Bottrop.
Katholiken in Bottrop machen Druck: Sie mahnen dringend Reformen an. Ein großes Treffen von Laien-Vertretern, Bischöfen, Ordensleuten und Verbänden, das am Wochenende in Hannover stattfand, bestärkt sie in ihren Forderungen. Bei dem Treffen ging es vor allem um einen anderen Umgang der Kirche mit Katholiken, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben. „Es ist dringend nötig, dass sich etwas ändert“, so bringt es Rita Brauckmann, Vorsitzende des Katholikenrates in Bottrop, auf den Punkt.
„Lebensnahe Änderung“
Katholiken, die nach einer gescheiterten Ehe wieder heiraten, dürfen keine Sakramente wie die Kommunion empfangen. Zudem müssen sie aus dem kirchlichen Dienst entlassen werden. Dieses Thema gehört – neben dem Ruf nach mehr Beteiligung von Frauen und dem Umgang mit Homosexuellen – zu den in der Kirche am heftigsten diskutierten Fragen. In Hannover hatte Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Bischofskonferenz, erklärt, er sähe im kirchlichen Arbeitsrecht Spielraum für eine Öffnung gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen. Das müsse nicht so eng mit Rom abgesprochen werden wie etwa die Frage nach dem Empfang der Sakramente. Eine Arbeitsgruppe solle nach Lösungen suchen.
Ein Zeichen immerhin, das Rita Brauckmann anerkennt. Aber sie sagt auch: „Das alles geht mir ein bisschen zu langsam.“ Nun suche eine Arbeitsgruppe nach Vorschlägen, das könne dauern. Dabei seien gerade in Bottrop die Katholiken mit großer Euphorie in den Dialog-Prozess, der sich auch bundesweit mit Fragen nach Kirchen-Reformen beschäftigt, eingestiegen. Inzwischen beobachte sie jedoch, dass die Basis ungeduldig werde, dass sie auf etwas Konkretes warte.
Aber auch die Frage nach einer größeren Beteiligung von Frauen brenne ihr wie auch vielen Katholikinnen auf den Nägeln. „Das Diakonat für Frauen fordern wir seit mindestens 15 Jahren.“ Doch geändert habe sich bisher nichts.
Aber auch Andreas Pläsken, Mitglied des Katholikenrates, begrüßt die Ankündigung von Hannover. „Das wäre schon der richtige Schritt“, sagt Pläsken, der hauptberuflich Sprecher der Stadt ist. Der Umgang mit wiederverheirateten Katholiken sei „eine offene Wunde“, die die Kirche schon lange mit sich herumtrage. Wenn er auch nicht jeder Aufweichung der „reinen Lehre“ das Wort reden wolle, so plädiert er hier für eine lebensnahe Änderung, für die Möglichkeit, Ausnahmen von der „reinen Lehre“ zuzulassen. „Für uns ist die Barmherzigkeit doch auch ein wichtiges Anliegen.“
Andreas Trynogga, Direktor der Caritas in Bottrop, begrüßt den Plan, das kirchliche Arbeitsrecht zu prüfen, noch aus einem anderen Grund. Schließlich ist die Caritas mit 700 Beschäftigten einer der großen Arbeitgeber in der Stadt. „Das Thema spielt bei den Beschäftigten eine große Rolle“, sagt er. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn wirklich etwas passieren würde. Es ist wichtig, dass Klarheit geschaffen wird.“ Denn bisher seien es immer Einzelentscheidungen gewesen, wenn es um die Frage nach dem Lebensstand von Beschäftigten gegangen sei – bei denen es bisher keine Entlassung gegeben habe. „Daher ist Klarheit wichtig. Und es ist wichtig, dass auch die Beteiligten Schutz erfahren“, sagt der Caritasdirektor.
Große Unterstützung erhalten die Laien von dem „ersten“ Katholiken in Bottrop, Propst Paul Neumann. „Das ist ein ganz, ganz wichtiges Thema“, erklärt auch er. Aber Neumann beurteilt das nicht nur aus arbeitsrechtlicher, sondern auch aus pastoraler Sicht. „Ich weiß von vielen Katholiken, dass sie sehr unter der jetzigen Situation leiden. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir Lösungen finden, um ihnen die Sakramente zu spenden.“ Der Stadtdechant findet auch klare Worte für seine eigenen Überzeugungen und Handlungen: „Ich darf als Priester niemanden vom Kommunion-Empfang zurückweisen. Und das werde ich auch nicht tun.“