Duisburg. 49 Haftbefehle im Jahr 2019 gehen in Duisburg auf das Wirken der „Staatsanwälte vor Ort“ zurück. Darunter zwei Schläge gegen kriminelle Clans.
Wie mächtig sind kriminelle Großfamilien in Duisburg? OB Sören Link hat zuletzt gesagt, dass die kriminellen Clans infrage stellen wollten, dass der Staat in jedem Viertel der Platzhirsch ist. Zwei heftige Tumulte unter Beteiligung von Clan-Mitgliedern brachten Polizisten im Mai in Marxloh in prekäre Situationen. Auf die Null-Toleranz-Strategie des NRW-Innenministeriums reagierte die Szene kurz darauf mit einer Anschlagsdrohung gegen die Duisburger Polizei. In dem Pilotprojekt „Staatsanwälte vor Ort“ arbeiten zwei Staatsanwälte in einem Sonderdezernat daran, Ermittlungen und Verfahren gegen die Clans im Duisburger Norden voranzutreiben. Zwei Schläge gegen Großfamilien im vergangenen Jahr gehen auf ihr Konto.
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573 Ermittlungsverfahren haben die Staatsanwälte 2019 geführt. Die Schwerpunkte dabei beschreiben das Wirken der kriminellen Großfamilien: Darunter sind 94 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, 75 vorsätzliche Körperverletzungen und 61 Verfahren wegen Betrugs oder Untreue. „Ein Streifzug durch das Strafgesetzbuch“, nennt der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Bien die Bilanz, zu der unter anderem auch noch 251 allgemeine Straftaten wie Verstöße gegen das Waffen- und Aufenthaltsgesetz kommen. 49 Haftbefehle gehen auf die Arbeit der „Staatsanwälte vor Ort“ zurück, die eng mit Behörden wie der Polizei, dem Zoll und der Steuerfahndung kooperieren.
Duisburg: Staatsanwälte bereiteten Schläge monatelang vor
Darunter auch zwei große Schläge: Nach zehnmonatiger intensiver Vorarbeit durchsuchen über 100 Polizisten am 2. Juli 2019 bei einer Razzia an der Wanheimer Straße in Hochfeld zahlreiche Wohnungen, Cafés und Geschäfte. Die Einsatzkräfte fahren in Bussen vor, ein Hubschrauber positioniert sich über dem Stadtteil, Straßenbahnlinien fahren eine Umleitung. 20 Durchsuchungsbeschlüsse gibt es. 16 Mitglieder eines Clans werden beschuldigt, auf der Straße im großen Stil mit Marihuana gehandelt zu haben. „Nach diesem Tag haben wir Dankesschreiben von Anwohnern bekommen“, erzählt Horst Bien. Der Prozess gegen die Gruppe soll im Juli beginnen.
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Gegen eine achtköpfige Gruppe aus dem Clan-Milieu ist ein Urteil dagegen schon gefallen: Die Mitglieder hatten über Wochen sieben Spielhallen, Tankstellen und Supermärkte überfallen. Bei den Taten waren sie unter anderem mit Softair-Pistolen bewaffnet.
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Die jüngeren Täter kamen mit Jugendstrafen davon. Der Haupttäter muss für acht Jahre ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft schätzt die Strafe als Urteil mit Signalwirkung ein.
Nicht nur Clans mit libanesischen Wurzeln in Duisburg aktiv
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Vor zwei Jahren, am 18. Juni 2018, haben die zwei „Staatsanwälte vor Ort“ ihren Dienst in Duisburg angetreten. „Mittlerweile wissen wir viel mehr zum Hintergrund der kriminellen Strukturen“, berichtet der Leitende Oberstaatsanwalt. So seien in Duisburg nach bisherigen Erkenntnissen nicht nur Clans mit libanesischen Wurzeln aktiv. „Auch andere Nationalitäten mischen mit“, sagt Bien. Die Polizei hatte vor Monaten davor gewarnt, dass die arabischen Clans sich in Hochfeld mit großen Familien aus Osteuropa vernetzen könnten.
Die Polizei beobachtet in Duisburg 70 kriminelle Großfamilien mit 2800 Mitgliedern. 153 Einsätze gegen Clans hat sie 2019 registriert.
Pilotprojekt des Landes NRW
Im Juni 2018 haben zwei erfahrene Staatsanwälte für das Pilotprojekt „Staatsanwälte vor Ort“ ihr Büro im Duisburger Norden bezogen. Mit dem Projekt möchte das Land NRW systematisch gegen kriminelle Clanstrukturen vorgehen.
Die Staatsanwälte arbeiten in enger Abstimmung mit dem Zoll, der Finanzverwaltung und der Polizei zusammen.