Duisburg. Das Nord-Süd-Gefälle bei der Kriminalitätsbelastung in Duisburg wird immer deutlicher. Vier Stadtteile fallen dabei besonders auf. Eine Analyse.

Welche Stadtteile sind in Duisburg besonders von Kriminalität betroffen? Ein Bericht der Polizei mit aktuellen Kriminalstatistiken zum Jahr 2020 weist die Gesamtanzahl aller Straftaten für die einzelnen Duisburger Ortsteile aus.

Wie bereits 2019 registrierte die Behörde auch im vergangenen Jahr erneut im Dellviertel mit Abstand die höchste Gesamtkriminalität, gefolgt von Altstadt, Hochfeld und Marxloh. Auffällig: In der Rangliste der Stadtteile mit den meisten dort gemeldeten Straftaten sind exakt die gleichen 15 Ortsteile vertreten wie 2019. Sie liegen alle in den Stadtbezirken Mitte, Nord oder West.

Das Nord-Süd-Gefälle in Duisburg hat sich nach Angaben der Polizei 2020 noch einmal verschärft. „Vergleicht man die Belastungszahlen mit denen des Vorjahres, so kann festgestellt werden, dass die südlich der Ruhr gelegenen Stadtteile zum Teil deutlich entlastet wurden, wogegen die Stadtteile Obermeiderich und Hochemmerich gegen den Trend stärker betroffen waren“, heißt es in einer Zusammenfassung der Polizei.

Straßenkriminalität in Duisburg: Hohe Zahlen im Dellviertel und Hochfeld

Die Kriminalitätsbelastung vor Ort ist auch nach Delikttypen aufgeschlüsselt: Im Dellviertel und in der Altstadt zählte die Polizei besonders viele Fälle von Straßenkriminalität. Allerdings gingen die Fallzahlen im Vergleich zu 2019 durch die Einflüsse derCorona-Pandemie auf das Alltagsgeschehen zurück.

Ein ähnliche Verteilung zeigt sich bei Gewalttaten: Hier sind in Hochfeld, im Dellviertel und in Marxloh die meisten Fälle registriert worden. Dort halten sich nach Angaben der Polizei auch besonders viele Menschen auf öffentlichen Plätzen auf. Nach Marxloh rückte die Polizei zudem besonders häufig wegen Fällen häuslicher Gewalt aus, nämlich 62 Mal.

Wohnungseinbrüche: Auch Duissern stark betroffen

Bei Wohnungseinbrüchen führen ebenfalls Hochfeld, Marxloh und das Dellviertel die Statistik an. Aber auch in Duissern schlugen die Täter mit 42 Einbrüchen besonders häufig zu.

Taschendiebe waren 2020 am häufigsten im Dellviertel, Alt-Hamborn und der Altstadt unterwegs. Bei Raubüberfällen waren die Täter ebenfalls im Dellviertel besonder aktiv. In dieser Kategorie waren die Stadtteile im Westen Duisburgs seltener betroffen als im Vorjahr, als dort eine Jugendbande für zahlreiche Taten verantwortlich war.

Was das starke Nord-Süd-Gefälle in Duisburg erklärt

Doch was führt in Duisburg zu dem starken Nord-Süd-Gefälle? Und warum sind gerade die Ortsteile Dellviertel, Marxloh, Hochfeld und Altstadt immer wieder stark von Kriminalität belastet?

Die Polizei verweist bei Vergleichen auf Merkmale wie die Einwohnerzahl und abweichende Sozialstrukturen wie das Bildungsniveau und die Altersstruktur.

In Marxloh (20.778 Einwohner) und Hochfeld (18.283) leben laut Amtsstatistik fürs dritte Quartal 2020 vergleichsweise viele Menschen. Das gilt aber beispielsweise auch für Bergheim (20.437), das in der Rangliste nicht unter den ersten 15 zu finden ist. In Buchholz (14.057) wohnen ebenfalls nahezu so viele Menschen wie im Dellviertel (14.193).

Integrationsprobleme rücken in den Fokus

Nach einer gemeinsamen Langzeitstudie der Hochschulen Münster und Bielefeld, bei der die Wissenschaftler 3000 Menschen in Duisburg befragten, sind soziale Benachteiligungen, familiäre Gewalt, ein schlechtes Schulklima und der Konsum von Gewaltmedien ebenfalls als indirekte Faktoren herausgearbeitet worden.

In Duisburg rückt bei der Betrachtung der Zahlen aus dem Jahr 2020 somit auch das Thema Migration in den Vordergrund: Der Polizeistatistik nach waren 40,9 Prozent der stadtweit ermittelten Tatverdächtigen keine Deutschen, hatten also eine andere Staatsangehörigkeit (inklusive der Verstöße gegen Ausländer- und Asylverfahrensgesetze). Ausländer sind also in der Kriminalstatistik stark überrepräsentiert: Von den Ende September 2020 gezählten 499.857 Duisburgern hatten 112.652, also 22,5 Prozent, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

Nach Daten der Stadtverwaltung ist der Ausländeranteil in Hochfeld (59,7 Prozent) und Marxloh (57,7 Prozent) mit Abstand am höchsten. Das Dellviertel befindet sich im Stadtvergleich mit 30,5 Prozent Ausländeranteil ebenfalls im vorderen Bereich.

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Eine Analyse der Bundeszentrale für politische Bildung zum Zusammenhang von Migration und Kriminalität kommt zu dem Schluss, dass auch unter Migranten nur ein kleiner Teil straffällig werde. Allerdings fielen Migranten(-nachkommen) insgesamt häufiger mit Straftaten auf als Nicht-Migranten. Die Unterschiede seien zum Teil mit einer unterschiedlichen Alters- und Geschlechtszusammensetzung sowie mit belastenden Lebensumständen und -erfahrungen in einigen Zuwanderergruppen zu erklären.

Eine weitere Erkenntnis: Erwachsene Migranten mit Aussicht auf Zugang zum Arbeitsmarkt würden allgemein recht selten straffällig.

Mehrere Parteien hatten vor der Kommunalwahl im Herbst mit Blick auf die Sicherheit gefordert, dass Zuwanderung und Integration in Duisburg sozialverträglicher gesteuert werden müssten.

>>LEICHTER ANSTIEG BEI HÄUFIGKEITSZAHL

  • Die Häufigkeitszahl bei Straftaten ist in Duisburg erstmals seit dem Jahr 2015 gestiegen. Sie beschreibt die Zahl der bekannt gewordenen Fälle auf 100.000 Einwohner.
  • 2020 waren es in dieser Kategorie 8641 Straftaten auf 100.000 Duisburger. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 8457 Taten.