Duisburg. Duisburg will drei riesige Neubaugebiete mit einer Seilbahn ab dem Hauptbahnhof verbinden. Für Befürworter gibts gute Neuigkeiten und verblüffende Details.

Die Duisburger Seilbahn-Pläne haben laut Gutachtern gute Chancen auf eine Realisierung: Eine vertiefte Nutzen-Kosten-Untersuchung im Auftrag der Gebag kommt zu dem Ergebnis, dass die urbane Seilbahn mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kriterien erfüllt, um von Bund und Land mit vielen Millionen Euro gefördert zu werden. Darum will das Projektteam dem Rat noch vor den Kommunalwahlen im September vorschlagen, die Stadt mit der Erarbeitung der konkreten Förderanträge zu beauftragen.

„Wir gehen im Moment davon aus, dass die urbane Seilbahn die Förderkriterien erfüllen wird“, sagt Jens Sperke, bei der Gebag Bereichsleiter Flächenentwicklung. Sein Kollege Stefan Christochowitz, Projektleiter für Duisburger Dünen und Seilbahn, konkretisiert: „Unsere Untersuchung kommt zum Ergebnis, dass 75 bis 90 Prozent der Kosten durch Fördermittel abgedeckt werden könnten.“ Die Projektgruppe könne der Politik daher nach der sorgfältigen Prüfung guten Gewissens empfehlen, dem offiziellen Einstieg der Stadtverwaltung in den aufwendigen Förderprozess nach dem „Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz“ zuzustimmen.

Urbane Seilbahn Duisburg: Nutzen-Kosten-Untersuchung bescheinigt Wirtschaftlichkeit

Das „Kompetenzteam“ urbane Seilbahn hat etwa 25 Mitglieder, dazu zählen Mitarbeitende der städtischen Töchter Gebag, Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) und Stadtwerke, Beschäftigte der Stadt sowie externe Gutachter und Planer aus der Branche der Seilbahnbauer und -betreiber. Die Gruppe sei zudem mit Vertretern der Fördermittelgeber im Gespräch und habe eine „sehr intensive Untersuchung“ durchgeführt, die „weit über die Machbarkeitsstudie hinaus geht“, so Christochowitz. Diese erste Machbarkeitsstudie mit dem Trassenverlauf hatte die Gebag Ende 2023 vorgelegt.

So könnte die Seilbahn-Station im Technologiequartier Wedau aussehen.
So könnte die Seilbahn-Station im Technologiequartier Wedau aussehen. © Gebag | CKSA/Moren

Bei der tiefer gehenden Analyse habe man sich nun möglichst genau an den Kriterien der „Standardisierten Bewertung“ orientiert, um einen Vorabtest für den späteren Förderantrag beim Bund zu erstellen.

Die „Standardisierte Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen“ im öffentlichen Personennahverkehr ist ein vorgegebenes Verfahren zur gesamtwirtschaftlichen Nutzen-Kosten-Untersuchung und Folgekostenrechnung von ÖPNV-Projekten. Der Ergebniswert gibt das Nutzen-Kosten-Verhältnis an. 1,2 beispielsweise bedeutet, dass der Nutzen das 1,2-fache der Kosten beträgt. Projekte mit einem Wert größer als 1 erfüllen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und dürfen gefördert werden. „Wir liegen nach unsere Analyse weit über 1“, sagt Jens Sperke.

Die Realisierung der urbanen Seilbahn würde nach aktuellem Stand laut Verkehrsdezernent Martin Linne 120 bis 130 Millionen Euro kosten. Eine Bauchance gibt es nur, wenn Bund und Land den Großteil der Kosten übernehmen. Das Bundesverkehrsministerium hat großes Interesse am Bau von städtischen Seilbahnen, wie es sie auch in immer mehr europäischen Städten gibt. Dieser Tage etwa startet der Betrieb einer Verbindung, die südlich von Paris drei Gemeinden mit einer 5,4 Kilometer langen Strecke verbindet.

Gebag: Positive Rückmeldungen aus Berlin und Düsseldorf

„Wir stehen in Deutschland an der Spitze der Bewegung“, sagt Projektleiter Christochowitz. Er habe das Projekt auch im Berliner Verkehrsministerium und im Umweltministerium NRW vorgestellt und sei auf „positive Resonanz gestoßen“, das Interesse sei groß. Duisburgs Seilbahn gelte als eines der deutschen Vorzeige-Projekte.

