Duisburg. Fernwärme-Kunden in Duisburg sind schockiert über die Preiserhöhungen. Einige kommen finanziell ans Limit. So reagiert nun der Energieversorger.

Die Fernwärme Duisburg GmbH hat schon Ende 2023 teils deutliche Preissteigerungen für 2024 angekündigt (wir berichteten). Doch was dies konkret für viele der insgesamt rund 70.000 Kunden bedeutet, haben einige jetzt erst realisiert. In einer Siedlung in Huckingen sind rund 40 Haushalte betroffen. Vor Ort machen die Menschen ihrem Ärger Luft. Sie sind entsetzt und schockiert.

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Eine 73-Jährige erzählt, dass sich ihre monatlichen Abschläge bei einem Jahresverbrauch von zuletzt 18.800 Kilowattstunden mehr als verdreifacht haben. Sie müsse nun 445 statt 135 Euro zahlen. „Ich weiß nicht, wie ich das mit meiner kleinen Rente stemmen soll“, sagt die Huckingerin. Sie werde zwangsläufig an ihr Erspartes gehen. Seit 40 Jahren lebt sie in einer Doppelhaushälfte. „Ich überlege sogar schon, mein Haus zu verkaufen.“

Kunden geschockt: Wut über hohe Fernwärme-Preise in Duisburg

Nachbar Harald Haarmann zahlt bei einem Jahresverbrauch von rund 24.000 Kilowattstunden jetzt monatlich sogar noch mehr – 529 Euro statt 222 Euro. Roland Meier, der nicht weit entfernt wohnt, kommt trotz eines vergleichsweise geringen Jahresverbrauchs von 9000 Kilowattstunden auf einen Abschlag von 221 Euro pro Monat. Vorher waren es 111 Euro.

Ab dem 1. Januar 2024 lag der Arbeitspreis in den Versorgungsgebieten Mitte-Süd-West und Hamborn bei 17,66 Cent brutto pro Kilowattstunde (kWh). Nach dem Aus für den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent und der Rückkehr auf 19 Prozent zahlten die Fernwärmekunden dort ab 1. April sogar 19,401 Cent.

Bis Ende 2023 hatte die Preisbremse der Bundesregierung den Arbeitspreis für 80 Prozent des Verbrauchs auf 9,5 Cent gedeckelt. Die Fernwärme Duisburg GmbH begründet die drastischen Preissteigerungen nicht nur mit dem Wegfall der staatlichen Unterstützung, zu der zudem die Aufhebung der verminderten Umsatzsteuer zum April 2024 gehört, sondern auch mit der „Nachphase der hohen Gaspreise“, so Sprecher Felix zur Nieden.

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Roland Meier fragt sich trotzdem, warum der Arbeitspreis im Versorgungsgebiet Mitte-Süd-West „deutlich über dem bundesweiten Schnitt liegt“. Er habe mit Blick auf den Heizspiegel in Deutschland nach dem Wegfall der Preisbremse bei 11,85 Cent gelegen. Prognosen des Bundeswirtschaftsministeriums von Ende August 2023 sind von einem durchschnittlichen Arbeitspreis von glatt 15 Cent für dieses Jahr ausgegangen.

Anbieter haben Monopolstellung

Meier verweist dabei auf ein Problem: Wer sich vertraglich (mehrere Jahre lang) für Fernwärme entschieden hat, kann im Gegensatz zu Gas und Strom zu keinem anderen Anbieter wechseln. Auch die Menschen in der Huckinger Siedlung sind also einem Monopolisten ausgeliefert. Sie betonen zudem, sie hätten beim Kauf ihrer Häuser vor 35, 40 Jahren keine Wahl bei der Heiztechnik gehabt. Und jetzt etwa auf eine Wärmepumpe umzustellen, sei einfach zu teuer.

Meier und Co. haben schon in den vergangenen Jahren immer mehr für Fernwärme zahlen müssen. Waren es vom 1. Juli bis 31. Dezember 2021 noch nur rund 5 Cent pro Kilowattstunde, stieg der Arbeitspreis kontinuierlich in jedem folgenden Halbjahr. Da sind die Kosten vor allem nach dem Wegfall der Preisbremse regelrecht explodiert.

Die monatlichen Abschläge haben sich für einige Fernwärme-Kunden in Duisburg mehr als verdreifacht.
Die monatlichen Abschläge haben sich für einige Fernwärme-Kunden in Duisburg mehr als verdreifacht. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass andere Anbieter ebenfalls die Fernwärme-Preise gesteigert haben. In Duisburgs Nachbarstadt Oberhausen sah sich die EVO gezwungen, den Arbeitspreis pro Kilowattstunde zuletzt im April 2024 von 15,92 auf 18,9 Cent zu erhöhen. Und es geht noch drastischer – nach Angaben von Verbraucherschützern beispielsweise von 3,79 auf 17,20 Cent (Eon, Hamburg) oder von 6,6 Cent netto auf 25,5 Cent (Eon, Leverkusen).

Bundesweit haben Bürger Mietervereine eingeschaltet, Verbraucherschutzverbände führen Musterklagen gegen den Eon-Konzern, sogar das Bundeskartellamt leitet Musterverfahren gegen sechs Stadtwerke und Fernwärmeversorger ein, weil sie in Verdacht stehen, die Preise ungerechtfertigt hoch angehoben zu haben.

