Bottrop-Kirchhellen. Das Urkataster wird von 1822 bis 1824 erstellt. Zwei Geschichtsportale und eine private Internetseite informieren über Kirchhellens Geschichte.

Alles fließt, vor allem auch Grenzen. Für diese „Weisheit“ muss man gar nicht den berühmten Satz des Heraklit (ca. 520-460 v. Chr.) heranziehen. Da genügen auch Blicke in die Geschichte, namentlich Deutschlands, das allein zwischen 1871 und 1990 vier Mal wuchs, schrumpfte und dann wieder zusammenwuchs. In kleinerem Maßstab lässt sich das auch Kirchhellen demonstrieren. Wobei weniger drastisch nicht immer auch weniger schmerzhaft bedeutete. Für Urgesteine in den historischen Bauerschaften ist das Jahr 1975 immer noch nicht ganz verwunden.

Hier sollen nun keine alten Wunden aufgerissen oder geleckt werden - obwohl man als „GlaBotKi“ heute immerhin mittlere und nicht nur kleine Großstadt wäre. Erinnert werden soll vielmehr an die erste kartografische Erfassung Kirchhellens vor 200 Jahren. Damals- zwischen 1822 und 1824 - entstand das sogenannte Kirchhellener Urkataster, das vor allem nach der Auflösung des alten Reiches, den Besetzungen durch die Preußen, durch Napoleon und dann wieder die Preußen, endlich einmal „Ordnung“ brachte in das Gebiet zwischen den Bürgermeistereien Dorsten und Bottrop-Osterfeld. Auch an die Zwangsehe der letzteren erinnert sich heute kaum noch jemand - glorreich oder prägend war sie wohl auch nicht.

Auch Kirchhellen war einst ein Flickenteppich - so wie das alte Reich

Aber auch die knapp 1000 Jahre vor 1822 und dem neuen Urkataster verliefen sicher nicht ruhig und gleichmäßig. Wie das alte Reich waren auch Kirchhellen und Bottrop ein Flickenteppich. Das Gut Brabeck (erste Erwähnung um 890) gehörte zur Abtei Werden, heute ein Stadtteil von Essen. In Bottrop wiederum hatte das Stift Essen an einigen Orten besitzende Finger mit im Spiel.

Die Fernewaldstraße: Die lange Straße ist großenteils asphaltiert und befahrbar, wird aber im Fernewald für einige Kilometer zum Feldweg. Vor 200 Jahren ist das Waldgebiet gerade wieder Bottrop zugeschlagen worden - dahin gehört es bis heute.
Die Fernewaldstraße: Die lange Straße ist großenteils asphaltiert und befahrbar, wird aber im Fernewald für einige Kilometer zum Feldweg. Vor 200 Jahren ist das Waldgebiet gerade wieder Bottrop zugeschlagen worden - dahin gehört es bis heute. © Winfried Labus / FotoPool | Winfried Labus / FotoPool

Was Bottrop und Kirchhellen aber einte, waren die Erzbischöfe und Kurfürsten von Köln als oberste Landesherren. Diese uralte Verbindung zerriss erst 1803 mit der Säkularisation, als Napoleon alle kirchlichen Herrschaften wie Bistümer, Stifte oder Abteien auflöste, um mit deren Grundbesitz die Adeligen zu entschädigen, die ihren linksrheinischen Besitz an Frankreich verloren hatten, darunter auch der Herzog von Arenberg. Der bekam ehemals kölnische oder auch münstersche Gebiete. Immerhin lebt das alte kölnische Vest zumindest als Begriff in den Vestischen Verkehrsbetrieben oder dem Vestischen Gymnasium weiter.

Aber auch im 19. Jahrhundert änderten sich Grenzen zwischen Kirchhellen, Bottrop und Dorsten. So gehörte vor 200 Jahren der heutige Bottroper Fernewald noch zu Kirchhellen. Und die Bauernschaft Ekel, die von den Franzosen kurz zuvor mal eben an Dorsten durchgereicht wurde, war gerade wieder nach Kirchhellen „heimgekehrt“. Und das Hin- und Her zwischen Grafenwald und Bottrop - und viele andere Kuriositäten beschreiben bis heute unerreicht und auch amüsant Johannes Fockenberg und Rainer Weiß auf ihrer Internetseite „Grafenwald.de“.