Duisburg. In einem bekannten Duisburger Hochhaus fallen Heizungen aus, oft gibt es kein Wasser im Bad – teils wochenlang. Das sagt die Hausverwaltung.
Eine Dusche am Morgen ist für viele Bewohner eines Duisburger Hochhauses gerade ein Glücksspiel. „Man weiß nie, was man bekommt“, sagt ein Mieter. Mal ist das Wasser für wenige Sekunden warm, oft bleibt es komplett kalt. Ganz selten kommt der Hauptgewinn: fünf Minuten heißes Wasser am Stück.
Ort der unfreiwilligen Warmwasser-Lotterie ist die Hanielstraße 36/38 in Duisburg-Hochheide, besser bekannt als Roter Riese. Rund 220 Menschen leben hier in Wohnungen auf 20 Etagen, hinzu kommen mehrere Arztpraxen. Überall im Gebäude verzweifeln Menschen an ganz verschiedenen Mängeln.
Roter Riese in Duisburg: Rohrbruch legt Wasserversorgung lahm
Ein großes Ärgernis im Roten Riesen ist die Wasserversorgung. Im Gebäudeteil mit der Hausnummer 36 habe es kurz vor Weihnachten einen Rohrbruch gegeben. So erzählen es Mieter, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten.
Die Bewohner der betroffenen Wohnungen – jeweils zwei pro Stockwerk – müssen seitdem lange am Tag ohne Wasser im Bad auskommen. „Die Hausmeister stellen das Wasser morgens und abends für zwei, drei Stunden an, dann läuft es aber in unteren Etagen durch die Decke“, berichtet eine 64-Jährige.
Besonders unangenehm: Auch die Toilettenspülung funktioniere nur in diesen Zeiträumen. „Nach 10 Uhr und nach 20 Uhr hat man noch eine Spülung, danach muss man mit einer Flasche Wasser nachkippen.“ Immerhin komme in der Küche Wasser aus dem Hahn, warm sei es jedoch selten.
Auch die Praxen des Hochhauses bleiben davon nicht verschont. „Im Badezimmer haben wir kein warmes Wasser und es tropft durch die Decke“, sagt Petra Petö, die eine Ergotherapie-Praxis an der Hanielstraße 36 führt. Sie hat das Badezimmer gesperrt und dort den Strom abgestellt.
Roter Riese: Im anderen Gebäudeteil fallen auch Heizungen aus
Im benachbarten Gebäudeteil mit der Nummer 38 klagen Bewohner ebenfalls darüber, dass es häufig kein warmes, manchmal auch gar kein Wasser gibt. Zusätzlich funktioniert in vielen Wohnungen auch die Heizung nur sporadisch.
Das stellt zum Beispiel Dr. Harald König fest, der für seine Hausarzt- und Kinderpraxis drei Wohnungen im Gebäude angemietet hat: „In einer Einheit ist es oft zu kalt, wir bekommen die Heizung einfach nicht hoch.“ König habe sich bereits beim Eigentümer beschwert und eine Mietminderung angedroht, sei bislang aber immer vertröstet worden.
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Seit Anfang November kann auch ein 51-Jähriger die Temperatur in seiner Wohnung nicht mehr steuern. „Mal komme ich nach Hause und die Wohnung ist kalt. Mal ist sie warm oder sogar überhitzt.“ An einem Tag im Winter sei es im Wohnzimmer 35 Grad heiß gewesen – „weil die Nachbarn über uns die Fußbodenheizung nicht regulieren konnten“.
Zudem bleibt das Wasser in der Küche und im Bad seit November fast durchgehend kalt. „Es ist nicht mehr auszuhalten“, sagt der Mieter. „Man fühlt sich jetzt seit zweieinhalb Monaten dreckig und steht jeden Morgen mit dem Bedürfnis auf, einfach mal warm zu duschen.“
Kaputte Heizung, kein Warmwasser: Immer mehr Mieter sind betroffen
Zuerst dachte der 51-Jährige, er sei mit den Problemen allein. „Dann habe ich Nachbarn im Fahrstuhl darauf angesprochen und gehört, dass viele hier im Haus eine kaputte Heizung und kein warmes Wasser haben.“ Er kenne inzwischen rund 20 Haushalte, die betroffen waren oder es immer noch sind.
Bislang erkennen die Mieter der Hanielstraße 38 kein Muster dahinter, in welchen Wohnungen die Heizung und Wasserversorgung wann funktioniert und wann nicht. Bekannt ist nur, dass es die Probleme schon länger gibt. So lebe eine Familie schon ein ganzes Jahr ohne Heizung und Warmwasser.
Bemerkenswert ist, dass trotzdem viele Bewohner weiterhin betonen, wie wohl sie sich im Roten Riesen fühlen. „Wir haben unheimlich nette Nachbarn, die alle an einem Strang ziehen. Es gibt kurze Wege und eine tolle Anbindung an den Niederrhein“, sagt zum Beispiel der 51-Jährige. „Ich wohne eigentlich gerne hier.“
Roter Riese galt als Vorzeigeobjekt in der Hochhaussiedlung
Nach der teuren Sanierung vor rund 15 Jahren galt das Gebäude an der Hanielstraße als Vorzeigeobjekt im Problemviertel (siehe Infobox). Doch ganz ohne Schwierigkeiten kommt auch der Rote Riese nicht aus.
