Duisburg. Ron S. soll zwei Kinder mit einem Messer und einem Hammer angegriffen haben. Zum Prozessauftakt schweigt er. Verteidiger kündigt Erklärung an.

Es wirkt so, als begriffe er gar nicht, was hier vor sich geht: Ron S. verdeckt nicht mal sein Gesicht, als er in den historischen Saal 201 des Duisburger Landgerichts geführt wird. Das holt ein Verteidiger dann mit einer Aktenkladde nach, bis die Fotografen und Kamerateams verschwunden sind. Einmal lächelt S. kurz und verhalten, als sein Anwalt zu ihm spricht.

Der noch 21-Jährige Duisburger mit bulgarischem Migrationshintergrund steht wegen zweifachen versuchten Mordes und anderer Straftaten vor der Sechsten Großen Strafkammer. Der brutale Angriff auf zwei Kinder hatte im Februar nicht nur die Menschen in der Stadt aufgewühlt. S. soll einen zehn Jahre alten Jungen und dessen neunjährige Cousine auf der Dahlstraße im Stadtteil Marxloh mehrfach und wahllos mit einem Messer mit einer fast 20 Zentimeter langen Klinge und einem Hammer attackiert haben. Die Schulkinder waren an dem Wintertag zur Mittagszeit auf dem Heimweg. Sie retteten sich in eine Schule in der Nähe. Das Mädchen und der Junge erlitten schwerste Verletzungen an Kopf, Oberkörper und Händen. Ihre beiden jungen Leben mussten durch Notoperationen gerettet werden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord aus Heimtücke und aus niederen Beweggründen vor.

Schmächtige Figur, schwarze Trainingsjacke, schwarzes Adidas-T-Shirt

Der 21-Jährige, schmächtige Figur, wuselige Frisur, schwarze Trainingsjacke, schwarzes Adidas-T-Shirt, beantwortet am ersten Prozesstag mit dünner Stimme nur Fragen zur Person: Zu seinem Alter, seinem Geburtsort. Als sich die Vorsitzende Richterin nach seinem Familienstand erkundigt, scheint er die Frage nicht zu verstehen. „Sind Sie verheiratet oder verlobt?“ - „Ich hatte mal eine Ex-Freundin.“ - „Also ledig.“ Teilnahmslos verfolgt S. den Vortrag der Staatsanwaltschaft, auch als es um die schweren Verletzungen der Kinder geht. Nur manchmal schaut er schüchtern in Richtung der Zuschauer. Direkt Betroffene der Tat sind dort nicht zu sehen.

Der 21-Jährige griff die beiden Kinder auf dem Nachhauseweg von der Schule in Duisburg-Marxloh an.
Der 21-Jährige griff die beiden Kinder auf dem Nachhauseweg von der Schule in Duisburg-Marxloh an. © WAZ | Semih Köse 

Der Duisburger soll an einer schizophrenen Störung leiden und deshalb zur Tatzeit schuldunfähig gewesen sein, so die Staatsanwaltschaft. Im Fall eines Schuldspruchs würde S. wohl dauerhaft in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht und nicht zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er ohne Behandlung weiter eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Kurz nach der Tat war S. festgenommen worden. Sein in der Nähe lebender Vater hatte ihn festgehalten. Zwei Wochen saß S. in Untersuchungshaft, dann wurde er in die Forensik verlegt, wo der 21-Jährige bis heute sitzt.

Das Verfahren wird am 22. August am Landgericht Duisburg fortgesetzt

Schon im Januar soll S. auf Instagram einen Mord für September dieses Jahres verkündet haben. „Diesmal lasse ich mich nicht erwischen“, soll er geschrieben haben. Außerdem soll er seine Mutter, mit der er in einer gemeinsamen Wohnung lebte, vor der Attacke auf die Kinder zweimal angegriffen und verletzt haben. Das sind die weiteren Straftaten, die mitverhandelt werden. Wurde S. zu der Attacke auf die Kinder durch einen Chat auf der Plattform TikTok angestichelt? Auch diese Frage wird noch zu klären sein. Eine Frau aus den Niederlanden soll ihm dort mitgeteilt haben, dass er dazu nicht in der Lage sei. S. habe das widerlegen und ihr imponieren wollen, glaubt die Staatsanwaltschaft. „TikTok“ nannte die Polizei nach der Tat ihre Mordkommission.

Die Attacke in Duisburg-Marxloh wühlte viele Menschen auf.
Die Attacke in Duisburg-Marxloh wühlte viele Menschen auf. © dpa | JUSTIN BROSCH

Nach zwölf Minuten ist der erste von insgesamt zwölf geplanten Verhandlungstagen schon wieder beendet. Es war bereits im Vorfeld klar, dass keine Zeugen aussagen werden und nur die sogenannte Antragsschrift in dem Sicherungsverfahren verlesen wird. Zu den Tatvorwürfen schweigt der 21-Jährige am Mittwoch beim Prozessauftakt. Einer der beiden Verteidiger kündigt eine Erklärung an. Die könnte zu einem späteren Zeitpunkt gemacht werden, eventuell erst Anfang Oktober. Nähere Angaben zum Inhalt der Erklärung machen die Verteidiger nicht. Das Verfahren wird am 22. August fortgesetzt. Termine sind bis Ende November angesetzt. Auch die beiden Kinder sind als Zeugen geladen.