Bottrop. Maria 2.0 kämpft in der Kirche für die Rechte von Frauen und Homosexuellen. Warum nun auch Bottroperinnen mitmachen und was sie erreichen wollen.
Vor der Cyriakus-Kirche weht die Regenbogenfahne. Sie ist unter anderem das internationale Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung. Dass sie nun vor der Eingangstür von Bottrops ältester Kirche hängt, liegt an der örtlichen Gruppe von Maria 2.0. Seit gut 14 Tagen setzen sich die Mitglieder – in der Hauptsache Frauen – für Veränderungen in der Kirche ein.
Am Sonntag vor einer Woche haben sie außerdem vor dem Gottesdienst mit der Regenbogenfahne Spalier gestanden. So positioniert sich die Bottroper Gruppe im derzeit schwelenden Streit zwischen der deutschen Kirche und dem Vatikan. Der hatte zuletzt die Segnung homosexueller Paare untersagt. Gegen diese Entscheidung aus Rom hatten auch zahlreiche deutsche Bischöfe und Theologen protestiert.
Bisher erhalten die Bottroperinnen überwiegend positive Rückmeldungen
Fünf Frauen im Alter von 19 bis 65 Jahren bilden das Orga-Team der Bottroper Gruppe, gaben den Anstoß, sich auch hier zu engagieren. Schließlich gibt es Maria 2.0 in anderen Pfarreien und Bistümern schon seit gut zwei Jahren. In Bottrop in erster Linie im Kirchhellener Raum, der zum Bistum Münster gehört, das Ausgangspunkt der Bewegung war. „Unser Eindruck war, dass man hier in Bottrop nur darauf gewartet hat, dass irgendjemand den Anfang macht“, sagt Deborah Oppermann. Rund 30 Unterstützerinnen und Unterstützer hätten sich bereits gemeldet, wollen mitmachen. Auch die Rückmeldungen nach der Aktion vor der Kirche seien positiv gewesen, es gebe auch Rückendeckung aus Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat.
Bei einem ersten Online-Treffen am Donnerstagabend waren 20 Frauen und ein Mann dabei. „Es war ein toller Start“, sagt Deborah Oppermann. Gemeinsam habe man sich mit den sieben Thesen, die Maria 2.0 aufgestellt hat, befasst und sich auf zwei Thesen geeinigt, zu denen man in Bottrop nun Aktionen plant. Zum einen geht es dabei um die These, die Macht in der Kirche zu teilen, sie nicht allein beim Klerus zu bündeln, denn dass fördere den Machtmissbrauch, so die Überzeugung bei Maria 2.0.
Bottroper Initiatorinnen sind seit vielen Jahren in der Kirche engagiert
Die zweite These, die in Bottrop im Mittelpunkt stehen soll, befasst sich mit der Relevanz kirchlicher Themen. So wolle man die Botschaft Jesu in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen, denn, so heißt es in der These: „Die Kirchenleitung hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Sie schafft es nicht, sich überzeugend Gehör zu verschaffen und sich im Sinne des Evangeliums für eine gerechte Welt einzusetzen.“
Die fünf Frauen, die sich im Leitungsteam engagieren, sind alle seit vielen Jahren ehrenamtlich und teils auch beruflich in der Kirche aktiv. Uta Oppermann etwa leitet den Sozialdienst katholischer Frauen in Bottrop, Mechthild Ischinsky war viele Jahre Leiterin einer katholischen Kita. Sie alle eint der Wunsch, Kirche von innen zu ändern. „Die Kirche muss offene Diskussionen zulassen und mit allen Menschen wertschätzend umgehen“, formuliert Uta Oppermann einen Wunsch. Sie orientiert sich da an der anglikanischen Kirche in England. Sie habe die Synode 1994 in Canterbury verfolgt, damals ließ die Kirche von England die Weihe von Frauen zum Priester zu. „Und so groß ist der Unterschied zur katholischen Kirche doch eigentlich nicht“, sagt Uta Oppermann.
Initiative will Wirkung über Deutschland hinaus erzeugen
„Der Kirche den Rücken zu kehren ist für mich keine Option“, stellt Mechthild Ischinsky klar. Daher auch bei ihr der Wunsch, Veränderungen von innen anzustoßen. Dass es dafür womöglich einen langen Atem braucht, ist allen Beteiligten klar. Sie hoffen, so lange durchzuhalten. Ganz aktuell haben die beiden Initiatorinnen der Bewegung, Elisabeth Kötter und Andrea Voß-Frick aus Münster erklärt, der katholischen Kirche den Rücken kehren zu wollen. Sie hätten einsehen müssen, dass es unmöglich sei, die Hierarchien und Machtstrukturen der katholischen Kirche zu ändern, so Andrea Voß-Frick gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Immer wieder gebe es Absagen aus Rom, wenn sich reformwillige Katholikinnen und Katholiken äußerten.
Mitstreiterinnen und Mitstreiter gesucht
Auch wenn der Name Maria 2.0 für den ein oder anderen darauf hindeutet, dass es sich um eine reine Frauenbewegung innerhalb der Kirche handelt – so ist es nicht. Auch Männer können sich in der Gruppe engagieren und sich einbringen. Sie steht allen offen, die die Kirche verändern wollen. Die Bottroper hoffen deshalb auf weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Wer Interesses hat, der kann sich zunächst per Mail informieren unter: bottrop.maria2.0@gmail.com.
Die Bottroper stehen ganz am Anfang, sind motiviert und haben Hoffnung, etwas ändern zu können. Womöglich müsse die Kirche akzeptieren, dass es in unterschiedlichen Ländern mit verschiedenen Voraussetzungen auch unterschiedliche Ausprägungen geben müsse, überlegt Mechthild Ischinsky. Sie ist wie ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter überzeugt, dass Maria 2.0 auch über Deutschland hinaus Wirkung zeigen kann.
Aktion in Bottrop im Marienmonat Mai
In Bottrop will die Gruppe nun verschiedene Aktionen vorbereiten und spätestens im Marienmonat Mai wieder ein öffentlichkeitswirksames Projekt anstoßen. Es gehe darum zu zeigen, dass es in Bottrop Menschen gibt, die Kirche verändern wollen, sagt Deborah Oppermann. Und hoffentlich könne man andere Menschen, die vielleicht auch mit der Kirche haderten, motivieren mitzumachen.