Duisburg-Ruhrort. 1922 wurde der Radschleppdampfer in Ruhrort fertig gestellt. Rückblick auf eine bewegte Geschichte. So wird der 100. Geburtstag gefeiert.

Im Vincke-Kanal in Duisburg-Ruhrort liegt ein echtes Schätzchen: Die „Oscar Huber“ wurde 1992 auf der Werft Berninghaus gebaut und feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Der Radschleppdampfer war auf dem gesamten Rhein zwischen Basel und Rotterdam unterwegs. Seinen heutigen Namen bekam das Schiff allerdings erst 1940. Oscar Huber war der Geschäftsführer der Reederei und Spedition Raab Karcher. Ein Rückblick auf bewegte Schifffahrtsgeschichte.

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Das Team des Binnenschifffahrtsmuseum hat historische Bücher gewälzt: Die ersten Radschleppdampfer gab es in den Niederlanden bereits ab 1821, sie dienten zum Schleppen von Lastkähnen. 1845 wurde dann der erste Radschleppdampfer in Deutschland gebaut – in Ruhrort. Er entstand auf der Werft Jacobi, Haniel & Huyssen. Das war aber lange vor der Zeit der Oscar Huber, die erst 1922 zum ersten Mal ablegte.

Schiff brauchte für die Fahrt von Duisburg nach Rotterdam sechs Tage

Sie misst 75 Meter, ist an den Schaufelkästen 21 Meter breit und fährt mit 1550 PS. „Der Kohle- beziehungsweise Heizölverbrauch betrug von Duisburg bis Rotterdam 70 Tonnen in sechs Tagen“, wurde notiert. Zudem gibt’s eine Besonderheit: Wegen der niedrigen Brücken am Niederrhein kann man die Kamine umlegen.

Ein Blick unter Deck in den Maschinenraum, wo aus Kohle 1550 PS erzeugt wurden.
Ein Blick unter Deck in den Maschinenraum, wo aus Kohle 1550 PS erzeugt wurden. © rr | Museum der Deutschen Binnenschifffahrt

Aus Beschreibungen geht hervor: Bis 1955 wurde das Schiff mit Kohle befeuert. Bis dahin war eine Besatzung von 15 Mann erforderlich. Dazu gehörten der Kapitän, ein Steuermann, ein Rudergänger, zwei Maschinisten, der Koch, drei Matrosen und vier bis sechs Heizer. Vor allem für die Heizer und Maschinisten war der Alltag auf der Oscar Huber hart. Ständig waren neben dem Be- und Entladen von Massengütern auch Wartungs- und Säuberungsarbeiten zu erledigen. Nach der Umstellung von Kohle auf Heizöl fuhren nur noch acht Mann Besatzung mit.

Kein Radar an Bord – gefahren wurde nur tagsüber

Begegnung mit „Oh“.
Begegnung mit „Oh“. © RR | Museum der deutschen Binnenschifffahrt

Heute unvorstellbar: „Da zu der Zeit die Schiffe noch nicht über Radar verfügten, konnte nur bei Tageslicht gefahren werden. Bei Dunkelheit lag das Schiff also still“, berichtet Stadtsprecher Malte Werning. Die gesamte Mannschaft übernachtete an Bord – es gab einen Schlafraum für die Mannschaft, für den Kapitän, den Steuermann und die Maschinisten. Fuhr die Familie des Kapitäns mit, krochen die Kinder nachts in Schlafnischen.

Kurz vor Kriegsende 1945 befahl die deutsche Wehrmacht der Besatzung, die Oscar Huber „kontrolliert“ zu versenken. So konnten die Alliierten das Schiff nicht einnehmen. „1946 wurde der Raddampfer wieder gehoben und trat 1947 nach einigen Reparaturen die weitere Fahrt über den Rhein an.“

Nach dem Einsatz für Raab Karcher wurde aus der Oscar Huber ein Partyschiff

Viele Besucher des Museums der Deutschen Binnenschifffahrt kombinieren ihren Besuch mit einer Besichtigung der Museumsschiffe oder einer Hafenrundfahrt.
Viele Besucher des Museums der Deutschen Binnenschifffahrt kombinieren ihren Besuch mit einer Besichtigung der Museumsschiffe oder einer Hafenrundfahrt. © FFS | Lars Froehlich

1966 war dann allerdings die letzte Fahrt im Auftrag von Raab Karcher. Nach der industriellen Nutzung wurde für die Oscar Huber ein Verein gegründet, der das Schiff erhalten wollte. So gab’s eine dreijährige Verlängerung als Partyschiff. 1971 übernahm die Stadt schließlich den Dampfer und rettete ihn somit vor der Verschrottung. „Im Rumpf des Schiffes befand sich das erste Schifffahrtsmuseum der Stadt“, so Werning. Heute ist der Radschleppdampfer nicht mehr fahrbereit. Er steht unter Denkmalschutz und wird in regelmäßigen Abständen zur Überholung auf die Meidericher Schiffswerft geschleppt. Das meiste an Bord ist noch im Originalzustand erhalten.

Zum 100. Geburtstag gibt es am Sonntag, 8. Mai, eine Feier am Ruhrorter Leinpfad – der Shantychor 1983 der Wasserschutzpolizei bringt ein Ständchen. Nachdem Oberbürgermeister Sören Link ein paar Grußworte gesprochen hat, wird das Fest eröffnet.

Im Jubiläumsjahr hat das Team des Museums eine Ausstellung im Schiffsrumpf konzipiert mit dem Thema „Arbeitswelten und Leben an Bord“. Gezeigt werden Fotos aus den vergangenen Jahrzehnten, die mit dem Leben und Arbeitsalltag an Bord zu tun haben. Außerdem sind auch verschiedene Filme zu sehen, wie der oscarprämierte amerikanische Film von 1961 „Die Wunderwelt der Brüder Grimm“ mit Karl-Heinz Böhm und Laurence Harvey. Besucher können sich im Schiffsrumpf den Wohnraum, das Schlafzimmer und die Küche des Kapitäns anschauen.

>> Umfangreiches Festprogramm

  • Das Festprogramm zieht sich durch das ganze Jahr. So ist am 19. Juni von 12 bis 13 Uhr der Liedermacher und Musiker Tobias Rotsch zu Gast. Motto „Ruß im Gesicht – und mehr nicht“.
  • Am 17. Juli spielt von 12 bis 13 Uhr das Theater Kreuz & Quer für Kinder ab fünf Jahren das Stück „Der Fischer, seine Frau und das Fischstäbchen.“
  • Am 19. August findet von 20 bis 24 Uhr ein White Dinner auf der Oscar Huber mit Feuerwerk im Ruhrorter Hafen statt. Tickets gibt es ab 1. Juli auf www.binnenschifffahrtsmuseum.de. Der Künstler Heinz Robert Martin hat auf der Oscar Huber eine Lichtinstallation geschaffen, die das Schiff bei Dunkelheit in ein magisches Licht taucht.

Die regulären Öffnungszeiten des Museums der Deutschen Binnenschifffahrt am Apostelweg 84 und der Oscar Huber sind dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr.