Duisburg-Neuenkamp. Zehn Damen und zehn Herren aus Duisburg nahmen am ersten Speed-Dating für alle ab 55 Jahren teil. Zwei haben wir nach Wochen wieder getroffen.

Alle elf Minuten verlieben sich, laut Werbung, Singles bei Parship. In Duisburg-Neuenkamp geht’s vielleicht noch ein bisschen schneller: Beim Speed-Dating für Frauen und Männer ab 55 Jahren wechseln die Teilnehmer alle sieben Minuten den Tisch. Im November fand das Kennenlern-Format zum ersten Mal im Dietrich-Krins-Weber-Zentrum statt – gedacht nicht nur für einsame Herzen, sondern auch für Personen, die neue Bekanntschaften für Freizeitaktivitäten suchen. Für Norbert Schmidt und Ulrike Burger endete der Nachmittag unverhofft mit einem Happy-End. Dabei ließen sie es nach dem schnellen ersten Eindruck erst einmal langsam angehen.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Norbert Schmidt, 68 Jahre alt, ist seit einem Jahr Witwer. Langweilig war dem kulturinteressierten Wanheimerorter nicht, als er sich entschließt, sich auf das Speed-Dating einzulassen. „Ich hatte aber auch nicht das Gefühl, dass ich unbedingt die Frau fürs Leben kennen lernen muss. Ich hab das einfach auf mich zukommen lassen und auf den ersten Eindruck geachtet“, erinnert sich der Rentner, der früher im Theater Duisburg arbeitete und dafür zuständig war, dass sich zu Vorstellungen der Deutschen Oper am Rhein rechtzeitig der Vorhang hob. „Waschen und kochen kann ich alleine“, sagt er. „Aber wenn man alleine ins Theater oder Museum geht, kann man sich mit niemandem austauschen.“ Als er seinem Sohn erzählte, was er vor hat, folgte dessen Reaktion prompt: „Vatta, jetzt bist du ganz bekloppt.“

Zehn Duisburgerinnen und zehn Duisburger bekommen sieben Minuten Zeit für den ersten Eindruck

Zehn Frauen und zehn Männer nahmen an der ersten Veranstaltung teil.
Zehn Frauen und zehn Männer nahmen an der ersten Veranstaltung teil. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Ob Ulrike Burger, 63, direkt am Anfang bei Norbert Schmidt am Tisch saß oder eher am Ende, können beide in der Rückschau gar nicht mehr so genau sagen. Überhaupt waren die Eindrücke, die auf einen einprasselten, vielfältig. „Mit einigen hatte man sich nicht viel zu sagen, da waren selbst sieben Minuten sehr lang. Bei anderen ist die Zeit nur so verflogen“, erzählt die Walsumerin. Sie wollte eigentlich nur eine andere Frau kennen lernen, mit der sie in der Freizeit etwas unternehmen könne.

Am Ende schickten ihr die Organisatorinnen aber doch vier Telefonnummern. Norbert Schmidt bekam die Kontaktdaten von drei Damen. Bloß – wer waren nochmal die Gesichter zu den Rufnummern? „Ich bin ja wie ich bin, ziemlich direkt. Als Ulrike sich bei mir meldete, wusste ich erstmal gar nicht, wer sie nochmal war. Das habe ich dann auch so gesagt.“ Ulrike wiederum hatte vollstes Verständnis für die Situation: „Teilweise ging es mir auch so.“ Als sie dann aber die Kommunikation zu Whatsapp verlagerten und Norbert das Porträtfoto von Ulrike sah, wusste er: „Jo, das isse.“

Nach sieben Minuten klingelt’s und es geht zum nächsten Gesprächspartner.
Nach sieben Minuten klingelt’s und es geht zum nächsten Gesprächspartner. © FUNKE Foto Services | Foto: Tanja Pickartz

