Duisburg. Noch im ersten Halbjahr 2022 soll der Zoo Duisburg Heimat für eine faszinierende Tierart werden. Dafür leistet der Tierpark einen Kraftakt.
Sie sind schwer, dick, gefräßig und ungemein beliebt: Seekühe. Viele Menschen sind geradezu entzückt, wenn sie den sanften Kolossen begegnen. Und alsbald wird es im Duisburger Zoo die Gelegenheit dazu geben. Noch im ersten Halbjahr 2022 sollen die ersten Manatis, wie sie in ihrer südamerikanischen Heimat genannt werden, ins Rio Negro einziehen. Für den Tierpark am Kaiserberg bedeutet das in der Vorbereitung eine wahre Kraftanstrengung.
Becken im Zoo Duisburg: Acht Schleifgänge sorgen für klare Sicht
Gut zwei Wochen waren jetzt Spezialisten der Firma New Wave damit beschäftigt, die 18 mal 2,50 Meter große Panoramascheibe des Beckens in der Tropenhalle auf Vordermann zu bringen. Nach gut 17 Jahren hatte die eine Auffrischung bitter nötig. Die auch international renommierten Aquarium-Experten aus Wassenberg, die bereits seit 1992 mit dem Duisburger Zoo zusammenarbeiten, hatten dabei alle Hände voll zu tun. „Nach der Reinigung standen acht Schleifgänge an, um für eine klare Sicht zu sorgen“, erklärt Majid Saidi von New Wave. Dann musste die Scheibe poliert und anschließend versiegelt werden. Innen und außen und alles in Handarbeit.
Der Aufwand für die Außenarbeiten war dabei naturgemäß geringer. Um die Scheibe innen bearbeiten zu können, mussten die anderen Beckenbewohner zunächst in einen hinteren Bereich umziehen. Dann erst konnten die 650.000 Liter Wasser abgelassen werden, um ein Gerüst in dem steil abfallenden Becken aufzubauen, damit Saidi und seine Kollegen zu Werke gehen konnten.
Nun ist die Scheibe mit einer grünen Schutzfolie beklebt, weil auch im Besucherbereich noch weitere Arbeiten anstehen. Der Spritzbeton, der dabei verwendet wird, könnte sonst leicht alle bisherigen Anstrengungen zunichte machen.
Arbeiten im Zoo Duisburg: Ausgeklügeltes Filtersystem
Aufwendig ist aber vor allem die Umrüstung und Erweiterung der Filteranlage. „Manatis sind mit Elefanten verwandt und reine Pflanzenfresser. Was bei denen hinten rauskommt, ist doch schon mehr als bei dem Flussdelfin, der vorher in dem Becken gelebt hat“, erklärt Maik Peschke, der als Revierleiter auch die Seekühe unter seinen Fittichen haben wird. Zudem müsse auch verhindert werden, dass Salatblätter, die von den Manatis besonders geschätzt werden, und andere Futterreste die Filter verstopfen oder abdecken könnten. Da ist echtes Feintuning erforderlich.
Um glasklares sauberes Wasser zu erhalten, bedarf es eines ausgeklügelten Filtersystems mit integrierten Strömungspumpen, durch das das gesamte Wasser pro Tag zwölf mal durchrauscht. „Ohne die Sparkasse Duisburg wäre dieser ganze Umbau nicht möglich. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Zoo-Sprecher Christian Schreiner. Mit 433.000 Euro unterstützt das Geldinstitut die Umsetzung des ehrgeizigen Projekts.
Zoo Duisburg: Transport der Manatis erfordert Schwenkkran
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Einen ganz besonderen Kraftakt stellt letztlich der Transport und der Einzug der Tiere dar, die bis zu vier Metern lang werden und ein Maximalgewicht von 800 Kilogramm erreichen können. „Das wird eine logistische Höchstleistung“, weiß Sandra Dollhäupl, die als Kuratorin auch für das Aquarium und die Tropenhalle zuständig ist. Die Transportkisten (3,50 Meter lang, 1,30 Meter breit und 1,60 Meter hoch) erfordern nicht nur ein spezielles Gefährt, sondern auch einen Schwenkkran, um die Manatis gefahrlos ins Wasser zu hieven.
