Bottrop. Guido Trenn und Franz-Josef Schumacher reisten für zwei Wochen nach Äthiopien. Eine Reise, die die pensionierten Ärzte nie vergessen werden.
Vom 29. März bis zum 13. April dauerte die Äthiopienreise von Dr. Guido Trenn, ehemaliger Chefarzt des Knappschaftskrankenhauses in Bottrop, und Dr. Franz-Josef Schumacher, ehemaliger Leiter der chirurgischen Klinik am Philippusstift in Essen. Ihr Ziel: das Attat Hospital. Beide sammelten dort viele neue Erfahrungen und Eindrücke.
Attat Hospital: Anreise auf Einladung von Krankenhausleiterin Rita Schiffer
Nachdem Trenn und Schumacher beide im Jahr 2022 in Pension gingen, hat bei ihnen „schon lange das Interesse bestanden, in Entwicklungsländern zu helfen“, berichtet Schumacher. Als sein Kollege Trenn dann von der Ordensschwester, Gynäkologin und Leiterin Rita Schiffer des Attat Hospitals eingeladen wurde, war Schumacher sofort überzeugt mitzukommen.
Die Missionsärztliche Schwester leitet seit 25 Jahren die Klinik – 175 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Addis Abeba auf freiem Feld. Die medizinische Station wurde im Jahr 1965 als Geburtenklinik gegründet und seitdem zu einem Krankenhaus mit mehreren Gebäuden und vielen Stationen vergrößert. Täglich werden dort Hunderte Patienten versorgt und operiert.
Lebenswichtige Medikamente sind begrenzt vorhanden
Nach einer vierstündigen Fahrt zum Attat Hospital haben die beiden während einer Rundführung von Schwester Rita gezeigt bekommen, dass die Ärzte, Hebammen und sogenannte „Health Officers“ auf einem Wohncampus auf dem Krankenhausgelände leben und immer notfallbereit sind, Patienten auf den Stationen zu behandeln.
Die meisten notwendigen Utensilien, Materialien und Medikamente sind im Attat sehr begrenzt vorhanden, da der Staat nur einen kleinen Teil der Finanzierung übernimmt. Basismedikamente und Impfstoffe werden von der Regierung gestellt. Alles weitere beruht auf Spendengeldern.
Pro Operation wird nur ein Faden verbraucht, in Deutschland das Zehnfache
Trotz Mangel an Fachkräften und Utensilien werden im Attat Hospital täglich viele Operationen schnell und reibungslos durchgeführt. Am Tag meistens drei bis sechs Kaiserschnitte und im Jahr circa 4000 Geburten. Dr. Schumacher hat während der Reise seinen ersten Kaiserschnitt gemacht.
Bei Operationen herrschen unvergleichbare Bedingungen. „Während man in Deutschland zehn bis 15 Fäden pro OP verbraucht, müssen die Ärzte da mit einem einzigen Faden zu Ende operieren“, erzählt Dr. Schumacher.
Es gibt keine Hightech-Medizin und „man nimmt, was gerade da ist“. Operationsinstrumente werden zum sterilisieren in Zeitungen eingewickelt und weil zu wenig Desinfektionsmittel vorhanden ist, müssen die Mitarbeiter und Patienten mit Kernseife auskommen.
Zusätzlich unterbricht die Stromversorgung gelegentlich. In den Schlafsälen mit 25 rostigen Betten ohne Laken schlafen Angehörige auf Matten. Die Familien der Patienten kümmern sich selbst um die Essensversorgung.
„Beeindruckende Logistik“ führt zu erfolgreichen Operationen
Besonders beeindruckt sind Trenn und Schumacher davon, wie viel „hervorragende Versorgung“ im Attat Hospital trotz der Bedingungen geleistet wird. Sie berichten, dass durch die Notlage und die vielen Patienten oft „keine Zeit zum Diskutieren“ bleibt und die Verfahren dadurch sehr schnell durchgeführt werden.
