Bottrop/Gladbeck. Der Online-Supermarkt Picnic beliefert beliefert seine Kunden in Bottrop und Gladbeck nun aus Bottrop. Warum das neue Lager trotzdem leer ist.

Zuerst fallen die Lieferwagen ins Auge. Wobei: Lieferwagen hört sich so groß und laut an. Hier sind es vielmehr kleine wendige Elektrokarren, die vor dem Lagerhaus in der Boy parken. Sie geben einen ersten deutlichen Hinweis auf den neuen Mieter im Gewerbegebiet. Der Lebensmittellieferdienst Picnic hat hier Quartier bezogen und beliefert seit wenigen Wochen von hier aus seine Kunden in Bottrop und Gladbeck.

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Bisher wurden die Bottroper aus Essen und Gelsenkirchen mit versorgt. Doch die Nachfrage in Bottrop sei so groß, dass man sich nun entschieden habe, auch hier eine Niederlassung einzurichten, erläutert Expansionsleiter Richard Streck. Zuletzt hätten – Stand 28. Juni – rund 7500 Kunden aus Bottrop auf der Warteliste gestanden. Mit dem Neuaufbau des Verteilzentrums in der Boy hofft man bei Picnic, die Warteliste zügig abbauen zu können. Doch dafür suche man noch Personal.

Ware wird fertig abgepackt von Mülheim nach Bottrop geliefert

Denn man beginne mit der Belieferung erst, wenn garantiert sei, dass wenn ein Kunde freigeschaltet wird, er den besten Service erhält, erläutert Streck das Prinzip hinter der Warteliste. Heißt: Man will sicherstellen, dass er regelmäßig beliefert werden kann.

Die Ware kommt fertig abgepackt für die Kunden aus dem großen Lager in Mülheim im „Hub“ in Bottrop an.
Die Ware kommt fertig abgepackt für die Kunden aus dem großen Lager in Mülheim im „Hub“ in Bottrop an. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Drinnen im Lagerhaus dann die große Überraschung. Wer hohe Regale vollgepackt mit Waren aus allen Bereichen erwartet hat, der wird enttäuscht. Stattdessen stehen hier viele Flaschenkisten, die teils mit Leergut gefüllt sind, teils ganz leer sind. Dazu zwei Laderampen, die genau auf die kleinen Lieferfahrzeuge angepasst sein. Streck zieht immer wieder den Vergleich zum Milchmann, tatsächlich erinnern die kleinen Fahrzeuge daran – oder auch an ein Golfkart mit Laderaum.

Picnic bestellt beim Lieferanten nur das, was auch tatsächlich verkauft wurde

Doch warum die fehlenden Waren? Bottrop ist ein Hub, oder allgemeint ausgedrückt ein Verteilzentrum. Bisher kommt einmal am Vormittag ein großer Lkw aus dem Lager in Mülheim. Darauf fertig abgepackt in Kisten und aufgeteilt auf spezielle Karren, von denen sich immer zwei auf einen Lieferwagen packen lassen. Die Fahrerin oder der Fahrer – Picnic selbst spricht hier vom Runner – muss in dem Fall nur den Strichcode auf dem Karren einscannen, sie verladen und kann sich dann auf den Weg machen.

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„Wir haben pro Tag einen gleichbleibenden Liefertermin in jeder Straße“, erläutert Streck. Die Kunden können bis 22 Uhr am Abend bestellen. Dann erst werde die Ware bestellt. „So wissen wir zum Beispiel ganz genau, wie viele Brote wir vom Bäcker brauchen. Und es werden auch nur so viele gebacken.“ Gleiches gelte für andere frische Produkte wie Obst und Gemüse. Auf diese Weise werden keine Lebensmittel weggeworfen, gleichzeitig geht es etwas auf Kosten der Flexibilität der Kunden.

Picnic-Kunden bestellen über die App

Schließlich gibt es auch Anbieter, die versprechen, innerhalb von zehn Minuten zu liefern. In Bottrop etwa ist der Online-Supermarkt Flink mit dieser Zusage aktiv. Picnic dagegen bündelt die Fahrten, lässt den Computer die Routen berechnen und gibt dann den Liefertermin vor. „Auch hier wieder wie beim Milchmann“, zieht Streck den beliebten Vergleich. Geliefert werde übrigens kostenlos.

Wie der Blick in einen Einkaufswagen – eine Bestellung bei Picnic in Bottrop.
Wie der Blick in einen Einkaufswagen – eine Bestellung bei Picnic in Bottrop. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

In der App suchen die Kunden aus, was sie benötigen. Das wird im zentralen Lager zusammengestellt und verpackt. Lisa Frankmann ist Runner, heißt, sie liefert ab mittags die Waren aus. Sie schnappt sich die gepackten Karren für ihre Route, belädt den Wagen und macht sich auf den Weg.

Rote und graue Kisten – Letztere sind für Waren, die gekühlt werden müssen

Hinten auf der Ladefläche hat sie rote und graue Kisten. In den grauen Kisten sind Produkte, die gekühlt werden müssen. Entsprechende Kühlpacks oder bei Tiefkühlware gar Trockeneis sorgt dafür, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Vorne bekommt sie dann angezeigt, wo sie als Nächstes hinmuss und welche Kiste sie dafür benötigt. Dort scannt sie dann den entsprechenden QR-Code und liefert alles ab. „Die Kunden warten oft schon, weil sie verfolgen können, wo ich bin und wann ich voraussichtlich da bin.“ Ach ja, bezahlt werde übrigens per Lastschrift, sagt Richard Streck. Das sei einfacher, so könne auch das Pfand verrechnet werden.

Eigentlich studiert Lisa Frankmann Sozialarbeit – ein duales Studium, sie arbeitet also noch anderweitig, Picnic ist für sie nur ein Nebenjob. „Praktisch ist, dass ich mir meine Schichten hier selbst einteilen kann.“ Die Flexibilität komme ihr da sehr entgegen. Und die meisten Kunden seien einfach nett und freuten sich, wenn man sie beliefert.

Doch wer kauft denn nun bei Picnic ein? Das gehe tatsächlich durch alle Altersklassen, sagt Richard Streck. Oft seien es Familien, die ihren Wocheneinkauf machen und so einfach Zeit sparten. Ein vorsichtiger Blick in die roten Boxen zeigt dann auch: Hier findet sich der typische Supermarkteinkauf. Obst, Gemüse, vielleicht noch Putzmittel und andere Drogerieartikel, Kekse und Süßwaren – ein Blick wie in einen klassischen Einkaufswagen. Was am Tag des Besuchs in dem Lager wohl auch gut gefragt war: H-Milch, die steckte nämlich auch in vielen der Boxen.

Nur in Teilen Kirchhellens

Noch können die Bottroper nicht überall in der Stadt bei Picnic bestellen. Kirchhellen ist bisher nur teilweise abgedeckt. Das hängt auch mit der Reichweite der Wagen zusammen. Rund 100 Kilometer kommen die E-Fahrzeuge weit. Das reicht in der Stadt für mehrere Touren. Für Kirchhellen wird es dagegen je nach Lage eng. Man arbeite da aber an einer Lösung, denn man wolle auch in Kirchhellen liefern, sagt Richard Streck. Möglicherweise müsse man da dann die Fahrzeuge anders einsetzen, damit auch das funktioniert.