Seit 2013 ist die angrenzende Tiefgarage wegen Einsturzgefahr gesperrt. Gerade Senioren ärgert es, keinen Parkplatz vor dem Haus zu bekommen und weit laufen zu müssen.
Vor vier Jahren hat plötzlich die Caritas die Hanielstraße verlassen. Zudem stand das Gebäude zuletzt mehrfach zum Verkauf: 2022 für 17,9 Millionen, ein halbes Jahr später für 19,8 Millionen Euro. Daraus ist wohl nichts geworden. Noch immer tritt die Unternehmensgruppe Lakis mit Sitz in Neuss als Eigentümerin auf. Doch Bewohner spekulieren, Lakis repariere im Riesen nur noch das Nötigste, wenn die Firma das Gebäude doch loswerden wolle.
Bewohner empört: „Gibt keinen, den Sie anrufen können“
Bei den aktuellen Problemen mit Heizung und Warmwasser fühlen sich die Mieter vom Eigentümer und von der Hausverwaltung alleingelassen. Die Verwaltung habe eine Technikfirma beauftragt und delegiere nun alle Anliegen einfach weiter.
Die Handwerker wiederum ließen viele Termine ohne Absage verstreichen und seien rund um die Feiertage zwei Wochen lang gar nicht vor Ort gewesen. „Es gibt keinen, den Sie anrufen können, wenn spontan etwas auftritt. Dann müssen Sie damit leben, dass einen Tag lang kein Wasser aus der Leitung kommt“, sagt der 51-Jährige aus Haus 38.
Hausverwaltung nennt Ursachen für die Mängel
Auf eine Anfrage der Redaktion meldet sich der Geschäftsführer der zuständigen Hausverwaltung, Thomas Isermann von der IVI GmbH aus Essen. Seiner Schilderung nach wüssten Eigentümer und Verwaltung, wie die aktuellen Mängel entstanden sind.
In der Hanielstraße 36 habe es kurz vor Weihnachten einen Rohrbruch gegeben, der die Frischwasserleitung betrifft. „Die Leckageortung wurde eingeleitet, gestaltet sich aber aufgrund der Bauweise des Objektes schwierig.“ Zudem seien die Leckagefirma und das Sanitärunternehmen erst wieder am Montag, 6. Januar, im Einsatz gewesen. Das gilt auch für Handwerker, die die Wände in den Wohnungen öffnen und schließen, um nach dem Leck zu suchen.
„Für die Zwischenzeit haben wir geregelt, dass morgens und abends das Wasser zugeschaltet wird, damit die betroffenen Bewohner die Waschräume nutzen können“, schreibt Isermann. Sobald das Leck gefunden ist, würden Maßnahmen eingeleitet, um es zu beseitigen.
In der Hanielstraße 38 fallen viele Wärmetauscher aus
In der Hanielstraße 38 gebe es ein anderes Problem: Hier fallen einige Wärmetauscher aus. Als das Gebäude vom Voreigentümer umfassend saniert wurde, sei die Energieversorgung auf Fernwärme umgestellt worden. Jede Wohnung sei dabei mit einer Fußbodenheizung und einem Wärmetauscher ausgestattet worden, der für Heizwärme und Warmwasser zuständig ist.
„In den letzten drei Monaten ist es vermehrt zu Ausfällen von Wärmetauschern gekommen“, sagt der IVI-Chef. Eine Sanitärfirma habe alle betroffenen Wohnungen überprüft und neue Wärmetauscher bestellt. „Leider hat sich herausgestellt, dass die verbauten Wärmetauscher eine erhebliche Lieferzeit haben.“ Sie seien keine Standardware, sondern müssten speziell produziert werden.
Hausverwaltung: Neue Geräte würden bald geliefert
Die Hausverwaltung habe Aggregate aus leerstehenden Wohnungen ausbauen und in betroffene bewohnte Einheiten einbauen lassen. Derzeit seien aber nur fünf bis sechs Wohnungen im ganzen Hochhaus nicht vermietet, deswegen gebe zu wenig von den Aggregaten. Jetzt habe man vergleichbare Geräte bestellt, die schneller geliefert werden könnten und wohl in der zweiten Januarhälfte eintreffen sollen.
Auch die Bewohner merken, dass Handwerker seit Montag im Roten Riesen zugange sind. Manche Mieter stimmt das optimistisch, andere haben schon aufgegeben, so wie der 51-Jährige aus der Hanielstraße 38: „Ich habe immer noch keinen Termin und glaube nicht daran, dass mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet wird.“
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- Bis vor 20 Jahren gab es an der Hanielstraße ähnliche Probleme wie in mehreren der ehemals sechs Weißen Riesen, von denen heute zwei gesprengt sind: ständige Mieterwechsel, Ausschreitungen im Haus, Wohnungslose im Keller.
- 2006 wurde das Haus leergezogen und anschließend zwangsversteigert.
- Ein Projektentwickler und ein Investor ersteigerten es und ließen das Gebäude für über zehn Millionen Euro sanieren, die Fassade rot streichen und Ärzte, die Caritas und vorrangig Senioren und Pflegebedürftige einziehen.
- Laut Grundbucheintrag gehört der Rote Riese einem Immobilienfonds (Distressed Real Estate III). Ende 2017 stand das Gebäude zum Verkauf. Nach Informationen der Redaktion hat die Lakis-Gruppe daraufhin alle Anteile am Fonds gekauft.