Rita Schiffer gewann für das Projekt „Nachhaltige chirurgische Versorgung in Attat“ den Humanitären Preis 2022. Trenn und Schumacher finden, sie „schafft mit ihrer Arbeit einen unverzichtbaren Versorgungsschwerpunkt“ für die insgesamt 92.000 Patienten, die pro Jahr kilometerweite Strecken zu Fuß zurücklegen, um im Attat behandelt zu werden. In der ganzen Region wird sie erkannt und „auf der Straße von Patienten umarmt oder geküsst“, erzählt Schumacher.
„Wir haben viele warmherzige Menschen kennengelernt“
Bewegt erzählen die beiden Ärzte davon, wie dankbar die Patienten in Äthiopien für die Versorgung sind. „Wir haben viele warmherzige Menschen kennengelernt.“
Trenn war am meisten davon beeindruckt, mit welcher Akzeptanz die Menschen dort mit schlechten Nachrichten umgehen. „Auch wenn man jemandem gesagt hat, dass man leider nichts mehr für ihn tun kann, wurde sich aufrichtig bedankt“, erzählt er.
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Insgesamt ist die Trauerbewältigung eine ganz andere. „Der Tod wird ganz anders hingenommen, was viel mit der religiösen Verwurzelung des Volkes zu tun hat“, sagt Trenn. Patienten und Angehörige in Äthiopien sind daran gewöhnt, dass Leute aufgrund des begrenzten Versorgungsangebots bei Krankheit jung sterben.
Den christlichen Einschlag bemerkt man auch im Krankenhaus selbst. Eigentlich müssen die Patienten speziellere Behandlungen oder Medikamente, die trotz der Spenden „schlichtweg zu teuer sind“, anteilig bezahlen. Die Beiträge, die die Patienten Schwester Rita meistens freiwillig in die Kitteltasche stecken, werden allerdings nicht geprüft. Es gilt das Motto „Jeder tut, was er kann“ und niemand wird weggeschickt, weil er nicht bezahlen kann.
Die beiden Ärzte beschreiben ihre Reise als „bleibende Erfahrung“. Beide erkennen die Arbeit des Teams von 200 Mitarbeitern als ausgezeichnete Leistung an, denen es gelingt ,„mit geringem Aufwand ohne hoch spezialisierte Medizin vielen Menschen sehr gut zu helfen.“
Bottroper Ärzte spüren die Dankbarkeit der Patienten
Trenn hat die Ungerechtigkeit, die auf der Welt herrscht, während der Reise gespürt. Er hat gelernt, dass es im Attat Hospital wichtig ist, „sich nicht von der Frustration abbringen zu lassen, auch wenn man viele Grenzen schmerzhaft erleben muss“.
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Trenn und Schumacher stellen fest, dass das Spektrum der Behandlungen im Attat erweitert werden muss. „Um der Basisversorgung gerecht zu werden, muss die Finanzierung moderner Medikamente und apparativer Ausstattung gesichert werden.“
Beide wollen sich auch zukünftig im Attat Hospital einbringen und organisieren, mittels einer großen Sammelaktion in umliegenden Krankenhäusern Utensilien, Instrumente und Medikamente, um diese nach Äthiopien zu schicken. Ob sie künftig an der Planung von Veranstaltungen oder Weiterbildungen der behandelnden Ärzten beteiligt sein werden, ist noch in Planung.
Spenden für das Attat Hospital
Das Attat Hospital der Missionsärztlichen Schwestern in Äthiopien finanziert sich zu 50 Prozent durch die Beiträge der Patienten und zu 50 Prozent durch Spenden. Um das Spektrum der Versorgungsmöglichkeiten zu erweitern, muss die Finanzierung moderner Medikamente und apparativer Ausstattung gesichert werden. Jede Hilfe ist willkommen.Spenden gehen an Missionsärztliche Schwestern Deutschland, Stichwort: Attat Hospital (sehr wichtig!), IBAN: DE40 3606 0295 0047 4000 15