Duisburg. Margit Meier hat mit ihrer Buchhandlung „Lesezeichen“ in Duisburg-Hamborn den Corona-Schock überwunden. Sie weiß, was im Stadtteil gelesen wird.

Im 27. Jahr nach der Eröffnung ihrer Buchhandlung „Lesezeichen“ in Duisburg weiß Margit Meier, was Hamborn liest. Das unterscheidet sich gar nicht sehr von dem, was auch andernorts gefragt ist. Überraschen kann schon eher, dass es die Buchhandlung noch gibt – auch nach Corona.

„Es war anfangs ein richtiger Schock“, blickt Margit Meier auf den ersten Lockdown zurück. Gerettet haben sie ihre treuen Kunden. „Die haben ans Gitter geklopft, angerufen, per E-Mail bestellt – und wir haben ausgeliefert“, sagt Margit Meier. „Wir sind erstaunlich gut durchgekommen“, blickt sie auf die Pandemie zurück. Ihr Halbtags-Mitarbeiterin aus Dinslaken sei so viel in Hamborn herumgekommen, dass sie „danach auch als Taxifahrerin hätte anfangen können.“

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An diesem Freitag vor dem „Welttag des Buchs“ herrscht zwischen den Regalen an der Emscherstraße 213 wieder Normalität. Wir sitzen in bequemen Sesseln am Schaufenster mit ausgestellten Büchern. Auf dem runden Tisch steht eine alte schwarze Schreibmaschine. Die Türglocke klingelt, als ein Jugendlicher herein kommt. Er bestellt ein Buch, dessen Titel er mit dem Smartphone fotografiert hat.

Die Titel zeigen: Hier ist Duisburg, hier ist Ruhrgebiet

Während Margit Meier das Buch bestellt, ist Zeit sich umzuschauen. Herausgehoben präsentiert wird viel Heimatliches: Ruhrgebietsführer für Anfänger und Fortgeschrittene, der neue Asterix-Band „Die dickste Buxe vom Revier“, „Duisburg für Klugscheißer“ und Stadthistorisches, das Buch „Ehrensache“ des Duisburger Autors Burak Yilmaz, der mit muslimischen Jugendlichen nach Auschwitz fährt, die Autobiografie des „Marathon-Paters“ Tobias von der Abtei nebenan.

Gleich um die Ecke vom Hamborner Markt an der Emscherstraße liegt die Buchhandlung „Lesezeichen“ in diesem lebhaften Stadtteil im Duisburger Norden.
Gleich um die Ecke vom Hamborner Markt an der Emscherstraße liegt die Buchhandlung „Lesezeichen“ in diesem lebhaften Stadtteil im Duisburger Norden. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Die Türglocken klingeln, eine ältere Frau mit Hund wird mit Namen begrüßt. „Die Leute sind froh, dass es hier noch eine Buchhandlung gibt“, sagt Margit Meier. Und das sind keineswegs nur Ältere, auch junge Familien und „Kunden, die schon im Kinderwagen hier waren und die ich durch Kindergarten, Schule und Studium begleitet habe.“

Während der Corona-Zeit das Lesen wieder entdeckt

Klar ist für Margit Meier aber auch: „Ohne Preisbindung könnten wir hier nicht bestehen.“ Dass man in Deutschland für ein Buch überall denselben Preis zahlt, hält etwa die Konkurrenz der Online-Händler im Zaum. „Ich berate viel – die Kunden kommen aus deswegen.“ Margit Meier weiß, ob jemand bluttriefende Krimis schätzt oder meidet, sie empfiehlt Urlaubslektüre und Weihnachtsgeschenke und verkauft Lehrbücher für Deutsch-als-Fremdsprache-Kurse. „Schulbücher sind Service.“ Wobei es im großen, lebhaften Hamborn eben auch viele Schulen gibt.

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Es klingelt, ein Bote liefert eine Kiste ab. „Das sind Grußkarten“, sieht die Buchhändlerin mit einem Blick, „die Kommunion läuft wieder an.“ Die nächste Kundin freut sich, dass der neue Hera-Lind-Roman „Für immer deine Tochter“ ihr das Rentnerdasein versüßen wird. „Zu uns kommen die Leute, die gerne lesen. Und die zum Teil auch durch die Corona-Zeit wieder ans Lesen gekommen sind.“

Gefragt sind unterhaltsame Bestseller

Gern gelesen werden in Hamborn die Krimis von Alex Lépic und Gil Ribeiro, von Elizabeth George und Louise Penny, David Safiers Miss-Merkel-Reihe, die Romane von Sofia Lundberg und Lucinda Riley, deren ersten Krimi Margit Meier gerade liest. Sie bereitet sich auf die Fragen von Leserinnen vor, ob denn auch der Krimi ihrer Lieblingsautorin empfehlenswert ist. Auch in Hamborn liest man also vor allem unterhaltsame Bestseller, Anspruchsvolles „eher vereinzelt“.

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Ob die beliebten Lesungen – vor allem aus „Büchern vonne Ruhr“ vom Bottroper Verlag Henselowsky Boschmann – wiederkehren? Gerne würde Margit Meier wieder Lesungen organisieren, aber im Sommer ist es im kleinen Raum, der maximal 30 Besucher fasst, zu warm. Und im Herbst droht eine neue Corona-Welle. „Ich habe keine Energie, etwas zu planen, ich traue mich nicht.“

>> MIT BÜCHERN AUFGEWACHSEN

  • „Ich bin mit Büchern aufgewachsen“, sagt die 1955 geborene Margit Meier. Geschenkt gab es Bücher nur zum Geburtstag und zu Weihnachten, aber die Stadtbibliothek, anfangs untergebracht im alten Hamborner Hallenbad, war gut erreichbar.
  • Als die letzte Buchhändlerin ihr Geschäft am Hamborner Markt aus Altersgründen geschlossen hat, wurde aus einer Kundin die Händlerin. Margit Meier hat „Lesezeichen“ mit ihrer Schwester Ursula Ridder, der gelernten Buchhändlerin, 1995 eröffnet. Die ist inzwischen ausgeschieden und hilft nur noch im Notfall aus.