Wie viele Seekühe sich das Becken in Duisburg teilen werden, ist noch ungewiss. „Unser Wasserareal kann von maximal drei Manatis bewohnt werden“, sagt Sandra Dollhäupl. Die Entscheidung, mit wie vielen Tieren der Zoo Duisburg startet, liegt in den Händen der Zuchtbuchführer des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) in Nürnberg. Der Tierpark dort ist bislang der einzige in Deutschland, der Karibik-Manatis beherbergt und das seit 1979.
Neue Tierart in Duisburg: Seekühe sind gemütliche Gewohnheitstiere
Von diesen Erfahrungen profitiert auch der Duisburger Zoo, der mit den Nürnberger Kollegen schon seit der Planung des Projektes im engen Austausch steht. Der direkte Draht ist zudem dadurch gegeben, dass sowohl Maik Peschke als auch Sandra Dollhäupl im Nürnberger Tierpark gearbeitet haben. Weil sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit den Manatis auch trainiert hat, kennt die Kuratorin die friedfertigen Giganten gut.
„Seekühe sind ruhige und gemütliche Gewohnheitstiere“, beschreibt sie die grauen Dickerchen. „Sie mögen Vorhersehbarkeit. Sie sind ein bisschen langsamer im Wasser unterwegs, aber genauso fit wie Seelöwen oder Delfine.“ Sie würden zwar in großen Verbänden leben, aber keine persönlichen Bindungen zu anderen Artgenossen aufbauen. Zu ihren Pflegern können sie aber Vertrauen fassen, was auch wichtig für die Gesundheitspflege ist.
Projekt mit ganz viel Herzblut im Zoo Duisburg
Um ein solches Verhältnis aufzubauen, geht gerade bei Manatis die „Liebe“ durch den Magen. Denn nichts machen die properen Schwergewichte lieber als fressen. Seegras ist ihre eigentliche Leibspeise, aber bei verschiedenen Gemüsesorten und vor allem bei frischen Blattsalaten zeigen sich Manatis nicht als Kostverächter. Bis zu 40 Kilogramm verputzt eine Seekuh pro Tag und da sie sich überwiegend in ihrem nassen Element aufhält und nur kurz zum Atemholen an die Wasseroberfläche kommt, müssen die Pfleger beim Füttern ihrer Schützlinge halb unter Wasser auf einer Plattform stehen.
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Die IUCN (International Union for Conservation of Nature) führt die Seekühe als gefährdete Tierart auf der „Roten Liste“. „Damit gehören auch die Manatis zu den bedrohten Tierarten Südamerikas. Mit den Seekühen bekommen wir eine weitere Flaggschiff-Tierart für den Artenschutz“, erklärt Schreiner. „Manatis schaffen es, bei den Menschen Emotionen zu wecken. Und nur wenn man Emotionen weckt, sind Menschen bereit, sich dafür einzusetzen. Davon profitieren auch längerfristig andere Tierarten.“
Bei den Zoomitarbeitern und -mitarbeiterinnen, die an dem Projekt beteiligt sind, haben die Seekühe schon längst Emotionen geweckt – obwohl sie noch nicht da sind. „Wir freuen uns sehr auf sie“, sagt Sandra Dollhäupl, „wir stecken ganz viel Herzblut rein, dass alles gut klappt.“
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- In Südamerika halten sich die Seekühe meist in flachen Wasserbereichen an der Küste und in den darin mündenden Flüssen auf. Sie leben somit im Salz- wie auch im Süßwasser. Da sie kaum natürliche Feinde haben, geht die größte Bedrohung für sie vom Menschen aus.
- Wegen ihres Fleisches, ihres Fettes und ihrer Haut, die zu Leder verarbeitet wurde, hat der Mensch früher die Rundschwanzseekühe gejagt. Heute setzt den imposanten Tieren die Verschmutzung der Gewässer enorm zu. Gefährlich ist für die langsamen Manatis auch die wachsende Anzahl von Motorbooten. Oft verursachen Schiffsschrauben grausame Wunden. Direkte Kollisionen enden oft tödlich für die Tiere.
- Um den Lebensraum der Seekühe zu schützen, unterstützt der Zoo Duisburg seit Jahren die Organisation Yaqu Pacha, die sich in Südamerika für die Manatis und andere Wasser-Tierarten einsetzt.