Das liegt auch an den einmalig günstigen Voraussetzungen. Die wichtigsten:

  • Die 5,4 Kilometer lange Strecke führt nahezu vollständig über Flächen der Stadt beziehungsweise der Gebag, es droht kein Widerstand privater Grundstücksbesitzer (an dem viele Projekte scheitern).
  • Die Seilbahn mit ihren sieben Stationen würde drei große Zukunftsquartiere an DVG- und Bahnnetz anbinden.
  • Es gäbe sehr viele potenzielle Fahrgäste: Die Seilbahn würde die Duisburger Dünen am alten Güterbahnhof (Plan: 4000 bis 5000 Bewohner, 7000 bis 8000 Arbeitsplätze), den Sportpark mit der Schauinsland-Reisen-Arena, das Technologiequartier Wedau (Universitätscampus mit 12.000 Studierenden und 1500 Mitarbeitenden) und NRWs größtes Neubaugebiet 6-Seen Wedau (7000 Bewohner) verbinden.

Die einzige realistische Alternative zur Erschließung von Dünen und Technologiequartier wäre Busverkehr. Aber in den Spitzenzeiten am Morgen und Nachmittag „müssen 1500 Fahrgäste bewältigt werden“, so Christochowitz. Das sei mit erheblichem Aufwand vielleicht noch zu schaffen, vor allem aber „finden Fahrgäste Busse nachweisbar wesentlich unattraktiver als schienengebundene Verkehrsmittel“. Zudem werde für den Busverkehr viel Personal benötigt, das schon heute schwer zu finden sei.

Ist mit der Seilbahn-Branche und den Ministerien im Austausch: Projektleiter Stefan Christochowitz (Gebag).
Ist mit der Seilbahn-Branche und den Ministerien im Austausch: Projektleiter Stefan Christochowitz (Gebag). © Gebag | Bettina Osswald 2021_mail@photographie-osswald.de

„All diese Probleme hat die Seilbahn nicht“, sagt Christochowitz. Die Seilbahn sei als lange erprobtes Verkehrsmittel „hochattraktiv“, werde wegen teilautonomer Betriebssysteme viel weniger Personal benötigen und könne sogar ein Pluspunkt von Dünen und Technologiequartier im Wettbewerb um Firmen werden.

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97 Gondeln im 30-Sekunden-Takt

Das Projektteam hat den Betrieb bereits simuliert: Auf der 5,5 Kilometer langen Strecke könnten 97 Gondeln zwischen Hauptbahnhof und 6-Seen-Wedau pendeln. Jede Gondel bietet zehn Fahrgästen Platz. „Das System ist komplett barrierefrei“, erklärt Christochowitz. „Und wie in der Bahn können Sie auch Ihr Fahrrad mitnehmen.“

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Er schwärmt: „Sie müssen auch nicht auf einen Fahrplan schauen, Sie gehen einfach zur Station und steigen mit Ihrem Deutschlandticket ein.“ Denn wegen der Vielzahl an Gondeln hebt dauernd eine ab. Zwischen 7 und 9 sowie 16 und 18 Uhr ist ein 30-Sekunden-Takt geplant, am Rest des Tages vergeht eine knappe Minute zwischen den Abfahrten ... sofern sie denn überhaupt kommt, die urbane Seilbahn. Sie ist aber anscheinend weit mehr als unrealistischer Blindflug.

Die Visualisierung zeigt die Trasse der urbanen Seilbahn Duisburg (links: Arena, Mitte: Sportpark, vorne: Technologiequartier Wedau).
Die Visualisierung zeigt die Trasse der urbanen Seilbahn Duisburg (links: Arena, Mitte: Sportpark, vorne: Technologiequartier Wedau). © Gebag | CKSA/Morean

>> URBANE SEILBAHNEN IN NRW: KONKURRENZ UM FÖRDERGELDER

  • In Herne wird seit Jahren über den Bau einer Seilbahn diskutiert, die den Wanner Hauptbahnhof mit dem Blumenthal-Gelände verbindet (Streckenlänge: 1050 Meter). Auch dort hat eine erste Machbarkeitsstudie ergeben, dass der Bau realistisch und förderfähig ist.
  • Entsprechend herrscht eine Konkurrenz der Kommunen um Fördermittel aus NRW. „Das Land wird nicht Bonn, Duisburg und Herne bezahlen können“, meint Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD).
  • In Bonn soll die Seilbahn über den Rhein schweben und rechtsrheinische Stadtteile mit dem Bundesviertel und dem von Verkehrsproblemen und Parkplatznot leidenden Venusberg verbinden.

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