Nach anfänglichen Telefonaten verabreden sie sich. Das letzte Date ist für beide schon Jahre her. Sie gehen spazieren in Götterswickerhamm, weil man dort im Anschluss auch noch einen Kaffee trinken könne. „Ich wollte bloß nicht mit der Tür ins Haus fallen, sowas gehört sich nicht“, sagt Norbert Schmidt und trifft damit bei Ulrike Burger einen Nerv. Sie bucht anschließend Tickets für gemeinsame Theaterabende. Und im recht kalten Gasometer in Oberhausen wird’s beiden Wochen später warm ums Herz. „Doch, das war schon prickelig“, erzählt sie. Sie telefonieren nun häufiger. „Hallo, da stimmt doch was nicht. Das ist ja eigentlich nicht normal“, denkt sich Norbert Schmidt. Ihr gefällt’s: „Ich fühl’ mich richtig gut, seitdem wir uns kennen.“

Die ersten Härtetests hat das Paar auch schon hinter sich. Als die 63-Jährige in die Reha nach Bad Sassendorf muss, fährt er als Begleiter mit. Das Zusammenleben im Doppelzimmer klappt gut, auch wenn Norbert Schmidt seiner Liebsten leichtfertigerweise versprochen hat, in ihrer Gegenwart nicht zu rauchen. „Ich hab’s durchgezogen“, sagt er stolz. Und will damit möglichst auch nicht wieder anfangen.

Das Kennenlernen mit den Familien habe übrigens auch wunderbar geklappt. Er war mit bei ihrer Familie und auch der Sohn von Norbert Schmidt gab sein Plazet: „Passt.“

Nun schmieden die beiden Pläne, zum Beispiel für den nächsten Urlaub. Die beiden schauen sich an und Norbert Schmidt hat auch diesmal das letzte Wort: „Tja, jetzt hab ich sie an der Backe. Sie mich aber ja auch.“

>> „Einsamkeit im Alter ist ein Thema“

Britta Tüffers-Schrey, Leiterin der Beratungs- und Begegungsstätte, spricht vorher mit allen Kandidatinnen und Kandidaten – und vermittelt im Falle eines „Matches“ im Anschluss die Kontaktdaten.
Britta Tüffers-Schrey, Leiterin der Beratungs- und Begegungsstätte, spricht vorher mit allen Kandidatinnen und Kandidaten – und vermittelt im Falle eines „Matches“ im Anschluss die Kontaktdaten. © FUNKE Foto Services | Foto: Alexandra Roth

Die Idee für das Speed-Dating hatte die Leiterin der Beratungs- und Begegnungsstätte, Britta Tüffers-Schrey. „Wir organisieren hier vielfältige Begegnungen, entweder mit Kursen, gemeinsamen Mittagessen oder Modenschauen. Einsamkeit ist im Alter schon ein Thema“, weiß sie – und freute sich deshalb, dass ihre Idee so gut ankommt. Für die erste Runde fanden sich auf Anhieb gleich viele Männer wie Frauen. Nun lassen sich die Herren etwas bitten. „Nach dem ersten Termin hatten wir sogar eine Warteliste. Aber in den vergangenen Wochen hat sich bei dem einen oder anderen privat etwas verändert, deshalb haben sie ihre Teilnahme zurückgezogen.“

Es gebe aber auch Kandidatinnen und Kandidaten, die sich direkt für die zweite Veranstaltung wieder angemeldet hatten. „Es hat sich noch ein weiteres Pärchen gebildet, aber die sind mittlerweile wieder getrennt“, weiß Britta Tüffers-Schrey. Einen Vorschlag der ersten Teilnehmer haben sie zudem beherzigt: Anfangs lag das Alter zwischen 55 Jahren und 80 plus. Da klafften die Interessen teilweise weit auseinander. Nun wurden die Altersgruppen aufgeteilt. Es gibt eine Veranstaltung für alle zwischen 55 und 69 Jahren und dann eine weitere für Personen ab 70 Jahren.

„Der Nachmittag war wirklich hervorragend organisiert, das war ganz schön“, lobt Norbert Schmidt rückblickend. Auch Ulrike Burger ist froh, dass sie sich angemeldet hat. „Ich habe ja mit allen Kandidaten vorher gesprochen und es war eine ganz schöne Stimmung“, weiß Britta Tüffers-Schrey. Mittlerweile haben sich zwar auch ein paar Neuenkämper bei ihr gemeldet, aber gedacht ist der nächste Speed-Dating-Nachmittag für alle Duisburger. Interessenten, die nun auf den Geschmack gekommen sind, bekommen bei ihr nähere Infos unter der Rufnummer 0203 318 14 -50.