Duisburg. Bildung, Ernährung, Chancen: Alles ist schwieriger, wenn man aus einer armen Familie stammt. Wie die Stadt Duisburg diesen Kindern helfen will.
Es wird nicht besser: Jedes dritte Kind in Duisburg ist arm, und das gilt schon seit einigen Jahren. Zum Stichtag im März 2024 waren genau 29,4 Prozent aller Duisburger unter 18 Jahren von Armut betroffen. 27.033 minderjährige und unverheiratete Kinder und Jugendliche lebten in Bedarfsgemeinschaften mit SGBII-Bezug, schreibt die Stadt auf Anfrage. Weitere 839 Minderjährige bekommen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus kein Bürgergeld, sondern Sozialhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
„Dass viele Duisburger Kinder in Armut aufwachsen müssen, beschäftigt uns sehr“, sagt Astrid Neese, Dezernentin für Bildung, Arbeit und Soziales. „Wichtig ist es, die Chancen dieser Kinder auf einen Schul- und Berufsabschluss zu verbessern. Hier setzen wir mit vielen Unterstützungsangeboten wie Sprachförderung, Lernunterstützung und auch kostenfreiem Frühstück an. Das alles entlastet Familien und hilft unmittelbar den Kindern.“
„Die Zahl der von Armut betroffenen Kinder in Duisburg steigt stetig“
„Neben der Zuwanderung aus den Kriegsregionen unserer Welt – so sind derzeit 380 ukrainische Kinder unter 6 Jahre, 883 ukrainische Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren und weitere 660 teilweise schulpflichtige Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 25 in Duisburg im Bürgergeldbezug – trägt insbesondere die Zuwanderung ärmerer Familien aus den südosteuropäischen Ländern dazu bei, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder in Duisburg stetig steigt“, ergänzt Stadtsprecher Peter Hilbrands.
Er betont: „Die Integration beider Gruppen sowohl in den Arbeitsmarkt als auch in die Bildungsregion bedarf größerer und langfristigerer Anstrengungen und finanzieller Ressourcen, weshalb hier eine kurzfristige positive Veränderung nicht zu erwarten ist. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Stadtverwaltung reagiert mit vielfältigen Angeboten
Fragt man ihn, was die Stadt denn genau für Kinder aus armutsbetroffenen Familien tut, wird man schier erschlagen von der Vielfalt der Angebote: Information sei ein wichtiger Hebel, um Teilhabe zu ermöglichen. So sei schon die Elternarbeit in den Kitas darauf ausgerichtet, die Familien über ihre Möglichkeiten zu beraten. Vom Gesetzgeber sei allerdings zu wünschen, dass der Mehrbedarf an Personal anerkannt (und finanziert) wird.
2023 konnten in Duisburg 10.611 Kinder vom Bildungs- und Teilhabepaket (BUT) profitieren und durch eine oder mehrere Leistungen in einem Sportverein aktiv werden, sich an Kunst- oder Freizeit-Programmen beteiligen.
Fatale Folgen mangelnder Ernährung für Kinder
Auch die Ernährung sei vielfach prekär, hat die Stadtverwaltung festgestellt. Deshalb können Familien die komplette Kostenübernahme für das Mittagessen ihrer Kinder in der Kita beantragen. Projekte wie Brotzeit oder Immersatt sorgen an vielen Schulen für Frühstücksangebote. Grundsätzlich fordert die Stadt allerdings eine gesetzliche Regelung „zur Übernahme der Kosten für ein gesundes Frühstück und einen Imbiss“.
Mangelnde oder schlechte Ernährung wirke sich negativ auf die geistige und körperliche Entwicklung der Kinder aus, zitiert Hilbrands die hauseigenen Experten. Weil Kindern häufig „der Zugang zu Lernressourcen und die Unterstützung durch die eigene Familie fehlt“, setzt die Stadt auf ganztägige Betreuungsangebote und zusätzliche Unterstützung. Die künftigen Ganztagsangebote an den Grundschulen werden deshalb nach einem Ratsbeschluss in Duisburg kostenfrei sein, ebenso die Mahlzeiten.
Auch Angebote wie Rucksackprogramme, Leseförderprojekte und Elternarbeit soll am Ende den Kindern zugutekommen. In herausfordernden Vierteln wie Marxloh soll in sieben Familiengrundschulzentren Benachteiligung entgegengewirkt werden.
Peter Hilbrands betont, dass auch jenseits der Bildungseinrichtungen Hilfsangebote für Familien aufgebaut wurden, etwa mit den Regionalen Supportcentern, in denen Eltern in besonders schwierigen Lagen Unterstützung bekommen.
Sprachförderung: Fast 5000 Kinder sprechen kaum Deutsch
Duisburg ist vor allem beim Thema Sprachliche Erstförderung herausgefordert: Im Mai 2024 waren 4586 schulpflichtige Kinder aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse in entsprechenden Kursen, die sie binnen zwei Jahren fit machen sollen für eine Regelklasse. In Köln sind es zum gleichen Stichtag 3668 Schülerinnen und Schüler, in Gelsenkirchen 2912 und in Düsseldorf 2804, vergleicht die Stadtverwaltung.
Obwohl es weniger Zuwanderung aus der Ukraine gebe, bleibe die Zahl der Kinder, die einer besonderen Förderung bedürfen, weiter stabil.
Zur Wahrheit gehört, dass all diese Angebote nur funktionieren, wenn es genug Personal gibt. Die Kitas, die die Elternberatung übernehmen sollen, klagen aber schon lange über Personalmangel und wechseln regelmäßig in die Notbetreuung. Die Schulen, die Kinder fördern sollen, können viele Lehrerstellen sowie Sozial- und Sonderpädagogenstellen schon lange nicht mehr füllen. An klugen Konzepten mangelt es daher nicht, wohl aber an Menschen, die sie ausführen.
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- Menschen, die in Not geraten sind, können sich an das Jobcenter wenden. Die Beratung erfolgt in den Teams der jeweiligen für den Wohnort zuständigen Geschäftsstelle des Jobcenter Duisburg, erklärt Peter Hilbrands, Pressesprecher der Stadt. Auf der Webseite des Jobcenter kann man eine entsprechende Standortsuche machen. www.jobcenter-du.de
- Darüber hinaus können Menschen bzw. Familien mit niedrigem Einkommen mit einem Zuschuss in Form von Wohngeld unterstützt werden. Dazu berät die Wohngeldstelle des Amtes für Soziales und Wohnen auf der Friedrich-Wilhelm-Str. 12-14, 47051 Duisburg, 3. Etage. (Erreichbarkeit per E-Mail: wohngeld@stadt-duisburg.de, Telefon: 0203 94000, weitere Infos gibt es auf der Webseite der Stadt www.duisburg.de
- Kinder und Jugendliche aus Familien mit Sozialleistungen können Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabe-Gesetz (BuT) bekommen. Damit können Angebote in Schule und Freizeit genutzt werden, wenn sich die Familien die Kosten dafür ansonsten nicht leisten könnten. Die BuT-Beratung erfolgt beim Amt für Soziales und Wohnen – Bildung und Teilhabe – auf der Beekstraße 38, but@stadt-duisburg.de, Telefon: 0203 94000 sowie durch die BuT-Beraterinnen in Schulen, Kitas und ähnlichen Institutionen.