Duisburg. Seit 1958 gibt es an der Düsseldorfer Straße ein Warenhaus. Ein Rückblick auf die wilde Eröffnung, Sensationen und jahrelangen Fassaden-Streit.
65 Jahre lang gab es an der Düsseldorfer Straße in Duisburg ein großes Warenhaus. Die Namen wechselten mit der Zeit: Aus Merkur wurde Horten, später Horten Galeria und Galeria Kaufhof – der Standort aber blieb erhalten. Nun hat der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof das Aus für das traditionsreiche Kaufhaus erklärt, mit dem viele Generationen Erinnerungen verbinden. Ein Rückblick auf eine stürmische Eröffnung, Sensationen und einen Fassaden-Streit:
Es ist das Jahr 1958. Die Kunden stehen am 23. Oktober Schlange vor der Tür, jeder will einen Blick in das neue Warenhaus an der Düsseldorfer Straße werfen: Horten eröffnet an diesem Tag sein Merkur-Haus. Der Ansturm ist so groß, dass 110 Polizisten eingreifen müssen, zum Teil auf Pferden. Kamele begleiten als Attraktion die Eröffnungsfeier.
Horten eröffnet 1958 in Duisburg – mit Kamelen an der Düsseldorfer Straße
„Wegen Überfüllung geschlossen”, heißt es dann auch nach kurzer Zeit am Eröffnungstag. Zur damaligen Zeit galt das Haus, das nach den Plänen von Harald Loebermann und Helmut Rohde realisiert wurde, als eines der modernsten Warenhäuser. Zu diesem zählte zudem der erste Lebensmittel-Supermarkt in einem deutschen Kaufhaus.
Das erste Parkhaus der Stadt
1964 komplettierte das sechsgeschossige Parkhaus an der Düsseldorfer Straße das Merkur-Haus. Es war zu dieser Zeit das erste große Parkhaus der Stadt. Entworfen hatte es wie das Kaufhaus nebenan Architekt Helmut Rohde. Der 3,5 Millionen Mark teure Bau mit den sechs leicht schrägen Decks mit einer Neigung von 4,8 Grad war damals eine Sensation.
Der monumentale Bau sollte den Fahrern die Angst vor der Fahrt in die Garage nehmen – darum war er zu allen Seiten geöffnet. „Auch Frauen brauchen nicht zurückzuschrecken. Es bedarf nicht der Geschicklichkeit eines Rallyefahrers, um in eines der sechs Geschosse des Parkhauses zu kurven“, unterrichtete die Zeitung damals ihre Leserschaft.
Das Parken war für damalige Verhältnisse recht teuer: 1,50 D-Mark kosteten zwei Stunden, das war ungefähr der Stundenlohn eines Arbeiters. Bei einem Einkauf im Kaufhaus wurde der Betrag vergütet.
Der erste Supermarkt in einem Kaufhaus – mit lebendigen Hummern
Im April 1965 wurde aus Merkur Horten dann Horten, und an der Düsseldorfer Straße gehörten elektronische Waagen, die den Warenwert aufs Gramm ausrechneten, zu den Neuheiten. Ebenso ein Becken mit lebenden Hummern in frischem Meerwasser, ein 600-Liter-Fischbecken für lebendige Süßwasserfische, ein offener Hähnchengrill sowie ein spanischer Garten mit frischen Zitrusfrüchten und anderen mediterranen Spezialitäten.
Im Erdgeschoss gab es auch einen Kinderspielraum. „Hier können die Mütter während des Einkaufs ihre Kleinen in Obhut geben“, heißt es in einem Zeitungsartikel. Getreu der damaligen Rollenverteilung gab es für Herren die Abteilung „Alles für den Handwerker“.
1000 Mitarbeiter im Warenhaus in Duisburg
Zu dieser Hochzeit sollen in Duisburg bis zu 1000 Mitarbeiter im Warenhaus tätig gewesen sein. Doch das ist lange her, die Buchhalter mussten da noch ohne Computer auskommen. Außerdem wurden gleich die Arbeiten für Filialen in Hamborn und Viersen miterledigt. An der Düsseldorfer Straße gab es sogar ein Gardinenstudio, in dem etwa 100 Näherinnen beschäftigt waren. Zum Vergleich: Zuletzt arbeiteten nur noch 64 Mitarbeitende für die Galeria-Filiale in Duisburg.
1992 wurde das Gebäude für 25 Millionen D-Mark modernisiert. Mit Big-Band-Musik und Schlager – zu den Stargästen zählte Gotthilf Fischer – wurde die Neueröffnung gefeiert. Der Himmel erstrahlte bei einer Lasershow. Als „Neue Mitte Duisburg“ bezeichnete Oberbürgermeister Josef Krings das modernisierte Haus, das dazu beitragen sollte, die Kaufkraftabwanderung zu verhindern.
Vier Jahre nach der Modernisierung und der Übernahme der Warenhauskette durch den Kaufhof-Konzern verschwand „Horten“ von der Fassade. Die riesigen Buchstaben wurden abmontiert und ausgetauscht: Nun war Galeria Kaufhof an der Düsseldorfer Straße heimisch.
Streit um Fassade und den Denkmalschutz
Apropos Fassade: Bekannt war das Kaufhaus viele Jahre für die Gitterfassade, die aus zehntausend kleinen Rechteck-Steinen bestand. Sie galt als Prototyp der „Horten-Kacheln“, die der Architekt Egon Eiermann in den 60er Jahren für die damalige Kaufhauskette Horten entworfen hatte. Die Gestaltung war auch der Grund dafür, dass das Rheinische Amt für Denkmalpflege die Fassade 2008 unter Denkmalschutz stellen ließ – als „symbolhaft für Umstände und Erfolg des Wirtschaftswunders“.
Mit den Jahren traten aber immer mehr Risse in der Kunststein-Fassade auf, das aufwendig zu sanierende Gemäuer wurde zum Ärgernis – die Kacheln sollten verschwinden. Und das sind sie auch im Jahr 2014. Dem Abriss war eine jahrelange Hängepartie um den Denkmalschutz vorausgegangen, dann gab der Landschaftsverband Rheinland grünes Licht für einen Abriss: Eine Sanierung und damit der kostspielige Erhalt der Fassade sei dem Eigentümer nicht zuzumuten, hieß es in der Begründung.