Duisburg. Einst Horten, dann Kaufhof, jetzt „Bücherzirkus“: In einem alten Duisburger Kaufhaus gibt es jetzt ein in NRW einzigartiges Angebot.
Ein bisschen wehmütig ist es dann schon, wenn man durch diese ehrwürdigen Pforten schreitet. Ältere Semester denken vielleicht an erquickende Einkaufsbummel in der Miederwarenabteilung zurück. Jüngere Zeitgenossen möglicherweise an das große Lego-Set, das immer angehimmelt und doch nie gekauft wurde. Kurz: An den alten Kaufhof, oder Horten, an der Düsseldorfer Straße erinnern sich Generationen von Duisburgern.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Entsprechend groß war die Trauer, als im Juni 2023 das letzte Stündlein für das Kaufhaus schlug – obwohl das angestaubte Relikt Kaufhaus längst aus der Zeit gefallen war, obwohl Miederwaren und Lego-Sets schon längst im Internet bestellt wurden.
„Bücherzirkus“ im alten Duisburger Kaufhof
Und jetzt, im September 2024, steht man plötzlich wieder drin in diesem Relikt und fühlt sich gleich wie früher. Dabei beherbergt das Erdgeschoss des ehemaligen Kaufhofs jetzt ein ganz anderes Geschäft. Der „Bücherzirkus“ ist in der Stadt, und er hat über eine Million Bücher mitgebracht. Mindestens sechs Monate lang bleibt der „Zirkus“ von Geschäftsführer Thomas van den Dungen, wenn die Duisburger Gefallen am Konzept finden, sogar noch länger.
Zu Eröffnung ist es jedenfalls ordentlich voll im Kaufhof-Erdgeschoss, und das, obwohl es mit 5500 Quadratmetern ganz schön weitläufig ist. Das Treppenhaus in der Mitte des Raumes liegt dunkel und abgesperrt da. Aus dem einst belebten Untergeschoss gähnt die Leere entgegen, aber auf den rentnerbeigen Fliesen gleitet es sich noch genauso schön wie damals.
Entlang der Wände werben noch Aufsteller von Marken, die längst nicht mehr an der Düsseldorfer Straße zu Hause sind: Hilfiger, Falke, Esprit stehen wie Mahnmäler des Konzepts Kaufhaus da, das einst goldene Zeiten feierte und dann den Absprung verpennt hat.
Auch interessant
Anders als Kaufhäuser aber erwehrt sich das Buch nach wie vor seiner digitalen Konkurrenz. Deswegen ist der Bücherzirkus auch so eine gute Adresse für all jene, die beim Lesen lieber blättern statt zu swipen – hier kommen Leseratten nämlich vergleichsweise günstig weg.
So günstig sind die Angebote im Vergleich
Das geht, weil alle Werke hier Mängelexemplare oder Rückläufer sind, die von Buchhandlung an den Verlag zurückgegeben wurden. „Mängelexemplar“ muss in den allermeisten Fällen aber als „Knick in der Seite“ oder „Riss im Umschlag“ gelesen werden – macht also nicht wirklich etwas aus, und vor allem steht ja dasselbe drin wie im makellosen Buch.
Beispiele gefällig? Der bahnbrechend-schöne Coming-of-Age-Roman „Hard Land“ des deutschen Autors Benedict Wells kostet beim Bücherzirkus 8,99 Euro – in der gebundenen Version. Das gleiche Werk schlägt zum Beispiel auf thalia.de mit 24 Euro, Achtung Wortspiel, zu Buche. Sogar das Taschenbuch ist mit 14 Euro noch teurer als das Bücherzirkus-Angebot.
Ähnliches Bild bei Leon de Winters „Geronimo“: 8,99 Euro für die gebundene Ausgabe, bei Thalia kostet das Taschenbuch schon 13 Euro, eine gebundene Ausgabe wird gar nicht angeboten.
Auch interessant
In diesem traurig-schönen Kaufhof-Erdgeschoss, das mit dem Bücherzirkus noch einmal an der Blüte vergangener Zeiten schnuppern darf, gibt es aber längst nicht nur Romane. Kochbücher, Fotobände, Kinderliteratur, Fantasybücher, Sachbücher zu so ziemlich jedem Thema – alles da, und noch mehr.
Zum Beispiel Weihnachten. Mitten in die bibliophile Ruhe dudelt nämlich von irgendwo „O Tannenbaum“ durch den Laden. Eine Kundin klappt beschämt die Weihnachtskarte zu. Saisonware hat der Bücherzirkus nämlich auch schon, Karten, Literatur, sogar Adventskalender. Man kann nicht früh genug anfangen.