf Schwerpunkte, die die Polizei setzt. So hat man auf den polizeilichen Fokus für die Bekämpfung der Clankriminalität mit vier Sonderstellen reagiert. Der Verfolgungsdruck und die Verfahrenseingangszahlen seien durch viele polizeiliche Kontrollen weiterhin hoch, sagt Wille.

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Rückstände, die sich in der Wirtschaftsabteilung aufgebaut hatten, konnten fast vollständig abgebaut werden. Wirtschaftsstrafsachen sind häufig sehr komplexe und umfangreiche Verfahren, bei denen Geschäftsunterlagen aus mehreren Jahren untersucht werden müssen, erklärt der Pressesprecher. In vielen Fällen sei auch eine sachverständige Begutachtung notwendig. Zudem würden Beschuldigte zumeist von versierten Strafverteidigern vertreten. Durch Umverteilungen liege der Fokus weiterhin auf der Erledigung älterer Wirtschaftsstrafverfahren.

Rückstände von rund 2000 Akten warten jede Woche auf Bearbeitung

Zumindest das Problem der Raumnot ist gelindert, weil die Duisburger Staatsanwaltschaft Ende 2023 eine Nebenstelle in Hamborn beziehen konnte. Doppelbüros bei den Staatsanwälten und dreifach belegte Sekretariate konnten aufgelöst werden. Dank der vergrößerten Lagerfläche sei das Arbeiten insgesamt einfacher. „Die räumliche Entlastung in beiden Häusern und die angenehmere Arbeitsatmosphäre für alle Bediensteten ist motivierend gewesen und in der gesamten Behörde deutlich spürbar“, betont Wille.

Lagerplatz ist noch eine ganze Weile nötig, auch wenn die Digitalisierung voranschreitet. Ab 2026 sind alle Staatsanwaltschaften verpflichtet, auf E-Akten umzusteigen. Die Duisburger Behörde beteiligt sich an einem Pilotprojekt und hat deshalb schon viele Verfahren digitalisiert.

Noch stapeln sich aber auch rosa Aktendeckel in den Büros, zum Teil länger als wünschenswert. Immerhin sei der Rückstand abgebaut worden auf eine „wöchentlich schwankende Zahl von um die 2000“, berichtet Wille. Um einen Eindruck davon zu bekommen, mit wie vielen Verfahren sich die Staatsanwaltschaft beschäftigt: Allein im Januar 2025 gingen 8500 Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte in Duisburg ein. Im Schnitt sind es sonst eher 7500.

Keine Verjährungen in Strafsachen wegen des Personalmangels

Zu Verjährungen bei der Strafverfolgung sei es durch den Personalmangel oder aus anderen behördeninternen Gründen in Ermittlungsverfahren, insbesondere in Ordnungswidrigkeitenverfahren, nicht gekommen, betont Wille. „Dies schließt jedoch nicht aus, dass es in Einzelfällen aus unterschiedlichen Gründen – auch aufgrund von Organisationsmängeln im Einzelfall – zu (Teil-) Verjährungen gekommen ist.“

In zwei Fällen sei eine Verfolgungsverjährung in Ordnungswidrigkeitenverfahren festgestellt worden, weil die jeweiligen Akten fehlerhaft in der Registratur eingeordnet wurden. Zu Ordnungswidrigkeiten gehören etwa Falschparken, Lärmbelästung oder Illegale Müllentsorgung.

Dieser Artikel ist erstmals am 14. Februar online gegangen.