Duisburg. Bessere Akustik, Gastronomie, neue Räume: Die Pläne für das Duisburger Theater sind tiefgreifend – und haben nicht nur Theaterbesucher im Blick.

Das Prädikat „Jahrhundertprojekt“ wird ja gerne mal etwas vorschnell in den Mund genommen. Doch das, was sich die Ingenieursgesellschaft „rebuild“ in ihrer Machbarkeitsstudie für das Stadttheater Duisburg ausgedacht hat, verdient diesen Titel ganz ohne Zweifel – wenn es so umgesetzt wird. Denn eine Machbarkeitsstudie ist natürlich kein unumstößlicher Bauplan, erst recht nicht, wenn es die erste für ein Mammutprojekt wie das Duisburger Theater ist und eine zweite schon in den Startlöchern steht.

Anhand der neuen, ausführlicheren Variante der Studie, die seit kurzem im Ratsinformationssystem der Stadt öffentlich einsehbar ist, haben wir bereits zusammengefasst, warum der Kulturtempel so dringend sanierungsbedürftig ist. So schlimm ist es um das Theater bestellt, dass es in großen Teilen komplett in den Rohbau zurückgebaut werden muss. Allerdings sind Probleme, wie ein deutscher Pyramidenexperte mal gesagt hat, ja dornige Chancen. Und so macht „rebuild“ in ihrer Studie etliche Vorschläge, die das Gesicht des Duisburger Theaters drastisch verändern würden. Wir haben die wichtigsten Ideen zusammengefasst.

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Dazu ein Hinweis: Natürlich werden auch Bereiche des Theaters saniert, die der normale Besucher nie zu Gesicht bekommt, von Proberäumen über Liefereingänge bis zur Haustechnik. Wir beschränken uns hier aber auf Aspekte, die Theatergäste und, im Idealfall, auch alle anderen Duisburger unmittelbar betreffen.

Der große Saal

Ganz generell schlägt „rebuild“ vor, die Geometrie des großen Saals „neu zu denken“. Auch nach dem Umbau soll das große Haus ungefähr 1000 Sitzplätze bieten, die allerdings moderner, barrierefrei und großzügiger im Raumangebot sein sollen. Das war es dann aber beinahe schon mit den Parallelen zum aktuellen Bestand.

Der springende Punkt, der das Kulturerlebnis für alle Besucher verbessern soll, ist die Akustik. Weil die Decke über dem Zuschauerraum abgehangen ist, beträgt die Deckenhöhe zwölf Meter, die Zwischendecke soll entfernt werden, dann wäre der Saal 16 Meter hoch. Im neu gewonnenen Raum sollen mechanisch verstellbare Klangsegel angebracht werden, denn das Duisburger Theater hat ein Problem: die Akustik.

Für Schauspiel und Kammermusik ist die zwar hervorragend, für Oper und Philharmonie bedarf es aber längerer Nachhallzeiten als den aktuellen 0,9 bis 1 Sekunden, damit die Instrumente besser verschmelzen können. Mit dem neu gewonnenen Raum könnte der Hall auf 1,5 bis 1,6 Sekunden verlängert werden – und dank der Klangsegel für Schauspiel wieder verkürzt werden.

Die Segel sollen unter einer „Filterdecke“ verschwinden, die schalldurchlässig, aber weitestgehend blickdicht ist. Darunter verschwindet auch die neue Audio-Technik, damit sich der Saal optisch „von einer Multifunktionshalle abhebt“. Zu viel digitale Tontechnik soll aber auch nicht verbaut werden, weil die Besucher ein akustisches und kein „technisch überformtes Kunsterlebnis“ wollen.

