Duisburg-Serm.. Seit fast 70 Jahren gehen die Wurstsammler der KG Südstern auf Beutezug. Sie kommen in Frack und Zylinder und gehen mit Körben voller Wurst.


„Was wird in Serm im Karneval gesammelt?“ lautete mal eine Frage in der von Bernd Stelter moderierten – inzwischen eingestellten – Quiz-Reihe „NRW Duell“. Zumindest für die Sermer war diese Frage nicht schwer zu beantworten. Die richtige Antwort lautete natürlich: Wurst. Das Ganze geschieht mittlerweile seit fast 70 Jahren immer zur Karnevalszeit.

Die traditionsreiche Formation ist so alt wie die KG Südstern, erläutert der derzeitige Chef Marc Brüning. „Wir sind keine offizielle Gruppe der Sermer Karnevalsgesellschaft“, macht Brüning deutlich, obwohl viele Mitglieder auch bei der KG Südstern aktiv sind. Jeweils am Samstag vor dem Sermer Karnevalszug machen sich die rund 30 Mitglieder der freien Karnevalsjecken, aufgeteilt in mehrere Gruppen, auf den Weg durchs Dorf, um Wurst, Käse und Eier einzusammeln. Die Dorfgemeinschaft ist auf den traditionellen Schnorrgang gut vorbereitet, an kaum einer Tür klopfen die Wurstsammler vergeblich.

Frack und Zylinder gehören zum Schnorren dazu

Aber nicht nur der Schnorrgang ist gute Tradition, auch die edle Kleidung – Frack und Zylinder – gehört seit den Anfangsjahren zum Erscheinungsbild dieser ganz besonderen Gruppierung. Marc Brüning ist sich sicher: „Das gibt es sonst nirgendwo in Deutschland, das ist schon einmalig.“

Die samstägliche Tour durchs Partydorf erfordert nicht nur aufgrund der von Station zu Station immer schwerer werdenden Waschkörbe eine gute Kondition, auch die Trinkfestigkeit der Sammlertruppe – sehr häufig ist der Besuch der Haushalte mit einem Bier oder einem Schnäpschen verbunden – wird dabei auf eine harte Probe gestellt. Er hat seinen eigenen Weg gefunden, um abends im Festzelt dem Prinzen noch halbwegs verständlich Meldung über den erfolgreichen Abschluss der Sammelaktion machen zu können: „Ich trinke zu jedem Schnaps eine entsprechende Menge Mineralwasser. Damit kommt man irgendwie über die Runden.“

Es gibt auch ein eigenes Schnorrerlied

Bis heute wird an jeder Tür zudem auch kräftig gesungen. Das Schnorrerlied, das mit dem Text „En Wosch, en Wosch, en beste Läwerwosch . . .“ beginnt, begleitet die Wurstsammler seit den Anfängen.

Vorsitzender Marc Brüning und Alterspräsident Johannes Issel sind mit von der Sammelpartie.
Vorsitzender Marc Brüning und Alterspräsident Johannes Issel sind mit von der Sammelpartie. © Alexandra Roth | Funke Foto Services

Johannes Issel – der Sermer Karnevalsprinz des Jahres 1976 ist seit 37 Jahren Mitglied der Wurstsammler – macht noch auf eine soziale Komponente aufmerksam: „Wir besuchen auf unserem Gang auch kranke und bettlägerige Dorfbewohner, singen dort unsere Lieder und bringen so ein Stück Karneval in die Wohnstuben. Und einen Piccolo gibt’s noch obendrauf.“




Brauchtums-Urgestein Issel – der Karnevalist ist auch noch Erster Brudermeister der Sermer St. Sebastianus Schützenbruderschaft – blickt auf die ersten Nachkriegsjahre zurück und erläutert, dass mit der Gründung der KG Südstern auch das Wurstsammeln seinen Anfang nahm. „Serm hatte damals rund 25 Bauernhöfe, das Dorf hatte gerade mal 400 Einwohner. In der kalten Jahreszeit wurde immer geschlachtet, da kam man auf die Idee, für die Bewirtung der Karnevalsgäste auf den Bauernhöfen Wurst zu schnorren.“

Eine Wurstsammlerin reist jedes Jahr aus Schottland an

Auch der vornehme Zwirn rührt aus alten Zeiten. „Man ging ja nicht in abgewetzter Kleidung zu den Bauern, das machte man natürlich im Sonntagsstaat“, sagt der 68-Jährige. Komplettiert wurde das Outfit oft mit Großvaters altem Zylinder.

So fein gemacht, ziehen die Wurstsammler auch am Karnevalssamstag los. Dabei sein wird auch wieder Stefanie Sweeney aus dem schottischen Torrance, die der Liebe wegen vor einigen Jahren in die Nähe von Glasgow gezogen ist. Die gebürtige Sermerin lässt es sich nicht nehmen, jedes Jahr zur Karnevalszeit in ihre Heimat zurückzukehren. Und natürlich zum Wurstsammeln.

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Die gesammelten Lebensmittel finden vielfach Verwendung. Der Prinz erhält nach wie vor einen großen Teil für die Bewirtung seiner Gäste. Das Prinzenfrühstück findet jeweils am Sonntagmorgen vor dem Zug statt. Die Kinderprinzencrew erhält ebenfalls einen Anteil.

Zudem werden die Wurstspezialitäten für die Erbsensuppe verwendet, die in einer Gulaschkanone zubereitet wird und am Festzelt ebenfalls für Gäste und Helfer bereitsteht. Aber auch die Besucher des Karnevalszuges profitieren davon. Die Wurstsammler mit ihrem Marketenderwagen sind von Anfang an Bestandteil des Zuges. Die Jecken am Rande des Zuges werden von dort aus mit Wurst und Käse durch die Sammler bestens versorgt. Auch bei der Beerdigung des Hoppeditz am Dienstag kann man sich noch ausreichend stärken.

Am Ende wird noch haltbare und verwertbare (verpackte) Ware auch noch der Duisburger Tafel zur Verfügung gestellt.