Duisburg. Mehr Fälle und aggressivere Täter – auch kriminelle Clans mischen beim Trickbetrug in Duisburg mit. Das weiß die Polizei über die Drahtzieher.
Sie geben sich am Telefon und an Wohnungstüren als Enkel, Polizisten oder Mitarbeiter des Corona-Impfzentrums aus, setzen Senioren massiv unter Druck und erbeuten so teilweise sechsstellige Bargeldbeträge: Trickbetrüger schlagen in Duisburg immer häufiger zu. Die Polizei ermittelt mit Hochdruck gegen organisierte Banden. Auch kriminelle Clans haben das Geschäft für sich entdeckt.
Schon die reinen Zahlen der Kriminalstatistik verdeutlichen den Anstieg: 67 Fälle von Betrug zum Nachteil älterer Menschen zeigten Duisburger im Jahr 2020 an, 47 Fälle waren es noch 2019. Im vergangenen Jahr waren die Täter bei 31 der 67 Taten erfolgreich, erbeuteten so 288.566 Euro.
Aber: Nach Ansicht der Experten im Polizeipräsidium ist die Dunkelziffer in diesem Bereich extrem hoch, sind die finanziellen Auswirkungen wohl noch viel größer. „Ich würde den Trickbetrug als moderne Banküberfälle bezeichnen. Die finanziellen Schäden sind teilweise gewaltig. Hinzu kommen die psychischen Schäden bei den Opfern“, sagt Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels. 21 der 67 Trickbetrügereien konnten ihre Ermittler 2020 aufklären.
Polizei Duisburg: Präsidentin möchte Trickbetrug mit mehr Mitarbeitern bekämpfen
Dennoch erklärt Bartels: „Wir brauchen mehr Manpower bei der Bekämpfung von Trickbetrug. Die Täter gehen dort äußerst aggressiv und mit perfiden Maschen vor. Vor allem ältere Menschen werden Opfer dieser Machenschaften.“
Ein Beispiel aus dem Herbst 2019: Zigfach rufen Trickbetrüger da bei einer 64-Jährigen an. Einer von ihnen gibt sich als Neffe der Frau aus, der einen Autounfall gehabt haben will. Immer wieder braucht er für die Schadensregulierung mehr Geld: 130.000 werden in mehreren Chargen abgeholt. Dann geht die Duisburgerin zur Polizei und erstattet Strafanzeige.
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Der Fall zeigt: Die Täter gehen sehr gezielt und mit einem Plan vor. Das Risiko für sie ist zunächst gering, denn sie treffen auf Opfer, von denen sie zumindest körperlich keine große Gegenwehr zu erwarten haben.
Trickbetrugsfälle nehmen zu: Wer sind die Täter?
Die Polizeibehörden arbeiten bei der Suche nach den Drahtziehern über Stadtgrenzen hinaus zusammen. Denn man geht davon aus, dass die Täter mobil sind, nicht immer nur in einer Stadt zuschlagen.
Doch wer sind die Täter überhaupt? Die Ermittler sehen unter anderem in Duisburg eine Verbindung zwischen kriminellen Großfamilien und riesigen Callcentern, zum Beispiel in der Türkei. Von dort aus rufen Mitarbeiter bei den Senioren an. In akzentfreiem Deutsch präsentieren sie eine Lügengeschichte, üben Druck aus. Im Dezember 2020 hoben Behörden in Izmir ein solches Callcenter aus. Nach Angaben des Landeskriminalamts NRW stellten Ermittler bei der Aktion in der Türkei unter anderem 1,5 Millionen Euro und 200.000 Dollar in bar sicher.
Für die Geldübergabe in Deutschland setzen die Clans beim sogenannten „Enkeltrick“ minderjährige Mitglieder ein. Für die Masche mit falschen Polizisten werden unter anderem über Facebook und Whatsapp Unbekannte angeworben, teilweise handelt es sich dabei nach Polizeiinformationen um Drogenabhängige. „Die Geldabholer kennen die Hintermänner häufig gar nicht. Wenn sie geschnappt werden, können die nicht viel sagen“, erklärt Elke Bartels. Das mache die Ermittlungen extrem kompliziert.
>> STARKER ANSTIEG BEI BETRUGSFÄLLEN IM JAHR 2020
- Während die Zahl der Einbrüche und Taten im Bereich der Straßenkriminalität 2020 – auch bedingt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie – zurückging, stieg die der Betrugsfälle. Mit einem Plus von 1530 Fällen im Vergleich zum Vorjahr auf 9206 Taten gab es einen starken Anstieg.
- Auch ein Grund für die starke Zunahme: Unter dieser Deliktgruppe registriert die Polizei auch die Erschleichungen von Leistungen, das „Schwarzfahren“. Dort nahm der Kontrolldruck durch die Überprüfung der Maskenpflicht deutlich zu.