Moderate Erhöhungen im Versorgungsgebiet Walsum/Homberg

Im zweiten Duisburger Versorgungsgebiet Walsum/Homberg sind die Preise dagegen deutlich niedriger. Sie stiegen zuletzt von 9,58 auf 10,43 Cent. Dort sind nicht die Stadtwerke, sondern die Fernwärmeversorgung Niederrhein GmbH verantwortlich. Beide sind aber Tochtergesellschaften der Fernwärme Duisburg GmbH. „Ich frage mich deshalb, warum nicht wenigstens eine Mischkalkulation bei den Preisen möglich ist, damit die Erhöhungen moderater ausfallen“, so Meier.

„Der Arbeitspreis für Fernwärme berechnet sich durch die feste und vertraglich verankerte Preisgleitklausel“, erklärt Felix zur Nieden, Sprecher des Duisburger Energieversorgungsunternehmens. „Die Formel zur Berechnung umfasst Indizes und Börsenpreise der vergangenen 24 Monate, die auf Börsendaten und Basisdaten des Statistischen Bundesamtes beruhen.“

Die Fernwärme Duisburg GmbH veröffentliche seit jeher alle Preisbestandteile auf ihrer Internetseite, auf fernwaerme-duisburg.de. Insofern seien die Preiskomponenten stets einsehbar. „Starke Schwankungen einzelner Preiskomponenten werden daher für die Kundinnen und Kunden ausgeglichen“, erklärt zur Nieden.

„Die extrem hohen Erdgaspreise aus den Jahren 2021 und 2022 wirken sich erst jetzt aus.““

Felix zur Nieden, Sprecher der Fernwärme Duisburg GmbH

Wichtigster Einflussfaktor war nach seinen Angaben aber in den vergangenen Jahren der Erdgaspreis. Die extrem hohen Preise aus den Jahren 2021 und 2022 wirken sich laut zur Nieden erst jetzt aus. Und da die von der Fernwärme Duisburg gelieferte Wärme überwiegend in einem gasbefeuerten Heizkraftwerk in Wanheim erzeugt wird, sei der Arbeitspreis aktuell entsprechend hoch. Die Kunden im Versorgungsgebiet Mitte-Süd-West trifft es besonders hart, weil dort Wärme aus Biomasse und industrieller Abwärme mit einem Anteil von 3 Prozent, so der Sprecher, nur in einem sehr geringen Umfang zur Verfügung stehe.

Dies sei im Versorgungsgebiet Walsum/Homberg anders. Auch dort gelte eine vertraglich vereinbarte Preisgleitklausel, in die demnach die Preise der eingesetzten Energieträger für die Wärmebereitstellung einfließen. Allerdings könne vor allem Biomasse und industrielle Abwärme genutzt werden. So ergebe sich ein anderer Preis.

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Eine Mischkalkulation sei nicht möglich, weil sich der Endkundenpreis im Wesentlichen nach den Erzeugungs- beziehungsweise Bezugskosten der Wärmelieferung berechne, erklärt zur Nieden. „Diese unterscheiden sich in den beiden Netzen, sodass sich unterschiedliche Preise ergeben. Die Endkundenpreise waren vor der Energiekrise in den beiden Netzen auf einem vergleichbaren Niveau. Aufgrund des unterschiedlichen Gaseinsatzes hat sich hier ein deutlicher Preisunterschied ergeben.“

Preise sollen ab 2025 wieder deutlich sinken

Dies sei aber temporär. Was den Arbeitspreis in den Versorgungsgebieten Mitte-Süd-West und Hamborn betrifft, rechnet die Fernwärme Duisburg GmbH mit einer Senkung für 2025 um etwa 25 Prozent und für 2026 um rund 35 Prozent gegenüber dem Stand von 2024. Bereits zum 1. Juli 2024 ist der Arbeitspreis von zuletzt 19,401 auf 17,945 Cent pro Kilowattstunde gesunken.

Außerdem arbeite die Fernwärme Duisburg GmbH mit Ihren Vorlieferanten daran, die eingesetzte Wärme emissionsärmer zu erzeugen. „Dazu wird derzeit ein staatlich geförderter Transformationsplan nach der Bundesförderung effiziente Wärmenetze erstellt“, erklärt zur Nieden. „Da auch der staatlich bestimmte CO2-Preis in die Preisgestaltung einfließt, hat dies positive Effekte auf den Endkundenpreis.“

Wer aktuell Probleme mit den teils sehr hohen monatlichen Abschläge habe, könne diese in Absprache anpassen lassen. „Ein gesenkter Abschlagsbetrag müsste allerdings im Rahmen der nächsten Jahresverbrauchsabrechnung Anfang 2025 ausgeglichen werden“, betont der Sprecher. Sollte der Wärmeverbrauch 2024 – beispielsweise aufgrund ungewöhnlich milder Witterungsbedingungen im ersten Halbjahr – gegenüber dem Vorjahr sinken, könne der Abschlag, falls gewünscht, ab dem zweiten Halbjahr angepasst werden. (mit -ps)