Staatsoper Berlin
Ähnlich wie hier in der Staatsoper unter den Linden soll auch im Duisburger Stadttheater eine Filterdecke die Klangsegel und Audiotechnik vor den Blicken der Zuschauer verbergen. © www.GordonWelters.com | Gordon Welters

Die Bühne und Proszenium, also der vorderste Teil der Bühne, sollen verbreitert werden, genau wie der Orchestergraben. Das Portal, also der Rahmen, der die Bühne beim Blick aus dem Zuschauerraum an den Seiten und oben abschließt, soll ebenfalls wachsen – räumlich ist das möglich, weil der Saal im Zuge der Sanierung ja bis auf die Grundmauern heruntergebrochen wird und neu gedacht werden kann.

Das Portal misst derzeit zwischen 11,60 und 12 Metern, zu wenig für ein modernes Haus. Für die Zukunftsfähigkeit des Theaters soll das neue Portal deswegen 16 Meter breit werden, die Portaltürme sollen flexibel sein, um die Bühne für verschiedene Produktionen passend zu machen. Eine Unwägbarkeit aber ist momentan nicht auszuräumen: Der Duisburger Opernehepartner Düsseldorf will sein Opernhaus um- oder möglicherweise gar neu bauen. Das könnte die Anforderungen an die Duisburger Bühne verändern.

Foyer und Gastronomie

Auch, wenn der große Saal natürlich der wichtigste Raum des Theaters ist: Die tiefgreifendsten Veränderungen für Duisburger würde es nach dem Plan von „rebuild“ anderswo geben. Betonung auf „Duisburger“, denn die Ideen der Ingenieure richten sich explizit nicht nur ans Theaterpublikum. Momentan, sagen die Experten, sei das Theater nämlich eine „geschlossene Schatztruhe“ für diejenigen, die Tickets haben, und eben kein Treffpunkt für alle im Herzen der Stadt.

Stadsschouwburg Amsterdam besteht 125 Jahre
Großes Vorbild: So wie die Stadsshouwburg Amsterdam soll auch das Duisburger Stadttheater Anlaufpunkt für die Bürger werden – nicht nur für Theatergänger. © picture alliance / ANP | Lex von Lieshout

Und das soll ein neues Gastrokonzept ändern. Die Kantine, jetzt noch versteckt in den Eingeweiden des Theaters, soll ein „Grand-Café“ werden und in die Räume der jetzigen Theaterkasse an der Neckarstraße ziehen. So soll das Theater zum Treffpunkt werden, auch tagsüber, auch für Menschen, die sich gar keine Vorstellung ansehen – Vorbild ist dabei die Gastronomie der Stadsshouwburg Amsterdam, die das Theater dort der Stadtgesellschaft „geöffnet“ und es so belebt hat.

Herz der Stadt: Die heutige Theaterkasse des Theaters Duisburg soll künftig ein „Grand-Café“ beherbergen – und allen Menschen offenstehen, auch tagsüber.
Herz der Stadt: Die heutige Theaterkasse des Theaters Duisburg soll künftig ein „Grand-Café“ beherbergen – und allen Menschen offenstehen, auch tagsüber. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die Theaterkasse soll ins heutige Foyer umziehen, das dann ebenfalls dazu beitragen soll, das Theater mehr in die Innenstadt zu integrieren. Der Vorraum soll sich nämlich räumlich in Richtung König-Heinrich-Platz öffnen, gleichzeitig sollen im Innern große Durchgänge und Sichtachsen zu Wandelhalle ums Parkett und zur neuen Gastronomie entstehen.

Barrierefreiheit und neues Foyer

Im Zuge der Barrierefreiheit soll eins der drei vorhandene Treppenhäuser zu einem Aufzugschacht für zwei Aufzüge werden. Mit denen kann man dann nicht nur die Studiobühne (im Volksmund „Foyer III“) erreichen, sondern auch einen Raum, der gänzlich neu ist: das „Neue Foyer“. Das läge unter der Studiobühne und über dem bestehenden Foyer in der ersten Etage und könnte beispielsweise die Gastronomie für Vorstellungen auf der Studiobühne beherbergen. Mit seinem freien Blick in den großen Saal würde es sich aber auch als eine Art VIP-Foyer bei Aufführungen im großen Haus anbieten.