Duisburg. Beim 100. Gründungstag blicken die Espera-Werke schon auf den Umzug ihrer Zentrale. Das ist der Plan für den Sitz der Duisburger Traditionsfirma.
Mit einem Festakt haben die Espera-Werke am Montag ihren 100. Gründungstag gefeiert. Die Tage der Zentrale an der Moltkestraße in Duissern sind gezählt. Ab 2025 baut das Duisburger Traditionsunternehmen einen komplett neuen Standort im Businesspark Niederrhein in Asterlagen, wo es nach jahrelanger Suche in Duisburg fündig geworden ist.
Espera-Waagen aus Duisburg als Standard-Ausstattung an Metzger-Theken
Was den Kaufmann Heinrich Sporkhorst 1924 veranlasste, die „Kontroll- und Schnellwagenfabrik“ Espera zu gründen, ist nicht überliefert. Neben Ladentisch-Waagen und Kassensystemen ließ er auch Fleischwölfe und sonstiges Equipment für den Metzgerei-Bedarf produzieren. Mit Erfolg, wie alte Bilder zeigen: Die ab 1927 hergestellte Leuchtbild-Waage aus Duissern gehörte bald zur Standard-Ausstattung an der Wursttheke.
Der 2. Weltkrieg beendete das Gründungskapitel: Espera musste statt Waagen Zieleinrichtungen für die Flugabwehr produzieren, Bomben zerstörten den Firmensitz, von ehemals 400 Mitarbeitenden kehrten nach Kriegsende gerade 70 zurück. Der Name blieb: Er steht für die Lautschrift der ersten jeweils beiden Lettern des Gründernamens Sporkhorst (ES und PE) sowie Rationalwaage (RA).
Erste elektronisch rechnende Waage kam 1959 aus Duissern
Das zweite Kapitel der Erfolgsgeschichte begann 1953 durch die Übernahme von Gustav Korthäuer, Großvater des heutigen Firmenchefs Dr.-Ing. Marcus Korthäuer. Die Vision des Mülheimer Fleischermeisters von der Produktion neuer Technologien überzeugte die Banken, eine Neuausrichtung zu finanzieren: Fortan fokussierte sich Espera auf Geräte im Bereich Wiegen und Etikettieren.
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Erster Meilenstein für den Aufstieg zu einem der bekanntesten Hersteller von automatischen Wäge- und Auszeichnungssystemen war 1959 die Produktion der weltweit ersten elektronisch rechnenden Waage. Der erste zu sein bei technischen Neuerungen, ist seither der Grundstein geblieben. „Wir sind kleiner als unsere internationalen Wettbewerber, aber sehr innovativ. Dadurch sind wir Innovationsführer mit aktuell 75 aktiven Patenten“, sagt Marcus Korthäuer, der seit 2010 in dritter Generation mit seiner Frau Nadina (Marketing & Vertrieb) ein global agierendes Unternehmen mit 150 Beschäftigten in Duisburg (300 weltweit) führt.
Manfred Korthäuer leitete in den 1970er Jahren die Internationalisierung ein
Die Internationalisierung des Geschäfts begann mit dem Einstieg von Manfred Korthäuer, der heute 83-jährige Seniorchef führte Espera ab 1973. Der damals neue Barcode auf den Etiketten, der von den Scannerkassen automatisch gelesen wurde, gab den Ausschlag für den Erfolg einer vollkommen neu entwickelten Maschinengeneration. Damit eroberten sie Märkte außerhalb Deutschlands, sechs Tochtergesellschaften in europäischen Ländern fungieren seither als Service-Organisationen, 50 Vertriebspartner gibt es weltweit.
Längst ist Espera auch in den USA und Kanada vertreten, die Tochter in Taiwan produziert in der Halbleiter-Hochburg wichtige elektronische Bauteile für die hochindustriellen, vollautomatisierten Wägesysteme, die weltweit in Betrieben der Nahrungsmittelindustrie ihre Anwendung finden. „Der Endkunde sieht unsere Produkte nicht mehr“, erklärt Marcus Korthäuer. Verpackte Fleischwaren und andere Frischwaren im Supermarkt sind aber häufig mit einem Etikett aus einer Espera-Maschine ausgezeichnet.
Innovationsführung im Zeitalter der Digitalisierung verteidigen
Einziger Produktionsstandort ist und bleibt Duisburg. „Unsere größte Abteilung ist aber die Entwicklungsabteilung“, sagt Korthäuer. Es gilt, die Innovationsführung auch bei der Digitalisierung zu verteidigen. „Längst ist die Verknüpfung von Maschinen mit Sensorik und digitalen Features aus dem modernen Produktionsumfeld nicht mehr wegzudenken“, erläutert der 49-Jährige. So lässt sich etwa die Lebensdauer von Verschleißteilen vorhersagen. Serviceeinsätze können so geplant und frühzeitig durchgeführt werden, bevor es zum ungeplanten Stillstand einer Maschine kommt.
Junge Talente aus den Bereichen IT und Elektrotechnik rekrutiert Espera in den Hochschulen der Region, insbesondere mit der Uni Duisburg-Essen (UDE) besteht ein enger Austausch. Korthäuer: „Wir vergeben Themen für Bachelor- und Masterarbeiten, über die Beschäftigung als studentische Hilfekräfte können wir uns gegenseitig kennenlernen.“
Stammsitz an der Moltkestraße hat ab 2027 keine Zukunft mehr
Noch attraktiver will Espera als Arbeitgeber durch die neue Firmenzentrale werden. Im Herbst soll der Bauantrag gestellt werden für ein dreigeschossiges Gebäude, das nach einem Entwurf der Düsseldorfer Architekten Döhring, Dahmen, Joeressen (DDJ) auf dem 3,5 Hektar großen Areal im Asterlager Businesspark bis 2027 gebaut wird. Die neue Zentrale „verkörpert unsere Vision für eine nachhaltige Zukunft als Technologieführer“, sagte Korthäuer bei der Präsentation im vergangenen September.
Bereits seit 2018 hatte Espera nach einem neuen Standort gesucht – im Duisserner Stammsitz gibt es inmitten eines Wohngebietes keine Expansionsmöglichkeiten. Mit dem Umzug wird wohl auch der alte Gebäudekomplex bald Geschichte sein. „Wir wollen ihn verkaufen“, kündigt Marcus Korthäuer an. Nach ersten Gesprächen hätten Projektentwickler deutlich gemacht, dass wohl Abriss und Neubau für eine Wohnnutzung die wahrscheinliche Option sei: „Außer der Fassade wird wohl nichts erhalten bleiben.“
„NEUER STANDORT IST EIN BEKENNTNIS ZU DUISBURG“
- Bei der Jubiläumsfeier am Montag würdigte Werner Schaurte-Küppers die Espera-Werke: „In einer Welt, die sich rasant verändert, ist ein 100-jähriges Firmenjubiläum etwas Besonderes. Espera setzt Trends in jeder Generation. Wir sind stolz, solche Unternehmen in unserer Region zu wissen“, sagte der Präsident der Niederrheinischen IHK.
- Espera stehe für „fortschrittliche Ingenieurskunst, Innovationskraft und eine nachhaltige Unternehmenskultur“ so Sören Link. „Es freut mich besonders, dass die Espera-Werke ihr Bekenntnis zu unserer Stadt mit dem geplanten neuen Standort in Rheinhausen nachdrücklich erneuern“, betonte der OB. „Ich wünsche auch in den kommenden 100 Jahren viel Erfolg und Pioniergeist.“